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Sehenswertes Friesenheim


In den Kaiserurkunden von 1016, von. Merlan in "Austria Sacra" veröffentlicht, ist die Existenz der Orte Friesenheim und Heiligenzell erstmals unzweifelhaft vermerkt. Ein Auszug aus dem deutschen Text besagt:
"... Es sei daher kundgetan allen Gläubigen in der Gegenwart und in der Zukunft, daß wir zu unserem und unserer Vorfahren Heil, ohne Veranlassung und Bitten des verehrungswürdigen Abtes Eberhard, einem armen Kloster des Offo, genannt Zell, ein Dorf namens Ruotgereswilre (später Heiligenzell) und eine Hube in einem anderen Orte, Friesenheim geheißen, in der Grafschaft Bertholds in der Mortenau gelegen ..., einräumen und schenken und aus unserem Recht und unserer Herrschaft in desselben Herrschaft gänzlich übertragen, in der Weise, daß der Abt jenes Klosters Macht haben soll, damit zu machen, wie er will, ohne Widerspruch irgend eines Menschen in unserem Reich."
Die Urkunde wurde geschrieben im vierzehnten Jahre der Regierung Heinrichs II. und im dritten Jahr seiner Kaiserherrschaft. Ort der Niederschrift war Bamberg, ein Reichskloster, das 1007 von Heinrich II. gestiftet wurde, nachdem er die Stadt Bamberg 995 von seinem Vater, Herzog Heinrich von Bayern, geerbt hatte.

Die früheste erhaltene urkundliche Erwähnung des heute größten Dorfes im Landkreis Lahr stammt aus dem Jahre 1016. Kaiser Heinrich II. schenkte damals dem Kloster Schuttern neben anderen Gütern ein Hofgut in diesem Dorf - "unum mansum in Fr(i)esenheim in comitatu Bertholdi in pago Mortinua". Das besagt, daß Friesenheim um diese Zeit zur Ortenauer Gaugrafschaft des Zähringers Berthold gehörte, in Friesenheim Königsgut war und daß mit dieser Schenkung das Kloster Grundbesitz im Dorf erhielt.
 
Friesenheim ist jedoch wesentlich älter als diese Urkunde. Das geht aus dem Ortsnamen hervor. Das Grundwort "heim" darin läßt darauf schließen, daß das Dorf wohl bereits im 6. Jahrhundert entstand. Es war der Mittelpunkt einer der Urmarken im heutigen Kreisgebiet. In ihr erstanden später die jüngeren Weiler-Orte Oberweier und Heiligenzell, das früher Ruotgereswilere hieß, ebenso aber auch Schuttern, dessen ursprünglicher Name Offunwilari lautete. Friesenheim ist damit auch älter als das dortige Kloster, das in seiner Frühzeit als Zelle in Offunwilari bezeichnet wurde. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts bezeugte diesen Zusammenhang der genannten Dörfer und des Klosters der gemeinsame Allmende- und Waldbesitz.


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Rathaus Friesenheim


Wo heute Bürgermeister Eugen Götz thront, zapfte vor 200 Jahren der Stubenwirt Bier. Das Gebäude, in dem seit 1853 das Friesenheimer Rathaus untergebracht ist, war vorher ein GasthausViel geändert scheint sich nicht zu haben seit dem nachfolgenden Bericht von Ekkehard Klem am Friesenheimer Rathaus. Noch immer wird der alte Brunnen vor dem Rathaus gerne genutzt - sei's als Wasserspender oder einfach zur Abkühlung.

Da läuft die Verkäuferin mit einer Gieskanne zum Brunnen um Wasser zu schöpfen, ein junger Mann fährt mit einem Einrad Elektroscooter mit zwei Kanistern den Brunnen an, um ebenfalls Wasser zu holen und ein älterer Herr kühlt sich 'mal eben seine Handgelenke ab.

"...der Stockbrunnen ein Wahrzeichen Friesenheims. Er ist gotischen Stils und besteht aus dem Brunnenstock, dem Trog, einem mächtigen Steinblock, der 60 Hektoliter faßt und einem kleineren Trog. 1548 geschaffen, ist er heute noch ein großer Anziehungspunkt. Sein Wasser ist noch nie versiegt und manch Fremden sah man schon daraus Wasser trinken; denn .die Sage ist wach geblieben, daß, wer aus dem Stockbrunnen trinkt, immer wieder nach Friesenheim zurückkehren muß; was sich auch ab' und zu schon bestätigt hat..." (Anonym: Der Altvater, 27.8.1960)

Dies alles lässt sich trefflich bei einem Kaffee beobachten, der via a vis vom Radhaus über der Haupstraße angeboten wird. Genau von dort kann man auch die beeindruckende Kulisse, die sich um das Friesenheimer Rathaus darstellt, in Ruhe genießen. Rechts hinter dem ältesten Haus Friesenheims lugt der Turm der evangelischen Kirche (gotischer Turm von 1496 mit barockem Langhaus von 1768) hervor und links vom Rathaus sieht man die "Zwiebel" der katholischen Kirche. Das Rathaus selbst - als Wirtschaft gegründet, wie Ekkehard Klem nachfolgend schreibt - sticht mit seinen in friesenheimer Farben dekorierten Fensterläden und seiner statischen Struktur im Renaissancestil mit gestuftem Giebel deutlich ab. Lassen wir Herrn Klem selbst berichten:

Klem, Ekkehard: Bier und Bürgermeister - 350 Jahre Rathaus Friesenheim (Der Altvater, 17.2.1990)

350 Jahre Rathaus Friesenheim

Wo heute Bürgermeister Eugen Götz thront, zapfte vor 200 Jahren der Stubenwirt Bier. Das Gebäude, in dem seit 1853 das Friesenheimer Rathaus untergebracht ist, war vorher ein Gasthaus - die Dorfwirtschaft Nummer 1. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gebaut, prägt das Gebäude mit seinen charakteristischen Giebeln das Ortsbild Friesenheims. Unser Mitarbeiter Ekkehard Klem erzählt die 350jährige Geschichte dieses Gebäudes - ein interessantes Kapitel lokaler Baugeschichte.

Im August 1638 zündete der kaiserliche General Götz das Dorf Friesenheini an, um so einen Reiterangriff der schwedischen Truppen zu verhindern. Friesenheim wurde total zerstört, nur das Gilgsche Anwesen (heute Kautz) und der Turmstumpf der evangelischen Kirche (Baujahr 1496) überstanden das Flammeninferno.

Die Friesenheimer Bürgerschaft machte sich nach dem 30jährigen Krieg (1648) wieder daran, das Dorf neu aufzubauen. Auch das heutige Rathaus wurde auf den alten Kellerfundamenten neu aufgebaut. Bauherr und Betreiber der Stubenwirtschaft war Matthis Moser.

"Vor den Kriegstrubeln, alldieweil die Bürgerschaft noch ganz und vollkommen gewesen, haben sich neben dem Stubenwirt noch zwei Wirtschaften im Ort befunden", heißt es in einem Schreiben aus dem Jahre 1672. Im gleichen Schriftstück wird festgestellt, daß "noch 80 Hofstückh ödt und lehr daliegen".

Das Stubenwirtshaus kann in seiner ursprünglichen Baufassung, die bis in das 19. Jahrhundert unverändert vorhanden war, wie folgt beschrieben werden: Es handelt sich um ein zweigeschossiges Gebäude, das im Erdgeschoß durch zwei große Rundbogen charakterisiert wird. Das Erdgeschoß wird als Stall und Abstellraum genutzt. Der Wein des Gasthauses lagert in einem kleinen Keller in der nordöstlichen Seite des Gebäudes.

In das Erdgeschoß des Gasthauses gelangt man über einen überdachten hölzernen Treppenaufgang an der Nordseite des Gebäudes. Hier befindet sich dann die Stubenwirtschaft mit einem großen Saal und den für eine Gaststätte erforderlichen Räumen. Auch eine Bäckerei ist anzutreffen. Der große gußeiserne Ofen, der den Gastsaal im Winter erwärmte, kann heute noch im Heiligenzeller Schlößchen bewundert werden. Das Gastwirtehepaar wohnte im Dachgeschoß.

Das Stubenwirtshaus, "neben dem Weg und dem Dorfbach" gelegen, war mit der Schildgerechtigkeit "Zum weißen Rössle" belehnt. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Besitzer des Gasthauses oft. Der eine ging schuldenbeladen, der andere kam voller Hoffnungen.

Das Ortssippenbuch der Gemeinde Friesenheim gibt uns Auskunft über folgende Wirte der Stubenwirtschaft: Franz Anton Kohler, Gastwirt zur Stube und Bäcker (1751 bis 1831), und dessen Sohn Josef Kohler, Bäcker, Schenkwirt, Laubenwirt, Stubenwirt und Rösslewirt (1779 bis 1826), Johannes Burkhard, Bäcker und Stubenwirt (geb. 1801), aus der Stadt Bühl stammend. Unter Stubenwirt Burkhard endet dann auch die Nutzung des Gebäudes als Gastsätte [sic!]. Die Bäckerei und die Stubenwirtschaft werden zum Friesenheimer Rathaus.

Am 10. September 1853 beschließt der Friesenheimer Gemeinderat den Ankauf des hiesigen Stubenwirtshauses "Zum weissen Rassle", um es als Rathaus zu benutzen. Der Kaufvertrag vom 3. Oktober 1853 hat folgenden Wortlaut: "Clemens Kohler, Salmenwirtin Mahlberg, für August Wilhelm Burkhard, ledig von Friesenheim veräußert an die Gemeinde Friesenheim folgende Liegenschaft: eine zweistöckige, ganz von Stein erbaute Behausung nebst Schopfanbau und Keller mit der ewigen. Realwirtschaftsgerechtigkeit 'Zum weissen Rössle', ferner besonders stehende Scheune, Stallung und Trotte, 20 3/4 Ruthen, besonders liegendem Gemüsegarten. Das Haus liegt neben dem Weg und dem Dorfbach, der Garten aber neben Bürgermeister Krämer und Anton Neff und endlich 5 1/2 Klafter halbbuchenes und halbtannenes Schnittholz jährlich aus dem hiesigen Gemeindewald, alles für 4.200 Gulden."

Nach Eigentumsübergang des Gasthauses an die Gemeinde Friesenheim wird das Gebäude zum Rathaus umfunktioniert. Im Erdgeschoß findet die Feuerwehr mit Gerätschaften Unterschlupf. Gleich daneben erhält der Ortspolizist seine Wache, zwei Arrestzellen werden eingebaut.

Im 1. Obergeschoß finden wir nach den Bestandsplänen von 1898 den Saal für den Gemeinderat (ehemals Gaststube) und je ein Zimmer für den Bürgermeister, den Ratschreiber und die Polizei. Zwei Räume sind den Akten vorbehalten.

Im Jahre 1905 erhält das Rathaus ein neues Gesicht. Nach den Plänen des Architekten Hermann Müller werden die Giebelseiten des Rathauses mit kugelbesetzten Zinnen versehen.

Konservator Martin Hesselbacher vom Landesdenkmalamt übernimmt die Beratung der Gemeinde im Jahre 1966/67 beim erneuten Umbau des Rathausgebäudes. Er beschreibt das Rathaus als hervorragendes Beispiel, wie ein aus dem 17. Jahrhundert stammendes Gebäude, das um die letzte Jahrhundertwende in falsch verstandenem Historizismus umgestaltet worden ist, äußerlich durch Reduktion auf seinen Urständ berichtigt werden kann. Das Rathaus erhält bei diesem Umbau seine heutige Form.

Im Jahre 1988 wird das Rathausgebäude - mit Hilfe des Landessanierungsprogrammes - saniert und äußerlich neu farblich gestaltet.

Friesenheimer Hauptstr. 71/73
77948 Friesenheim

Kontakt:

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Klosterkirche Schuttern

Schutterns Kloster und Pfarrkirche - Während der 75 Meter hohe Kirchturm, ein Fassadenturm aus rotem Sandstein in der strengen Formensprache des französischen Barock von 1722 stammt, ist das Kirchenschiff in den Jahren 1767 bis 1771 nach Plänen Joseph Michael Schnellers im Stile des französischen Frühklassizismus errichtet worden.
Die Klosterkirche Schutterns - Mariä Himmelfahrt - beeindruckt zunächst in ihrer Größe. Bereits von Weitem überragt der Turm der Kirche die relativ kleine Gemeinde und spätestens in der Hauptstraße beobachtend stehend, ist der Kirchturm samt zugehörendem Kirchenschiff dominant zu nennen.

Erstaunlich, dass nach der Säkularisierung des Klosters Schuttern eine derart mächtige Substanz erhalten werden konnte, denn nicht nur die hochaufragende Kirche ist gewaltig sondern auch die weitläufige Fläche, die sich im Besitz der Kirchengemeinde befindet.

Der Glockenturm von Maria Himmelfahrt ist übrigens der höchste Kirchturm in der Ortenau. Zunächst soll das Gesamtwerk mit der Historischen Ortsanalyse der Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Freiburg beschrieben werden:

Ehemalige Benedektinerabtei. Katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt aus dem 18. Jahrhundert unter Verwendung von Resten des romanischen Großbaus in den Grundmauern. Weitere Fundamentreste und Fußbodenmosaik liegen unter dem heutigen Fußboden. Eine romanische Vorhalle mit Kreuzgratgewölbe befindet sich unter dem Turm.

Während der 75 Meter hohe Kirchturm, ein Fassadenturm aus rotem Sandstein in der strengen Formensprache des französischen Barock von 1722 stammt, ist das Kirchenschiff in den Jahren 1767 bis 1771 nach Plänen Joseph Michael Schnellers im Stile des französischen Frühklassizismus errichtet worden.

Nach einem Brand wurde die Kirche durch Friedrich Theodor Fischer in den Jahren 1855 bis 1857 wieder hergestellt. Der Turmhelm 1913 vereinfachend renoviert.

Über dem Portal ist eine Wappenkartusche des Abtes Karl Vogel angebracht. Insgesamt stammt die künstlerische Ausstattung der Kirche aus dem 18. Jahrhundert.

Das Pfarrhaus am Chor der Kirche, entstanden im 17. Jahrhundert, ist der einzige erhaltene Bauteil des ehemaligen Konvents. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Bau mit Walmdach und aufwändigem Eingangsportal.

Zum Klosterbezirk zählt die ehemalige Klosterscheune, heute Gemeindesaal, ein Fachwerkbau mit Krüppelwalmdach. Zur Sachgesamtheit des Klosterareals gehören weitere Reste der Klostermauer sowie der Mühlbach im Bereich der Klosteranlage, teilweise mit befestigten Ufern.

Ein Ziehbrunnen aus rotem Sandstein befindet sich im Garten südlich der Kirche. (Regierungspräsidium Freiburg - Denkmalpflege)

Fritz Hirsch - Baugeschichte der Klosterkirche   arrowRight

In einem ausführlichen Geschichtsbild arbeitet Dr. Oskar Kohler "Werden und Vergehen der Abtei Schuttern aus":

Kohler, Dr. Oskar: (Der Altvater - Heimatblätter der Lahrer Zeitung, 14 [=15]. Jahrgang, 4. Folge, 23. Februar 1957, Seite 15-16)

Ähnlich den alten Burgen waren auch die Klöster Ausdruck in sich geschlossener Lebensgemeinschaften. Diese Tatsache beeinflußte zwangsläufig den Baugedanken. Die Burgen bestanden ja nicht bloß aus Rittersaal und Bergfried, was ihrem eigentlichen Sinn genügt hätte, es schlossen sich vielmehr Wohngemächer und Wirtschaftsräume, Stuben und Kammern an jene an. Auch der niedrigste Knecht mußte irgendwo hausen, und die Taube auf dem Dach brauchte ihren Schlag.

Bei den Klöstern war es nicht anders. Auch hier lehnen sich an den Baukern und die Hauptgebäude die Nebengebäude an in verschiedener Abstufung. War das Kloster zugleich Grundherr und Verwaltungsmittelpunkt, so wuchs im Laufe der Zeit eine mächtige Anlage heran, die sich bedeutungsvoll aus der Landschaft heraushob. Solche auf lange Dauer berechnete Großanlagen unterliegen eigenen geschichtlichen und natürlichen Gesetzen, und die wirkenden Kräfte zeigen sich an ihnen in besonderer Art.

Da macht sich zunächst der gewöhnliche Zerfall bemerkbar, der bald da, bald dort einen Bauteil angreift und eine Reparatur oder eine Neuaufführung nötig macht. Man baut dann vielleicht das Alte wieder nach, oder man ändert nach veränderten Bedürfnissen und gemachten Erfahrungen. Dann und wann im Laufe der Zeit bricht ein besonderes Ereignis über den Bau herein, ein Krieg bringt Zerstörung, eine Feuersbrunst legt größere Teile in Schutt ;. und Asche. Je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen baute man dann in bescheideneren Formen wieder nach, oder man ergriff die Gelegenheit und schuf etwas Neues, das einer veränderten Baugesinnung, einem neuen Stil Rechnung trug.

Es gab Zeiten von stürmischer Baufreude, wo sich ein Geschlecht wie in einem Rausch des Planens und Konstruierens auslebt, es gab dann wieder ruhigere Zeiten, wo man sich mit dem Erhalten und Bewahren des Überkommenen begnügte. Dieses Spiel der Kräfte zeigt sich, wie gesagt, bei baulichen Großanlagen besonders deutlich. Es gilt in gewissem Umfang auch für Schuttern. Hier waren für das endgültige Aussehen und den letzten Zustand der Klostergebäude die Bauperioden zu Ausgang .des siebzehnten und besonders die des achtzehnten Jahrhunderts entscheidend. Die Hauptgebäude trugen demnach aller Wahrscheinlichkeit nach die Stilmerkmale des französischen Spätbarock, die Nebengebäude als reine Zweckbauten waren vermutlich den ländlichen Bauformen der Umgegend angepaßt. Das sei zum Verständnis der folgenden Grundstücksbeschreibung des Klosters vorausgeschickt, die man 1813, als man zum Verkauf der Gebäude schritt, öffentlich bekanntmachte, um den Kauflustigen ein Bild von dem Gesamtobjekt zu geben.

Sie lautet: "Das ganze innerhalb des geschlossenen, teils mit einer 12 Schuh hohen Mauer eingefaßten, teils durch den Schutterfluß begrenzten Hofes stehende Klostergebäude begreift in sich 84 Zimmer, wovon im unteren Stock 40, im oberen 44, darunter drei große Säle liegen, von denen 56 Gemächer heizbar und 28 unheizbar sind. Insgesamt 18 dieser Gemächer sind tapeziert. In dem Gebäude befinden sich eine große und drei kleine Küchen und unter denselben vier gewölbte Keller, worein zusammen etwa 8000 Ohm Faß gelegt, werden können, nebst anderen Gemüs- und Einschlagkellern.

Säkularisation und Schicksal des Stifts Schuttern (Hermann Schmid)  arrowRight

Das rechte Flügelgebäude enthält oben in mehreren Abteilungen wohleingerichtete Speicher zu wenigstens 3000 Viertel Frucht, und auf einem derselben können noch mit geringen Kosten für 1500 oder 2000 Viertel Speicher eingerichtet werden. Es befindet sich auch in einem dieser Flügelgebäude ein noch unausgebauter Saal von acht Kreuzstücken, der Platz für Zimmereinrichtungen geben könnte. Unter diesen Flügelgebäuden stehen mehrere geschlossene Remisen für Wägen, Baumaterialien und das benötigte Brennholz, Scheuren für wenigstens 30 000 Stück Garben, Stallungen für 50 bis 60 Stück Pferde und 30 Stück Rindvieh und über diesen hinreichender Platz zur Aufbewahrung des dazu benötigten Heus. Oben schließt sich dieser Flügel mit einem dreistöckigen Pavillon. Hinter diesem Gebäude, des rechten Flügels stehen in einem abgesonderten Hof Nebengebäude mit drei eingerichteten Wohnungen, welche bisher für den Küfermeister, Klosterschreiner und Melker benutzt wurden. Dabei befinden sich unten verschiedene Remisen und kleinere Vieh- und Geflügelstallungen.

Auf dem linken Flügel steht die zweistöckige Mahlmühle mit zwei Gängen und einer Reibe, Gips-, Schleif- und Ölmühle, die Metzig, Schmiedewohnung und Werkstatt samt Waschhaus, welche sämtlich in der zweiten Etage mehrere Zimmer für Domestiken (Dienstpersonal) enthalten. Hinter diesen Gebäuden ist der sog. Schweinhof mit den erforderlichen Stallungen. Am Ende dieses Flügelgebäudes , steht gleichwie auf dem rechten Flügel ein dreistöckiger Pavillon.

In dem zwischen den Gebäuden liegenden schönen und zwei Jucherten großen Hof liegt ein großes Bassin und neben ihm ein neueingerichteter Gemüsegarten. Am Ende dieses Hofes liegt der vormalige Klostergarten, der einschließlich der Wege 36 Sester oder 9 Jucherten groß ist. Darinnen befindet sich ein von Quadern aufgebautes Gartenhaus, ein Bassin und ein Springbrunnen. Der Garten selbst ist größtenteils zur ökonomischen Benutzung wohl eingerichtet und mit den schönsten Obstbäumen besetzt; ungefähr ein Drittel davon ist zu einer Baumschule angelegt, in welcher wenigstens 10 000 veredelte und ebensoviel unveredelte Obstbäume stehen. Eine Lindenallee und ein hübsches Bosquet umziehen oberhalb gegen die Schütter den Garten und auf der Seite gegen den Hof befindet sich ein ansehnlicher Fischweier darinnen. Zur ändern Seite des Gartens steht die Gärtnereiwohnung, welche besonders benutzt werden könnte, weil sie einen eigenen Ausgang auf die Dorfstraße hat.In dem hinter dem Kloster liegenden sog. Kreuzgarten befindet sich ein Schöpfbrunnen, und in dem großen Hof wie auch bei der Küferei- und Gärtnerwohnung stehen noch andere vier Pump- und Schöpfbrunnen."

Soweit die Grundstücksbeschreibung. Was die oben erwähnte Baumschule betrifft, so dürfte es für den Heimatfreund interessant sein, zu erfahren, daß aus ihr die erste Obstbaumpflanzung am Stefanienberg stammt. Damals, 1812, machte sich der Hauptlandwehr-Magazinverwalter und Regimentsquartiermeister Sommerlatt daran, das steinige Gelände am Altvaterberg zu roden. Er hat mehrmals um kostenlose Überlassung von "Baumstumpen" aus der Schütterer Baumschule nachgesucht und erhielt schließlich 300 Bäumlein zu halbem Preis, später noch eine weitere Lieferung. Die Baumschule in Schuttern sollte die Umgegend mit jungen Bäumen versorgen, aber das Geschäft scheint sich nicht sonderlich gut angelassen zu haben.

Mit den Klostergebäuden selbst hatte man seine besonderen Schwierigkeiten. Es war nicht leicht, die ausgedehnte Anlage einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Verschiedene Pläne wurden gefaßt. 1814 wurden die Räume als Militärhospital benutzt. 1819 beabsichtigte die Handelsfrau Kristine Kilius in Lahr "ihre zu Seelbach im Geroldseckischen etablierte Baumwollmanufaktur hierhin zu verlegen". Später ging man mit dem Plan um, das Irrenhaus von Pforzheim hier unterzubringen, ließ aber den Plan wieder fallen. Es war nicht leicht einen Pächter oder Käufer zu finden, der auch die Reparaturen hätte tragen können. So verfielen die Gebäude rasch. Heute stehen bekanntlich außer der Mühle und dem als Pfarrhaus benutzten Gebäudeteil nur noch spärliche Reste.

Max Wingenroth über das Kloster Schuttern  arrowRight


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Heimatmuseum Oberweier


Das Museum steht an der Ecke Oberweierer Straße / Römerstraße und liegt der katholischen Kirche St. Michael gegenüberDas Museum steht an der Ecke Oberweierer Straße / Römerstraße und liegt der katholischen Kirche St. Michael gegenüber. In der Diagonale steht, wie auf den Bildern zu sehen, der gerne besuchte Dorfbrunnen. Dort trifft sich die Dorfjugend und veranstaltet mitunter auf der ansteigenden Mittleren Dorfstraße kleine Rennen mit ihren "Drahteseln".

Die Gemeinde Friesenheim schreibt auf ihrer Webseite über das Heimatmuseum Oberweier:

Seit 1983 ist im alten Rathaus im Ortsteil Oberweier das Heimatmuseum eingerichtet. Es zeigt eine Sammlung mit historischen Dokumenten aller Friesenheimer Ortsteile. In der bäuerlichen Wohnstube mit Kachelofen sind die Trachten Oberweiers und die Zigarrenheimarbeit zu sehen. Die Schlafkammer mit Alkoven präsentiert neben Aussteuerware auch Erinnerungen an Kommunion, Konfirmation und Hochzeit. Der Rundgang führt die Besucher ferner in die Küche mit Einrichtungsgegenständen und in den Keller mit landwirtschaftlichen Gerätschaften aus vorindustrieller Zeit. Ein eigener Raum dient für wechselnde Ausstellungen über Regional-, Kultur-, und Ortsgeschichte.
(Gemeinde Frieseheim)

Und Reinhard Krauß berichtet im Jahrbuch Geroldsecker Land über das oberweierer Heimatmuseum:

Von Reinhard Krauß - (Geroldsecker Land - Jahrbuch einer Landschaft (Heft 43 - 2001), Seite 100 - 103)

Die Entstehung des Museumsgebäudes in Oberweier liegt teilweise im Dunkeln aufgrund von verloren gegangenen Akten während des Zweiten Weltkrieges. Der Bau des Hauses ist jedoch mit einem Namen verbunden, über den wir aus anderen Quellen Genaueres erfahren: Franz Anton Hahn, Vogt zu Oberweier.

Die Überlieferungen über Franz Anton Hahn sind zwar nicht sehr zahlreich, doch lassen sie einen guten Einblick zu. Franz Anton Hahn wurde am 14. November 1781 in Heiligenzell geboren als Sohn des Johann Hahn, Gastwirt zu Heiligenzell, und der Eleonora Hahn geborene Kohler aus Friesenheim.Am 9. Mai 1803 heiratete er Katharina Schulz, Tochter des Johannes Schulz aus Heiligenzell. Sie stammte vom Schulzenhof, der an der Stelle stand, wo sich heute das Ökonomiegebäude des Schwesternhauses befindet.

Der Schulzenhof war einer der reichsten Höfe in Heiligenzell. Katharina Schulz erhielt daher von Haus aus eine große Mitgift. Sie starb jedoch bereits ein Jahr nach ihrer Heirat am 20. Juni 1804. Franz Anton Hahn heiratete erneut am 22. April 1805. Seine zweite Frau, Maria Anna Schulz, war eine Schwester der ersten Frau.Dem Pfarrer und geistlichen Rat Josef Schulz (* 25.10.1883, + 4.3.1919), der ebenfalls vom Schulzenhof stammte, ist es zu verdanken, dass wir heute Angaben über Franz Anton Hahn und seine Familie haben.

In seiner Chronik schreibt Josef Schulz, dass der Witwer Franz Anton Hahn und Maria Anna Schulz das letzte Brautpaar waren, das in der St. Georgskapelle im Heiligenzeller Schlössle getraut wurde. Im Jahr 1806 wurde das Schlössle, das bis dahin ein Klostergut der Benediktinerabtei in Schuttern war, ebenso wie das Kloster selbst säkularisiert. Es diente von da ab nicht mehr als Kirche.Weiter berichtet uns Pfarrer Schulz, daß sich Franz Anton Hahn ein großes Haus in Oberweier gebaut habe und dort auch bald Vogt wurde.

Bei diesem Haus handelt es sich um das heutige Museumsgebäude. Ein Rathaus gab es zu jener Zeit noch nicht. Die Amtsgeschäfte wurden, wie es damals üblich war, in der Wohnstube des Vogtes getätigt. Anton Hahn war Vogt von 1809 bis 1823.Das Haus selbst ist ein stattlicher zweigeschossiger Massivbau mit einem zur Zeit der Erbauung in Mode gekommenen Walmdach im französischen Stil. Auf der Schmalseite befinden sich drei Fensterachsen. Die dem Kirchplatz zugewandte Bergseite ziert eine großangelegte Freitreppe. Die Eingangstür wird von einem schmalen Gesims gekrönt. Den ehemals hohen Keller erreichte man durch eine rundbogige Pforte von der Talseite. In einer Anfang der sechziger Jahre erstellten Denkmalkartei, die durch das damalige Landratsamt Lahr und das Landesdenkmalamt in Auftrag gegeben worden war, notierten die Studenten, welche die Erhebungen machten: "Das unterhalb der Kirche gelegene Gebäude ist neben dem katholischen Pfarrhaus das einzige Bauwerk von irgend welchem baulichen Reiz im Ort".

Mithin eine recht eigenwillige Betrachtungs- und Interpretationsweise, die in der damaligen Zeit üblich zu sein schien, heute aber ganz anders bewertet wird.Doch zurück zum Erbauer und dessen Familie. Maria Anna und Franz Anton Hahn hatten elf Kinder, von denen aber fünf bereits im frühen Kindesalter starben. Das war aber nicht das einzige Unglück, das die Eheleute Hahn traf. Franz Anton Hahn übte den Beruf des Rebmanns aus. Im Winter war er Holzmacher. Bei der Ausübung dieser Tätigkeit hatte er im Wald einen Unfall. Dabei wurden ihm beide Beine zerquetscht. In der damaligen Zeit gab es noch keine Sozialversicherung, die den Unterhalt der Familie hätte sichern können. Andere Einkünfte als die, welche die Eheleute mit ihrer Hände Arbeit einbringen konnten, gab es offensichtlich nicht. So konnte es nicht ausbleiben, daß es am 4. Juli 1829 zur Gant (Versteigerung) kam.

Jedoch Hahns großartiges Haus fand keinen Bieter. So übernahm schließlich 1831 die Gemeinde Oberweier Haus, Hof, Liegenschaften und den Viehbestand.Es muss als Ironie des Schicksals gesehen werden, dass der ehedem reiche Vogt Hahn in seinem eigenen Haus zum Sozialfall der Gemeinde wurde. Er und seine vielköpfige Familie mussten in ein Hinterzimmer des Hauses ziehen. Aus dem Vogtshaus wurde das Armenhaus. Am 15. April 1847 starb Franz Anton Hahn in Oberweier. Seine Frau Maria Anna überlebte ihn um 24 Jahre. Sie starb am Neujahrstag 1871 in Heiligenzell. Zwei Söhne waren nach Amerika ausgewandert. Ein Bruder des Franz Anton Hahn war Adlerwirt in Oberweier, ein anderer Bruder, Joh. Nepomuk, war Ölmüller ebenfalls in Oberweier. Wenn eingangs erwähnt wurde, dass es über den Bau des Gebäudes keine aktenmäßigen Einträge mehr gibt (die ersten Grundbücher von Oberweier, die das Baujahr hätten belegen können, sind bei einem Bombeneinschlag im Kreisarchiv Lahr im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen), so stehen wir heute trotzdem nicht ganz im Dunkeln.

Im Jahr 1990, als das Haus durch die Gemeinde renoviert wurde, gab das Bürgermeisteramt Friesenheim eine dendrochronologische Untersuchung in Auftrag. Das Jahrringlabor des Instituts für Botanik der Universität Hohenheim führte die Untersuchungen durch. Aus der Fachwerkkonstruktion wurden Bohrkerne entnommen, die zur Untersuchung eingereicht wurden. Ergebnis: "Die Tannen sind anhand der beiden Waldkanten auf eine Fällung im Winter 1790/91 zu datieren. ... Die zugehörige Konstruktion datiert demnach aus dem Jahr 1791".Also muss 1791 als das Baujahr angenommen werden.

Unter Bürgermeister Lorenz Haas wurde das Haus schließlich Rathaus, mit einer Amtsstube auf der Talseite. Daneben liegend befand sich der Archiv- und Kassenraum, der nach damaligem Usus dergestalt ausgestattet war, dass er mit einem Fußboden aus Sandsteinplatten und einer mit Blech beschlagenen Holztür (beide noch vorhanden) gegen Feuer "gesichert" wurde. Nach außen war der Raum durch ein mächtiges Eisengitter geschützt, das bei der Renovierung leider entfernt wurde. Der erste Stock wurde vermietet, und das Hinterhaus wurde Sozialwohnung. Interessant ist noch, dass sich auf der Bergseite die Orts-Arrestzelle befand. Hier wurde vom Ortspolizisten schon einmal der eine oder andere Delinquent kurzfristig arrestiert.

Ab dem Jahr 1982 stellte die Gemeinde die Räume des Erdgeschosses dem in diesem Jahr durch Pfarrer Schleicher gegründeten "Förderkreis der Oberweierer Heimatgeschichte" zu Verfügung. Heute ist das Hahn'sche Haus das Museum der Großgemeinde Friesenheim, das vom "Förderkreis der Oberweierer Heimatgeschichte" betreut und verwaltet wird. Es umfasst drei Stockwerke und den Keller. Jährlich werden drei bis vier Sonderausstellungen gezeigt, in deren Rahmen auch immer wieder Künstler aus der Umgebung präsentiert werden. Das Museum befindet sich gegenüber der Kirche. Es ist jeweils am ersten Sonntag eines Monats von 14 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.


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Pfarrhaus Heiligenzell


Eine kleine "Überraschung" hielt das ehemalige Pfarrhaus von Heiligenz Pfarrhaus Heiligenzell - Pfarrer stiftet sein Haus - Der Priester Joseph Schulz begründete mit einer Schenkung die Pfarrei Heiligenzellell bei meinem Besuch bereit. Zunächst erschien das Anwesen verlassen. Kein Namensschild und keine Klingel. Nichts zu hören nicht zu sehen. Das weitläufige Gelände lässt allerdings keine ordentliche Fotografien zu, wagt man sich nicht in dieses Terrain hinein. Also - das Tor leicht anheben und vorsichtig in den großen Pfarrgarten eintreten war mein Gedanke.Gesagt getan und noch immer geschah nichts. Dem Pfarrhaus näher tretend erscheinen auf einmal drei kleine dunkelhätige "Männlein" mit einem freundlchen "Hallo" auf den Lippen. So drei, vier und fünf Jahre mögen die Männlein wohl gewesen sein und keine Spur von Scheu. "Was das" fragt mich der älteste und ich antworte ruhig "ein Fotoapparat, damit macht man Bilder und im Augenblick mache ich Bilder von Deinem Haus".Nun bekomme ich unerwartet eine Antwort auf badisch - "gucke". Also gut und wo einer "guckt" wollen natürlich alle "gucken". Gleich geht es auch noch darum, wer welche Knöpfe am schnellsten "drucke" kann und ein kleines Spiel beginnt.Da kommt mir doch tatsächlich die "Chefin" der kleinen Lausebande zu Hilfe und ruft die Jungs zum Essen. Das funktioniert erstaunlich gut. Auf der Stelle begeben sich die "Männlein" zur Treppe, die scheinbar direkt zur Küche führt. Dort steht die kleine Familie winkend und niemand fragt, was ich eigentlich im Pfarrgarten zu suchen habe.

Pfarrer stiftet sein Haus
- Der Priester Joseph Schulz begründete mit einer Schenkung die Pfarrei Heiligenzell.


Von Ekkehard Klem - Sa, 09. März 2019 - BZ-Plus

FRIESENHEIM-HEILIGENZELL. Vor 100 Jahren ist am 4. März 1919 der Heiligenzeller Geistliche Rat und Pfarrer Joseph Schulz gestorben. Ihm ist die Errichtung der Heiligenzeller Pfarrkirche zu verdanken; nach seinem Tode vermachte er testamentarisch der Kirchengemeinde sein Wohnhaus, das danach als Pfarrhaus verwendet wurde. Er wurde Ehrenbürger der Gemeinde, an was demnächst nochmals erinnert werden soll.


Josef Schulz - Freund und Errichter der kirchlichen Selbständigkeit von Heiligenzell  arrowRight

Joseph Schulz wurde am 24. Januar 1836 in Heiligenzell geboren. Zum Priester wurde er 1861 geweiht und wirkte danach als Münsterpfarrer in Konstanz, dann als Pfarrer in Altbreisach, Riegel, Jechtingen und zuletzt ab 1883 in Oberweier, wo er 23 Jahre lang als Seelsorger blieb. 1906 zog er sich in den Ruhestand in seinen Heimatort Heiligenzell zurück. Dort bezog er, direkt neben der Kirche, sein neues Wohnhaus, das nach seinem Tod als Pfarrhaus umgenutzt wurde. Sein großes Vermögen vermachte er seiner Heimatgemeinde zur Gründung einer eigenen Pfarrei und wurde dadurch ihr größter Wohltäter.
 
Joseph Schulz starb am 4. März 1919 nach 58 Priesterjahren im Alter von 83 Jahren. Beerdigt wurde er in einem Familiengrab auf dem Heiligenzeller Friedhof, ein Grabstein aus weißem Marmor erinnert heute noch an diesen verdienten Heiligenzeller. Der Gedanke, in seiner Heimatgemeinde eine eigene Pfarrei zu bilden, war für Schulz eine Lebensaufgabe. Er konnte die für den Kirchenbau notwendigen Grundstücke aus Familienbesitz zur Verfügung stellen und den Pfarrpfründefond finanziell ausstatten. Bereits am 23. Dezember 1892 wurde die Heiligenzeller Kirche als Filialkirche von Friesenheim eingeweiht.

Nachdem er in den Jahren 1905/06 das Pfarrhaus, das gleichzeitig sein Alterssitz wurde, errichtet hatte, waren die Grundlagen für das Einrichten einer selbstständigen Pfarrgemeinde geschaffen. Das Vorhandensein einer Kirche und eines Pfarrhauses waren für die Gründung einer eigenständigen Pfarrgemeinde zwingend vorgegeben. Die Trennung der Filialkirche Heiligenzell von der Mutterkirche Friesenheim und die Verselbstständigung der Heiligenzeller Pfarrei durfte Pfarrer Schulz nicht mehr erleben. Vier Wochen nach seinem Tod wurde die Kirchengemeinde vorübergehend als Kuratie genehmigt und erhielt einen Vikar zugeteilt. Erst am 1. September 1942 wurde Heiligenzell eine selbstständige Kirchengemeinde.

Für sein Lebenswerk erhielt Pfarrer Schulz vom Großherzogtum Baden 1906 die Würde eines Ritters des Zähringer Löwenordens Erster Klasse. Die Kirche ernannte ihn 1907 zum Geistlichen Rat, die Gemeinde Heiligenzell würdigte ihn durch Gemeinderatsbeschluss vom 3. März 1907 mit der Ernennung zum Ehrenbürger. Und 1961 erhielt die Straße Im Ried den Namen "Joseph-Schulz-Straße".

Große Verdienste um die Kirchenmusiken der Erzdiözese

Joseph Schulz erwarb sich große Verdienste um die Kirchenmusik in der Erzdiözese Freiburg. Nach Einführung des Kirchengesangbuches "Magnifikat" leitete er viele Jahre zusammen mit seinem Pfarrerkollegen Bürgenmaier aus Freiburg-Günterstal Organistenkurse. Die beiden Pfarrer gründeten die Zeitschrift "Kirchensänger", die damals eine große Unterstützung der Kirchenchöre darstellte. Die Einnahmen aus dieser Verlegertätigkeit ermöglichten es Schulz auch, die Mittel für den Heiligenzeller Pfarrpfründe-, Pfarrhausbau- und Kirchenfond bereitzustellen. Der Beweis für die hohe Musikalität von Pfarrer Schulz lebt fort in zahlreichen religiösen Kompositionen, die vielfach heute noch nicht vergessen sind. Aus seiner Hand stammen auch viele Messen, Segensgesänge und Predigtlieder.

Quelle: Emil Ell, Zum göttlichen Herzen Jesu, Kirche und kirchliches Leben in Heiligenzell, 1983


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Schlössle Heiligenzell

Das Schlössle Heiligenzell - Mit der Schenkung Kaiser Heinrich II. im Jahre 1016 an das Kloster Schuttern entstand der Freihof des Abtes in Ruotgersvilre, wie der Ort bis dahin hieß

Beim Betreten des Geländes am heiligenzeller Schlössle fällt zunächst ein kleines Bauwerk rechts beim Parkeingang "in's Auge". Zu vermuten wäre, dass es sich dabei um ein Gesindehaus handelt.

Erst später kann ich in Erfahrung bringen, dass es sich um den ehemaligen Gefängnisturm des Freihofs handelt (siehe weiter unten - Hermann Schmid).

Da fährt doch gerade ein Herr mit seinem Wagen vor, der mich freundlich grüßt. "Sind Sie der Hausherr hier?" lautet meine Begrüßungsfrage. "Mieter bin ich" lautet die Anwort und meine nähere Frage zur Funktion des Baus wird mit der Antwort beschieden, dass nichts genaueres bekannt sei.

Im Kellergewölbe befinden sich allerdings schwere Mühlsteine und auch ein entsprechender Wasserlauf ließe die Vermutung zu, dass es sich um eine ehemalige Mühle im Dienste von Kloster und Schlössle handeln könne. Ich versichere dem freundlichen Herrn Bericht zu erstatten, sobald ich näheres über die Funktion des Baus in Erfahrung bringen könne.

Doch nun zum "Schlössle von Heiligenzell" - lassen wir Karl List aus dem Geroldsecker Land berichten:

List, Karl: (Geroldsecker Land - Jahrbuch einer Landschaft (Heft 27 - 1985),  Seite 131 - 132)

Viele Jahre lang blieb zweifelhaft, ob das im Talausgang oberhalb Heiligenzell dahinträumende Schlößchen erhalten werden könne. Nun steht es vor dem Besucher in neuem Glanz, prächtig anzusehen mit seinem Dachreiterchen über der Kapelle und den prunkvollen Barockportalen, deren Wappen auf seine lange Geschichte hinweisen.

Das Schlößle - vom Freihof zur Zichorienfabrik   arrowRight

Mit der Schenkung Kaiser Heinrich II. im Jahre 1016 an das Kloster Schuttern entstand der Freihof des Abtes in Ruotgersvilre, wie der Ort bis dahin hieß, der von nun an Heiligenzell heißen sollte. Unter einem Abt Rudolpho wurde der Freihof erneuert. Nun gibt es drei Äbte namens Rudolpho. Der erste wirkte von 1252 bis 1256, und er war ein eifriger Bauherr, sodaß man annehmen darf, er habe auch den Freihof in Heiligenzell erneuern lassen. Ein Abt Rudolpho II. leitete das Kloster in schwierigen Zeiten von 1295 bis 1324; er wird kaum Gelegenheit gehatft haben, einen Neubau in Heiligenzell zu errichten. Dafür, daß Rudolf I. den Freihof erneuern ließ, spricht auch die Stiftung einer täglichen hl. Messe in der neuerrichteten St. Georgskapelle des "Schlößchens" am 11. August 1255 durch den Kellermeister des Klosters Berthold von Ottenheim.

Wo aber steht geschrieben, daß ein Abt Rudolpho den Freihof erneuerte? Als der Schreiber dieser Zeilen vor Jahren durch die Büsche an der nördlichen Hofmauer vor dem Schlößchen streifte, fand er einen alten Inschriftstein. Auf ihm war zu entziffern: "...NOVAE EST HIC M ... ABATE RVDOLPHO ..." Ein Teil des Quaders fehlte, so daß der Text unvollständig blieb. Ein gutes Foto des Inschriftsteines ist vorhanden; der Stein selbst - der ein bedeutsames historisches Zeugnis am Bau sein könnte - ist weg! Vielleicht findet ihn ein Leser in einem Vorgarten, wohin er sich verlaufen hat.

Prunkstücke am heutigen Schlößchen sind die zwei Barockportale, deren Krönung ihre Wappen sind. Das westliche Hauptportal zeigt über der reichprofilierten Traverse zwischen großen Urnen das Wappen des Klosters Schuttern: Prinz Offo, der Stifter des Klosters, überreicht der Mutter Maria mit dem Jesusknaben eine Kirche. Im Wappen rechts davon sehen wir im oberen silbernem Feld ein rotes Klostergebäude, darunter den schwarzen Eber über dem unteren blauen Feld (Wasser). Es ist das Wappen des letzten Abtes von Schuttern: Placidus III. namens Bacheberlin. Von 1786 bis zur Aufhebung des Klosters im Jahre 1806 leitete er dessen Geschicke. Der vertriebene Abt starb in seinem Geburtsort Oberkirch am 14. Oktober 1824.

Auszug aus "Säkularisation und Schicksal des Stifts Schuttern" - Hermann Schmid - die Ortenau 1981 / 174 - 177

Mit dem Gut und dem Schlößchen zu Heiligenzell(28) das, aus einem Freihof des Klosters hervorgegangen, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet worden war, fiel ein weiteres bedeutendes benediktinisches Besitztum an Baden.

Heiligenzell Schloessle Lageplan
Im Gegensatz zu seinem Vorgehen in Schuttern selbst leitete das großherzogliche Haus, das schon seit Jahrhunderten die Landeshoheit über das Dorf Heiligenzell inne hatte, umgehend Maßnahmen zum Verkauf der stiftischen Hinterlassenschaft ein. Diese ausgeprägte Bereitschaft zur Güterveräußerung mochte nicht zuletzt durch vehemente Klagen der dortigen Untertanenschaft herbeigeführt worden sein, die sich durch die Klosterbesitzungen in ihren wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt sahen. In der Tat gehörte fast die Hälfte des ohnehin nicht großen Heiligenzeller Banns dem Kapitel.

Schon im November 1806 waren für über 23 000 fl. Äcker und Rebgärten am Ort, in Friesenheim und in der sonstigen Umgebung verkauft. Im folgenden Frühjahr gingen die Veräußerungen bei reger Nachfrage weiter.

Auch das Schloß mit der St.-Georgs-Kapelle brauchte nicht lange auf einen Interessenten zu warten. Im Januar 1807 erwarben der Kaufmann und Tabakfabrikant Johann Jakob Hugo, damals Bürgermeister in Lahr, und sein Schwiegersohn, der Kaufmann Franz Meister, laut Vertrag mit der Gefällverwaltung Schuttern das Schlößchen mit Kellergewölbe, Trotte, Wasch- und Dörrhaus, dem Gefängnisturm, einem Hofteil und mehreren Gartenstücken für 6 000 fl., um hier eine Zichorienfabrik anzulegen - bemerkenswerterweise unter Umgehung einer Versteigerung. Ihre Wahl dürfte nicht unwesentlich von dem Umstand beeinflußt worden sein, daß durch das nahe Heiligenzeller Bächle ausreichend Wasser bzw. Wasserkraft verfügbar war. Ein kostenloses Privileg und Steuerfreiheit für dieselbe sowie Zehntfreiheit für die Gärten und preisgünstiges landesherrliches Holz, was die beiden bei den Vorverhandlungen verlangt hatten, wurden jedoch nicht gewährt. Bis in den Sommer hinein war das Schlößchen umgebaut unter Einbeziehung der Kapelle, in der während der Herrschaft der Mönche lediglich einmal im Jahr, nämlich an Georgi, zu Ehren des legendären Klostergründers Offo eine Messe gelesen worden war. In der zweiten Jahreshälfte nahm die Firma Hugo & Meister die Produktion auf, nicht ohne zuvor einen harten Kampf mit Karl Friedrich ausgefochten zu haben, der anfänglich nicht zugeben wollte, daß das großherzogliche Wappen auf den Zichorienpäckchen geführt wurde. Die Fabrik in Heiligenzell war nicht die einzige ihrer Art in der Gegend, gehörte aber zu denen, die am längsten existierten.

Es gab zu dieser Zeit mehrere Herstellungsstätten für Kaffee-Ersatz und -Zusatz in Lahr, nämlich die von Christian Trampler und Daniel Völker, und eine im ehemaligen Zisterzienserinnen-Stift Wonnental im Breisgau, die von den Lahrer Unternehmern Bausch und Helbing umgetrieben wurde(29). Besagtem Trampler wird unter anderem vom großherzoglichen Amtmann Ferdinand Stein, der wohl als erster den Lahrer Handel und Gewerbefleiß des frühen 19. Jahrhunderts eingehend literarisch würdigte, das Verdienst zugesprochen, die Zichorienfabrikation in diese Gegend eingeführt zu haben. Er gründete im Jahr 1798 einen entsprechenden Betrieb und machte in Lahr und in den umliegenden Dörfern den bis dahin völlig unbekannten Anbau der Wegwartwurzel heimisch, wodurch nicht nur ihm selbst, sondern auch den Bauern eine bedeutende Einnahmequelle erschlossen wurde. Da Tramplers Firma alsbals zuletzt durch den Export in die Schweiz florierte, ließen Nachahmer nicht lange auf sich warten. 1807 gründeten Völker und Hugo & Meister weitere Zichorienfabriken(30).

Nach einer Übersicht der mittelrheinischen Provinzregierung arbeiteten zu Beginn des Jahres 1809 im Heiligenzeller Etablissement 25 - 30 Arbeiter, die jährlich 8000 - 10000 Zentner inländische Zichorienwurzeln in Kaffeesurrogat umwandelten, wovon das meiste exportiert wurde. Der Betrieb von Georg Bausch in Wonnental, der sein Produkt publikumswirksam als "Gesundheits-Caffee" zu vertreiben suchte, war damals etwa gleich groß, aber schon 1813 am Ende. Obwohl die gesamte Branche zur Zeit der Kontinentalsperre unter schweren Umsatzeinbußen durch die horrenden Kaffee- und Zuckerpreise litt, die das Kaffeetrinken zu einem denkbar teuren Luxus machten, was sich auch auf den Verkauf des Zusatzstoffes Zichorie auswirkte, überstand die Heiligenzeller Firma die ungünstige Zeit doch. 1815 begegnet sie uns in den staatlichen Gewerbestatistiken unter der Bezeichnung "Gebr. Hugo", 1859 unter "M. Hugo & Cie", wobei jetzt nicht nur unter Einsatz von 110 meist weiblichen Kräften Kaffee-Ersatz, sondern auch Rauch- und Schnupftabak hergestellt wurde.

Daß der Fabrikbetrieb die Bausubstanz des Schlößchens stark in Mitleidenschaft zog, verwundert nicht. Man beraubte es völlig seiner Inneneinrichtung, desgleichen die Kapelle, die zusätzlich durch den Einbau eines Zwischenbodens verunstaltet wurde. Im Laufe des Jahrhunderts wurden sämtliche Nebengebäude abgerissen und vermutlich mit ihrem Schutt der vorbeifließende Bach überdeckt. Stehen blieb nur das Gefängnis, dessen Erbauung wohl mit der niederen Jurisdiktion der Schutterer Äbte im Schloßareal im Zusammenhang stand. Bleibt noch zu erwähnen, daß der benachbarte Bauernhof ebenfalls zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt der Spitzhacke zum Opfer fiel, nachdem er noch zu Beginn des Jahres 1807 zu einem äußerst begehrten Objekt geworden war. Ein Sebastian Schulz aus Heiligenzell ersteigerte ihn damals für 1565 fl. mit Ausnahme des Kellers, den sich der Fiskus zwecks Lagerungs des Zehntweines vorbehielt. Weit mehr noch brachten die Rebgärten und Felder am unteren und oberen Kappelberg ein.

Neben dem stark veränderten Münster hat sich das Schlößchen zu Heiligenzell als einziges exponiertes Bauwerk der Benediktiner von Schuttern bis in unsere Zeit erhalten. Bleibt zu wünschen, daß ihm eine baldige und sachgerechte Restaurierung zuteil wird!

28.) Zum Schlößchen von Heiligenzell vgl. den grundlegenden Aufsatz von O. Kohler, Das Schlößle in Heiligenzell, in: Geroldsecker Land 16/1974, S. 213 ff. Ferner ist hinzuweisen auf F. Schleicher, Die Schlösser von Heiligenzell, in: Die Ortenau 21/1934, S. 485 f. und auf O. Hagmaier, Verschiedenes aus der Geschichte von
Heiligenzell, in: Der Altvater 6/1939, S. 83. Vorliegende Erkenntnisse wurden zusammengetragen aus GLA 104/62, 229/40 896 u. 40 905, 236/850 u. 5 812, 237/472, 404/147 und EAF B 23/201.
29.) Vgl. hierzu den Beitrag des Verfassers: Die Säkularisation und Industrialisierung des Frauenstifts Wonnental im Breisgau 1806— 1813, in: ZGO 127/1979, S. 343 ff.
30.) Vgl. F. Stein, Geschichte und Beschreibung der Stadt Lahr und ihrer Umgebungen, mit vorzüglicher Berücksichtigung der Handelsverhältnisse, Lahr 1827, S. 184 u. 201 ff.


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Gutleutkirche Oberschopfheim


Gutleutkirche Oberschopfheim - Die Gutleutkirche, westlich des Dorfes, wird bereits 1362 als Kirche zu LutkircheFindet man die Leutkirche in Oberschopfheim nachdem der Weg durchs Welschkorn, wie hierzulande der Mais genannt wird, gebahnt ist kann man sich die Frage stellen: "und für wen ist dieses 'Kirchlein' überhaupt hier?" Gut einen Kilometer draußen vor dem Ort Richtung Riet liegt die Leutkirche - auch Gutleutkirche - von Oberschopfheim entfernt.

Vier oder fünf Parkbuchten weitere Angebote für Pkw-Fahrer*innen findet man nicht. Und so steht sie da, die Leutkirche im Welschkorn - einsam und verlassen. Viele Gottesdienste werden hier wohl nicht gehalten. Immerhin beachtenswert sind die Steinmetzarbeiten an den Fensterfassungen, die teilweise noch von der Urkirche stammen dürften. Besser Bescheid weiß / wusste darüber sicher Emil Baader, der hier auch zu Wort kommen soll:

Baader, Emil: Zur Geschichte unserer Heimat - Die Gutleutkirche bei Oberschopfheim (Der Altvater, 15.9.1934)

Wer von Dinglingen oder Friesenheim aus in Richtung Offenburg durch unser Land fährt, dem fällt westwärts von Oberschopfheim ein einsam in der Rheinebene liegendes Kirchlein auf, das - halb Ruine, halb Kapelle ein Stück Ortenauer Heimatgeschichte verkörpert:

Es ist das Gutleutkirchlein von Oberschopfheim, das am Feste Mariä Himmelfahrt das Ziel vieler Wallfahrer ist.Das Dorf Oberschopfheim, soll früher, "Leutkirch" geheißen haben. Es lag einst mehr westwärts. Erst nachdem es 1703 (im spanischen Erbfolgekrieg) zum großen Teil zerstört wurde, baute man es an den, jetzigen Platz.

Chronologie der Leutkirch von Johannes Röderer (die Ortenau - 1963)  arrowRight

Was berichtet uns die Geschichte über Oberschopfheim und über das Gutleutkirchlein?
Oberschopfheim und Niederschopfheim waren ursprünglich nur ein Dorf. Im Jahre 777 hören wir von "Scopfheim", 1050 von "Schopfheim", 1179 von "Scoppheim", 1275 von "Schopfen". Erst im 13. Jahrhundert scheint sich die Siedlung in Ober- und Niederschopfheim getrennt zu haben. Ettenheimmünster war früh hier begütert, später Schuttern; eine Zeitlang auch Alpirsbach: von 1300 bis 1500, wo Schuttern die Alpirsbacher Besitzungen erwarb, und Gengenbach. Die Landeshoheit hatte die Herrschaft Hohengeroldseck; seit 1629 Baden-Baden (Herrschaft Mahlberg), weshalb es katholisch blieb.

Schon im 12. Jahrhundert hört man von einem "Ministerialiengeschlecht" aus Schopfheim (niederer Adel), das zum Dienstadel der Zähringer gehörte, solange die "Mortenau", wie unsere Ortenau ursprünglich hieß, zähringisch war. Der Schopfheimer Dienstadel hatte im Wappen einen aufrechtstehenden, nach rechts schauenden Vogel mit ausgebreiteten Flügeln. Offenbar starb das Geschlecht bereits zu Anfang des 14. Jahrhunderts aus.

Vermutlich hatte der Ort, wie Wingenroth berichtet, nur eine Kaplanei. Diese war wohl mit dem Hof verbunden, den das Kloster Gengenbach hier besaß. während die vor dem Ort liegende "Leutkirche" als Pfarrkirche genannt wird. 1452 wird eine "capella in obern Schopfheim" erwähnt; 1666 hören wir von der "ecclessia". Die heutige Pfarrkirche stammt aus dem Jahre 1715.

Die Gutleutkirche, westlich des Dorfes, wird bereits 1362 als "Kirche zu Lutkirche". erwähnt, 1366 "parochia in Lütkirch", 1394 "parocchialis ecclesia in Lutkirch": war also im 14. Jahrhundert Pfarrkirche. Sie wurde 1409 dem Kloster Schuttern inkorporiert. Sie wurde 1703, mitsamt dem Dorf im spanischen Erbfolgekrieg, wie oben erwähnt, zerstört, worauf man offenbar nur den Chorturm wiederhergestellt und als Kapelle benützt hat, während das Langhaus in Ruinen liegen blieb. In neuerer Zeit wurde das Langhaus zur Hälfte wieder eingedacht und ausgebaut. Mit der Gutleutkirche war, wie der Name sagt, ehemals ein Siechenhaus verbunden, das auch mitverbrannte. Von ihm ist keine Spur mehr zu sehen; nur der Name ist geblieben.

Die Gutleutkirche war ein schlichter einschiffiger Bau mit ziemlich langem Langhaus. Das Erdgeschoß des Turmes diente als Chor; es besitzt ein sogenanntes "Kreuzrippengewölbe" aus spätgotischer Zeit. Die heutigen Fenster stammen aus der Zeit nach der Zerstörung. Der Turm ist nur noch ein Stumpf. Es ist nur noch ein Obergeschoß vorhanden. Im Langhaus schaut man Reste von gotischen Spitzbogenfenstern mit sogenanntem "Fischblasenmaßwerk". Auf der noch stehenden Fassadenwand ist auch noch eine leider beschädigte Kreuzblume zu sehen. Der Bau wurde aus Bruchsteinmauerwerk aufgeführt; an den Ecken befinden sich Sandsteinquader.

Im Chor befindet sich ein schmucker Barockaltar; hinter demselben und an der Decke Barockmalereien. Kunsthistorisch besonders bedeutungsvoll sind die Reste von Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert, die man im Jahre 1905 entdeckte. Das ganze Kirchlein muß einst in dieser Weise ausgemalt gewesen sein. Auf den beiden Wänden des Chores fand man die fast lebensgroßen Gestalten der Apostel, je vier auf einer Seite; der fünfte ist durch das später eingebrochene Fenster vernichtet. Engel hielten hinter ihnen ausgespannte Teppiche. Diese Figuren befanden, sich etwa 1 1/2 Meter über dem Boden. Unter ihnen zog sich eine Bordüre hin, in der nach den erhaltenen Spuren die Worte des Credo in deutscher Sprache standen. Im Gewölbe waren spätgotische Ranken. Die Bilder waren zum Teil nur in Umrissen erhalten; sie wurden durch den Offenburger Maler Kolb übermalt bezw. erneuert.

Besser erhalten waren die Halbfiguren der klugen und törichten Jungfrauen in halbrund abgeschlossenen Nischen auf der Laibung des Chorbogens. Haartracht und Schapel der klugen Jungfrauen lassen vermuten, daß diese Malereien aus dem 14. Jahrhundert stammen und im 16. Jahrhundert restauriert wurden. Auch diese Kunstwerke wurden durch Kolb in guter Weise erneuert.

So lohnt es sich wohl, der einsam gelegenen Kapelle einen Besuch abzustatten. Dem frommen Volke aber ist diese Stätte, wie die Bruderstalkapelle bei Kuhbach, ein ehrwürdiger Ort der Andacht und Wallfahrt.


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'Kloster' Heiligenzell

Heiligenzeller "Kloster" - Zwar hatte Graumanns Vater bereits erfolgreich eine Zichorienfabrik im Heiligenzeller "Schlössle" eingerichtet. Dies genügte dem Junior allerdings nicht. Der Weinliebhaber und Pferdenarr musste Dampfziegelfabrik haben und obendrein ein eigenes "Schlössel" (oben beschriebene Villa) und diese musste selbstverständlich aus Graumanns Dampfziegeln errichtet werden

Gelangt man auf der Heiligenzeller Haupstraße Richtung Herz-Jesu-Kirche, ist ein Bauwerk rechts der Kirche augenfällig, weil man in dieser Region nur selten "geziegelte" Häuser zu sehen bekommt. Ein zweistöckig auf hohem Sockel sitzendes und mit Mansardendach ausgestattetes Bauwerk steht hier in einer kleinen Parkanlage. Weit ausladenden mit früheren Stallungen und Gesindehaus dominiert die Villa vom leicht steigenden Hügelgelände.

Die Ziegelung ist rasch erklährt. Der frühere Besitzer Hermann Graumann - der verrückte Baron (dazu später) - war Dampfziegelfabrikant. Er stammte im warsten Sinne des Wortes aus "betuchter" Familie, war der Ahn Graumanns, Johann Georg Stulz aus Kippenheim, "der nach seiner Lehre den Wanderstab ergriff, in England als Hofschneider zu einem Riesenvermögen kam und am 17. November 1832 in Hyères in Südfrankreich starb" (Emil Ell: Hermann Graumann, der "tolle Reiter" (Geroldsecker Land, Heft 3 - 1960/61), Seite 159-162), doch ein großer Erblasser.

Zwar hatte Graumanns Vater bereits erfolgreich eine Zichorienfabrik im Heiligenzeller "Schlössle" eingerichtet. Dies genügte dem Junior allerdings nicht. Der Weinliebhaber und Pferdenarr musste Dampfziegelfabrik haben und obendrein ein eigenes "Schlössel" (oben beschriebene Villa) und diese musste selbstverständlich aus Graumanns Dampfziegeln errichtet werden.

Glücklich wurde der "Baron von Heiligenzell" damit allerdings nicht, wie Emil Ell berichtet (ebenda):

Gute Freunde, der Wein und sein Gefallen an edlen Pferden zehrten an seinem Vermögen. Vierspännig fuhr er durch die Straßen des Dorfes, und um bequemer die Amtsstadt Lahr erreichen zu können, trug er sich mit dem Plan, die Straße pflastern zu lassen. Trotzdem er als großer Pferdekenner und -freund bekannt war, trieb er manches seiner kostbaren Tiere in den Tod. Der Dichter Vierordt schreibt in seinem Buch "Aus meinem Leben", daß Graumann mit dem schnellsten Renner von Heiligen zell zum Bahnhof Dinglingen (immerhin 7 Kilometer) jagte, um seine Frau, die den Schlüssel zum Likörschrank eingesteckt hatte, noch vor der Abreise zu erreichen. Mit dem Schlüssel galoppierte er dann sofort zurück, und ehe seine Freunde ihn vermißten, war er wieder zur Stelle, doch unten im Hof verendete das getreue Pferd nach der rasenden Jagd. Und es war dieses Zu-Tode-Reiten nicht ein einmaliger Fall.

Elegant, wie Graumann sein Leben als Offizier der Reserve und als Zivilist gestaltete, war auch seine Erscheinung. Ein grauer Zylinder galt als sein steter Begleiter, gleich, ob er zur Stadt fuhr oder auf seinem Pferde saß. Ging dieser in seinem bewegten Leben auch manchmal verloren, immer wieder fand seine Kopfbedeckung aus den entlegensten Winkeln zurück. Im ganzen Bezirk kannte man ihn nämlich, den "Grauen" des Herrn Baron aus Heiligenzell. Saß Graumann beim Weine, vergaß er Frau und Geschäft. Seine Schnurren und Sprüche waren weitum bekannt. Und wenn er erzählte, wie er als junger Student durch die Lande zog und mit Musizieren die Leute ergötzte oder als sogenannter Tierkundiger allen möglichen Schabernack trieb, vergaßen auch seine Freunde das Heimgehen.

Der Verfall seines Vermögens beschäftigte ihn weniger als die Diebstähle in seiner Ziegelei. Seinen Verwalter, eine zweifelhafte Figur, hatte er in Verdacht, daß er mit der Diebesbande unter einer Decke steckte, da es diesem noch nie gelungen war, die Kerle zu stellen. Eines Abends versteckte sich Graumann in der Nähe der Ziegelei im Gebüsch und erwartete die Diebe. Und wirklich, sie kamen - zehn Mann - einer hinter dem ändern. Vergnügt rieb sich Graumann die Hände ob dem guten Fang. Schon kam der erste in die Nähe des Gebüsches, da - Herr Graumann glaubte in die Erde versinken zu müssen - zog dieser untertänigst seinen Hut und grüßte laut: "Schönen guten Abend, Herr Baron!" Es kam der zweite, der dritte, bis zum zehnten, und jeder grüßte mit einer Freundlichkeit den Unsichtbaren, als begegneten sie ihm nach einer Ratssitzung auf der Dorfstraße. Als der Spuk vorbeigezogen war, ging Graumann geradewegs in den "Hirsch" und gab dort sein Erlebnis preis. Nach einem halben Jahrzehnt hatte Graumann abgewirtschaftet und eine Menge Schulden gemacht. Da fuhr mit lustig trabendem Vorreiter eine vierspännige Prachtkutsche beim Amtshaus in Lahr vor; ihr entstieg Graumann, der seine Gant selbst anmeldete. Am ändern Tag verkündete er stolz in Heiligenzell: "Heute hat der Baron Graumann aufgehört und der Droschkenkutscher Graumann fängt an." Seine Frau Auguste - eine geborene Deimling aus Lahr - zurücklassend, schiffte er sich nach Amerika ein, um in Neuyork als Omnibusführer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Jahr später kamen in Heiligenzell seine Habseligkeiten unter den Hammer. Der Volksmund will wissen, daß Graumann zu diesem Termin zurückgekehrt sei und unerkannt die Versteigerung seines Besitztums miterlebt habe. Aus Neuyork zurückgekehrt ist Graumann auf jeden Fall, stellte ihn doch die österreichische Staatsleitung als Forstbeamten in ihren Dienst. In den einsamen Wäldern der Karpathen fand er so ein neues Aufgabengebiet. Aber die Einsamkeit dürfte Graumann wohl kaum zugesagt haben, denn wenige Jahre später soll er dort gestorben sein. Nach seinem Tod nahm seine Frau Auguste eine Stelle als Erzieherin in Rußland an, später soll sie in Bingen als Hausdame tätig gewesen sein.

"Ein Verschwender, der sein Wesen in Heiligenzell trieb", so charakterisierte Vierordt den "verrückten Baron". Nur der Zeitspanne von einer Generation hatte es bedurft, um das unter den Hammer zu bringen, was der Hofschneider Johann Georg Stulz in Jahrzehnten erarbeitet hatte. Mit dem Vermögen der Familie Mezger nämlich ist es ähnlich gegangen. Schon die Kinder der Erbin, der Barbara Mezger geb. Stulz, wußten nicht zu wirtschaften; Geld und Gut verrann auch ihnen unter den Händen. (ebenda)


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Alte Poststation - ehem. Adler

ehem. Friesenheim Poststation Adler - So verlor Friesenheim diese Einrichtung, für die der "Adler" 1765 so stattlich errichtet worden war und wo so hervorragende Gäste wie der Markgraf Karl Friedrich und Johann Peter Hebel beherbergt worden warenLange Zeit stellte man sich bei der Ortsdurchfahrt Friesenheims die Frage, was wohl aus diesem herrschaftlich zu nennenden Bauwerk werden solle?

Das einemal nahm es den Anschein, dass niemand mehr sich um das Gebäude kümmere - das anderemal schien es tatsächlich unbewohnt und man hatte den Eindruck, es war dem Zerfall vollkommen preisgegeben. Dabei hatte der ehemalige Adler doch eine bedeutende historische Zeit hinter sich, wie aus nachfolgenden Geschichten zu sehen sein wird. Das war allerdings nicht das erste Mal, dass der ehem. Adler in Kalamitäten steckte, wie Emil Ell 1986 berichtet (weiter unten).

Nun steht das Bauwerk in solid renoviertem Glanz an der Adlerstraße und begrüßt die aus Süden anreisenden Besucher*innen bei der Ankunft in Friesenheim.

Bewohnt wird das Gebäude auch wieder, wie herumtollende Kinder um das Haus belegen.

Baader, Emil: (Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 8. Jahrgang, Folge 9, 2. September 1950, Seite 36)

Emil Ell: Posthaus Friesenheim zum Gantverkauf angeboten (Der Altvater - 44. Jahrgang, Nummer 18, 6. September 1986)

(ll). Das geschah vor 175 Jahren, zu einer Zeit also, als es weder Eisenbahnen noch Autos gab, die Postkutschen pferdebespannt über schlechte Straßen holperten und die Reisenden von allher der Poststation Friesenheim zuführten. Dort amteten seit altersher Posthalter Moser und die Nachfolge-Posthalter namens Vollmar. Was war innerhalb der vielbeneideten Posthalterfamilie geschehen? Hatten die Vollmars auf zu großem Fuß gelebt oder waren sie lediglich nur schlechte Rechner?

Foto Alter Adler (Ekkehard Klein 1993)Die Überraschung für die Friesenheimer Bauern, nicht weniger für die oft neidischen Friesenheimer Wirte, deren es zu jener Zeit recht viele gab, war äußerst groß, als Oberamtmann Bausch vom Großherzoglichen Bezirksamt Lahr pressekundig machte, es habe der Posthalter Jakob Vollmar jung am 19. September 1811 im Amt vorgesprochen und sich für insolvent erklärt. Noch am selben Tag anerkannte Oberamtmann Bausch den Konkurs und forderte alle auf, "welche an selbigen aus irgendeinem Rechtsgrund etwas zu fordern haben, ihre Forderungen unter Vorlegung der Beweisurkunden am Mittwoch, 23. Oktober, 8 Uhr vormittags, bei dem Teilungskommissar im Wirtshaus zum Salmen in Friesenheim gehörig zu liquidieren, mit dem Anhang, daß die sich nicht gemeldeten Gläubigern von der gegenwärtigen Masse ausgeschlossen werden. Zugleich werden alle diejenigen, die an Vollmar etwas zu zahlen haben, bei Vermeidung nochmaliger Zahlung angewiesen, ihre Schuldigkeiten an niemand anders als den bestellten Güterpfleger Schultheiß Zipf in Friesenheim abzutragen."

Bis dahin die amtliche Nachricht.

Mit Datum vom 26. September 1811 wurden zwei Versteigerungstermine bekanntgegeben. So wurde für den 7. Oktober zur Versteigerung ausgeschrieben: Silber, Bettwerk, Getüch, Schreinwerk, Spiegel und Gemälde, Zinn, Messing, Eisen, Holzen Porzellan und anderes Küchengeschirr sowie Hausrat.

Das Posthaus selbst, der ehemalige "Reichsadler", später "Adler", sollte am 21. Oktober 1811 "an den Mann" gebracht werden. Der Wortlaut der Versteigerungsanzeige, die erstmals am 26. September, dann nochmals am 12. und 16. Oktober 1811 im "Lahrer Wochenblatt" erschien: "Auf Montag, 21. Obktober, nachmittags 2 Uhr, wird das sehr bequem eingerichtete Posthaus zum Reichsadler mit Hof, Scheuer, Stallungen, Trotte, Schöpf und zwei Gärten, samt der damit verbundenen Wirtschaftsgerechtigkeit unter annehmlichen Bedingungen in öffentlicher Steigerung daselbst ausgesetzt. Liebhaber müssen Zahlungsfähigkeit nachweisen."

Nichts kündet von einem Vollzug der Zwangsversteigerung. Es scheint, Vollmar habe einen Finanzweg gefunden, um das Übel abzuwenden. Folgen wir Veröffentlichungen von Dr. Hermann Wiedtemann, so war Jakob Vollmar 1816, seinem Sterbejahr, noch Posthalter und Wirt zum "Reichsadler". Nachfolger war der gleichnamige Sohn, der sich allerdings nicht bewährt haben soll, und so kam zustande, was 1811 sich abzeichnete: Der "Reichsadler" ging in fremde Hände über; die Vollmarsche Posthalter-"Dynastie" war zu Ende. Nach Wiedtemann wurde die Posthalterei dem Friesenheimer Georg Bahr übertragen, die sie aber bald nach Dinglingen verlegte. Damit war (1830) dem langjährigen Wunsch der Stadt Lahr, gegen den die Vollmars sich immer sehr temperamentvoll gewehrt hatten, einigermaßen nachgekommen.

So verlor Friesenheim diese Einrichtung, für die der "Adler" 1765 so stattlich errichtet worden war und wo so hervorragende Gäste wie der Markgraf Karl Friedrich und Johann Peter Hebel beherbergt worden waren. (Über Werden und Vergehen des "Reichsadler" in Friesenheim ist geschrieben in den "Altvater"-Jahresbänden 1939, 1950 und 1963 sowie im "Geroldsecker Land" 6/1963. In keiner dieser Veröffentlichungen ist der ausgeschriebene Gantverkauf vermerkt.)

Die alte Friesenheimer Posthalterei

Wer Friesenheim von Süden her betritt, dem fällt nahe dem Ortseingang, linker Hand, ein Gebäude mit französischem Dachstuhl und einem großen handgeschmiedeten Wirtshausschild auf, das den österreichischen Doppeladler darstellt. Das schräg zur Straße stehende Gebäude ist von zwei großen Kastanienbäumen beinahe verdeckt. Das ist schade. Wer sich die Mühe nimmt, den Bau näher zu betrachten, merkt bald, daß wir es hier mit einem der schönsten stilreinsten Barockhäuser im weiten Umkreis zu tun haben. Der ganze Bau hat edle Verhältnisse. Das Portal, über dem sich ein Balkon mit feinstem barocken Geländer (mit Posthorn) befindet, ist von einer wundersamen Harmonie. In Stein gehauen, bemerkt man über dem Türsturz abermals den österreichischen Doppeladler. Die ovale vierstufige Treppe kann man sich nicht schöner denken, auch wenn sie ein wenig ausgetreten ist.

Es war im Jahre 1765, vor 185 Jahren, da der Friesenheimer Posthalter Franz Volmar um die Wirtshaus- und Schildgerechtigkeit für das "neue Posthaus zum Reichsadler" bat. Volmars Eingabe wurde genehmigt; daneben behielt er weiterhin das Schildrecht der "Krone", seiner "derzeitigen Behausung". Daß Volmar ein wohlhabender Mann war, ist aus der Art und Weise zu erkennen, wie er den Neubau erstehen ließ. Wenn auch das neue Posthaus in den "Kunstdenkmälern Badens" nicht genannt wird, es würde sich lohnen, jenem Mann nachzuforschen, der die Pläne zu dem Bauwerk fertigte.

Es ist bekannt, daß Friesenheim lange Zeit auch die Poststation für Lahr war. Dreimal wöchentlich brachte der Bote die Post von Friesenheim nach Lahr; dafür mußte eine Mehrgebühr entrichtet werden. Eine Eingabe der Lahrer Handelszunft im Jahre 1794 an Thurn und Taxis wegen Errichtung einer eigenen Poststation in Lahr hatte keinen Erfolg. Nachdem Lahr 1803 an Baden gefallen, wiederholte die Lahrer Handelszunft ihre Eingabe. Der Friesenheimer Posthalter Volmar nannte die Eingabe der Lahrer eine "eigenwillige lokal widrige Kaprize". Im Jahre 1820 wurde in Lahr endlich die erste Brieflade angebracht. Erst 1838 erhielt Lahr eine eigene Posthalterei, und zwar im Nebengebäude des Gasthofes "Zur Sonne", weshalb dieser Gasthof heute noch "Sonne-Post" heißt. Das neue Reichspostgebäude wurde 1891 bezogen.

Das alte Friesenheimer Postgebäude, das ein Stück mittelbadischer Post- und Verkehrsgeschichte repräsentiert, ging von Volmar an die Familie Killius, dann an die Familie Arnold über. Seit etwa 20 Jahren befindet sich der Gasthof im Besitz von Herrn Karl Kiesele, der in den rückwärts gelegenen geräumigen Nebengebäuden zugleich eine weitbekannte Kokosweberei betreibt. In nächster Zeit soll der Bau in seiner alten Schönheit unter fachkundiger Beratung wiederhergestellt werden. Wie aus einem Brief Hebels an Diakonis Christian Heinrich Müller in Lahr hervorgeht, war Hebel im Herbst 1804 im Friesenheimer Postwirtshaus zu Gast.

Das älteste Wirtshaus in Friesenheim, das als solches freilich längst nicht mehr besteht, war der Sternenberg. Jakob Brosamer "auf dem Sternenberg" hatte bereits im Jahre 1277 das Recht, "Wein auszuschenken". Die sog. Straußwirtschaften waren Bauernwirtschaften, wo nur der selbstgebaute Wein verzapft werden durfte. Erster "Schildwirt" wurde im Jahre 1699 ein gewisser Philipp Moser. 1715 hatte Friesenheim bereits drei Schildwirte. "Krone" und "Adler" (früher "Reichsadler") zählen neben dem "Ochsen" und "Löwen" zu den ältesten Friesenheimer Gasthöfen. Eingehender wurde die Geschichte der Friesenheimer Wirtschaften bereits von Otto Hagmeier in Folge 26 des "Altvaters" vom Jahre 1939 gestellt.


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Evangelische Kirche Friesenheim


Evangelisch Kirche Friesenheim - Der Kirchturm der Friesenheimer Turmkirche stammt, wie ein eingemauerter Grundstein zeigt, aus dem Jahre 1476. Das Kreuzgewölbe und der Turm mit gotischen Fenstern haben den großen Brand von Friesenheim im Jahre 1638 überdauert. Der heutige Turm ist daher im unteren Teil in der Originalbausubstanz aus dem Jahre 1476 erhaltenDie evangelische Kirche Friesenheims liegt nördlich des historischen Rathauses und hat einen großflächig von Sandstein eingefassten Kirchgarten. Dominant überragt der Glockenturm von 1476 das gesamte Ensemle und gibt Aufschluss über die Entstehungsgeschichte.

Die Reformation nimmt 1517 erst ihren Lauf und insodern war die evangelische friesenheimer Kirche nicht immer evanglisch sondern von Anbeginn ein katholisches Kirchhaus.

Auch das Langschiff der Kirche besteht noch nicht solange, wie der gotische Turm. Folgt man der Jahreszahl am Südportal der Kirche, stammt das Kirchenschiff aus dem Jahr 1768. Am östlichen Anbau (wahrscheinlich der Sakristei fällt besonders eine eingemauerte Sandsteitafel (Epitaph) auf, über welches Ekkehard Klem an dieser Stelle noch berichten wird.

Allen Besucher*innen - unabhängig ihrer Glaubensrichtung - bietet der Kirchgarten einen Ort der Ruhe und Erholung. Schattenspendende Bäume und stets eine frische Brise laden zum Verweilen ein.

Die Kirche verdankt Ekkehard Klem einen wertvollen Kellerfund, welcher bei Renovierungsarbeiten 'fehlgeleitet wurde' und in einem privaten Haushalt eine vorübergend 'neue Heimat' fand. Dabei handelt es sich um den Teil einer Grabplatte, welcher durch die Initiative von Herrn Klem 'seine ursprüngliche Heimat wieder fand'. Lassen wir Ekkehard Klem selbst erzählen:

Klem, Ekkehard: (Geroldsecker Land - Jahrbuch einer Landschaft (Heft 33 - 1991), Seite 112 - 115)

...Um die Bedeutung des Steinfundes näher zu beleuchten, muß auf die Baugeschichte der Evang. Kirche eingegangen werden. Der Kirchturm der Friesenheimer Turmkirche stammt, wie ein eingemauerter Grundstein zeigt, aus dem Jahre 1476. Das Kreuzgewölbe und der Turm mit gotischen Fenstern haben den großen Brand von Friesenheim im Jahre 1638 überdauert. Der heutige Turm ist daher im unteren Teil in der Originalbausubstanz aus dem Jahre 1476 erhalten, während das Kirchenschiff ein Barocklanghaus ist. Die Errichtung des Kirchenschiffes geht in das 18. Jh. zurück. Das Südportal der Kirche aus Sandstein ist in das Jahr 1768 datiert.

Wingenroth (1906) über St. Laurentium  arrowRight

Die Kirche des Jahres 1476 hatte bereits einen Vorgängerbau; diese Vorgängerkirche muß 1449 ein zweites Mal geweiht werden, als die Anhänger Diebolds von Geroldseck und Jakobs von Saarwerden auf dem Kirchenhof aneinandergeraten und ihren blutigen Streit auch in die Kirche tragen.

Nach der Reformation war die Kirche von 1566 an evangelisch, von 1629 an in der Gegenreformation wieder katholisch. Seit 1772 wurde die Kirche von beiden Konfessionen der Gemeinde Friesenheim simultan genutzt.

Das Simultaneum wurde 1913 aufgelöst; die katholische Kirchengemeinde hatte 1912 ein neues Gotteshaus im Stil des Neobarock gebaut, die St. Laurentiuskirche (vgl. Willi Hensle "Die St. Laurentiuskirche in Friesenheim und ihr Baumeister Raymund Jeblinger" in "Geroldsecker Land" Heft 22/1980 S. 161ff.). Die evang. Kirchengemeinde renovierte und erweiterte das alte bisher gemeinsame Gotteshaus, das in einem desolaten Zustand war.

Im Chor wurden die beschädigten Sandsteinplatten vom Boden entfernt, ein neuer Fußboden wurde verlegt. Bei diesen Arbeiten, bei der die evangelischen Gemeindeglieder ehrenamtlich mithalfen, verschwand dann die oben erwähnte Grabplatte mit der Datierung 1466 aus der evangelischen Kirche.

Weiter wurde während dieser Umbauphase ein Epitaphium aus dem Jahre 1612 aus dem Kircheninnern verbannt und in die Außenwand des neuen Kirchenanbaus eingemauert. Hier ist diese wertvolle Steinmetzarbeit nunmehr leider den Witterungseinflüssen ausgesetzt und verliert Jahr um Jahr an Substanz.

Max Wingenroth beschreibt in seinen "Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg" bereits 1908 diese Gedächtnisplatte. Er verweist auf die gute Renaissanceform des Epitaphiums.

Zu sehen ist ein Allianzwappen unter einem Bogen, welcher von Säulen flankiert wird, die das Gebälk tragen und von Rollwerk umgeben sind. Unter dem Wappen befindet sich die Inschrift, wonach der edlen, tugendreichen Frawen Justina von Giffen Wittibin gebornen Elhefin von Schelnpach... ihr Sohn Johann dies Gedächtnis hat machen lassen. Datum: 4. Februar 1612.

Die beiden wertvollen Grabplatten geben Zeugnis von der Geschichte des Friesenheimer Gotteshauses und sind ein Beweis für die Frömmigkeit unserer Ahnen. Der gefundene Grabstein aus dem Jahre 1466 ist im übrigen das älteste datierte Steinzeugnis in der Gemeinde Friesenheim. Mit seiner Datierung überflügelt er als Grabstein aus der Vorderkirche den Kirchturm der evangelischen Kirche aus dem Jahre 1476, das Heiligenzeller Schlößle mit seinem Grundstein von 1477, den Torpfosten in der Lahrgasse aus dem Jahre 1534 und sogar den alten Stockbrunnen in Friesenheim aus dem Jahre 1548.

Die Grabplatte ist inzwischen von der Gemeinde Friesenheim restauriert worden und hat unter der Kanzel der evangelischen Kirche einen würdigen Platz gefunden.
Die Grabplatte aus dem Jahre 1466, das älteste steinerne Zeugnis unserer Ahnen, ist damit der Nachwelt erhalten.


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Katholisches Pfarrhaus

Wappen am katholischen Pfarrhaus Friesenheim - ein Wappen des Klosters Schuttern, das daran erinnert, daß Bischof Konrad von Straßburg bereits im Jahre 1290 die Pfarrei Friesenheim dem Kloster Gengenbach inkorporierte

Zunächst überraschend treffen interessierte Besucher*innen des katholischen Pfarrhauses das Pfarrhaus an die evangelische Kirche direkt angrenzend und die katholische Kirche St. Laurentius steht deutlich weiter weg.

Eine zweite Überraschung - das katholische Pfarrhaus (erbaut 1753) ist älter, wie die katholische Kirche selbst. Erklären kann sich dies aus der Tatsache, dass begüterte Familien aus den Gemeinden Heiligenzell und Friesenheim aufgrund familiärer Bande Spenden an die Kirchenentwicklung - an beide Kirchengeeinden - fließen liesen.

Das katholische Pfarrhaus selbst - für die kleine Gemeinde zumal - ist ein prächtiger zweigeschossiger Barockbau mit Mansardenstuhl. Das überdachte Portal zudem eine mehrstufige Treppe - modern gefließt - führt wird mit einem Wappen der Schutternen Abtei gekrönt. Treppe und Trennung von Portal und Wappen durch die Überdachung dürften wohl kaum de ursprünglichen Baustil entsprechen.

Die oben genannten Merkwürdigkeiten erklärt uns Ekkehard Klem in seinem 1991 im Altvater erschienenen Beitrag weiter unten. Zunächst ein kurzes Zitat zum Wappen am Pfarrhaus:

Während an der bereits im Jahre 1136 urkundlich genannten evangelischen Pfarrkirche in Friesenheim ein Wappen an die "Edle und tugendreiche Frau Justina von Giffen, geborene von Schelnpach" erinnert, datiert vom 4. Februar 1612, finden sich über dem Portal des katholischen Pfarrhauses, das unmittelbar hinter der evangelischen Kirche liegt, ein Wappen des Klosters Schuttern, das daran erinnert, daß Bischof Konrad von Straßburg bereits im Jahre 1290 die Pfarrei Friesenheim dem Kloster Gengenbach inkorporierte. (Baader, Emil: Klosterwappen am Friesenheimer Pfarrhaus - Der Altvater, 22.9.1962)

Der Hobbyhistoriker Ekkehard Klem beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte Friesenheims und kann uns genaueres zu den Friesenheimer 'Kirchenphänomenen' berichten:

Klem, Ekkehard: Warum der Pfarrer seine Hintertür nicht benutzt Oder: Wieso hinter der evangelischen Kirche Friesenheim das katholische Pfarrhaus liegt (Der Altvater, 20.7.1991)

Eine falsche Jahreszahl und ein katholisches Pfarrhaus, das unmittelbar neben der evangelischen Kirche liegt - die neuzeitliche Friesenheimer Kirchengeschichte birgt allerhand Merkwürdigkeiten.

Gleich hinter der heutigen evangelischen Kirche in Friesenheim liegt das katholische Pfarrhaus. Früher gehörten beide Gebäude funktionell zusammen, und somit war es auch klar, daß der Pfarrer nach dem Gottesdienst den kürzesten Weg nach Hause nahm. Aus der Sakristei führte die Hintertür - mit der Jahreszahl 1786 auf dem Türbogen - von der Kirche direkt in den Kirchenwinkel und von dort aus durch ein wunderbar behauenes Sandsteinportal direkt in das Pfarrhaus. Die Sandsteinpforte wird von einem Inschriftenband umrahmt, dessen Schrift heute nur noch schwer zu entziffern ist.

Bei Wingenroth "Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden" aus dem Jahre 1908 finden wir Aufklärung, das steinerne Schriftband war seinerzeit noch gut entzifferbar und wird von Wingenroth wie folgt wiedergegeben: "Archipresbyter Jakobus Heid 1722 Conradus Rieh abbas in Schuttern". Im Schriftband haben sich somit die Erbauer der Pfarrhausmauer beziehungsweise des katholischen Pfarrhauses der Archipresbyter - der Name kommt aus dem Griechischen und bedeutet Erzpriester - Jakobus Heid und der Abt des Klosters Schuttern Conradus ein steinernes Zeugnis gesetzt. Leider ist die Torinschrift heute nur noch schwer leserlich, von der Jahreszahl 1722 sind nur noch die beiden letzten Ziffern vorhanden, auch am Schriftbild selbst hat der Zahn der Zeit kräftig genagt.

Ein Rätsel gibt uns die Nennung des Namens des Abtes Konradus auf. Sein Name ist in der Äbtefolge für das Jahr 1722 nicht aufgeführt. Im Handbuch zur Geschichte des Benediktinerordens "Germania Benedictina", Band V sind die Äbte von Schuttern verzeichnet, wir finden dort: Jakob Vogler (1688 bis 1708), Placidius Hinderer (1708 bis 1727), Franz Müntzer (1727 bis 1753), Karl Vogel (1753 bis 1786), Placidius III Bacheberle (1786 bis 1806). Nach dieser Äbteliste wäre der Bau der Pfarrhofmauer mit der Datierung 1722 dem Abt Placidius Hinderer zuzuordnen. Auch am katholischen Pfarramt selbst, das ein einfacher Barockbau des 18. Jahrhunderts darstellt, ist über dem Eingang in reicher Rocaille-Cartouche das Wappen des damaligen Abtes von Schuttern dargestellt. Die Beschreibung "CA Z. S. 1753" des Pfarrhauseingangs ist ebenfalls bei Wingenroth zu finden. Die Jahreszahl zeigt uns auf, daß das Pfarrhaus jüngeren Datums als eine Umfassungsmauer ist.

Vor Ort erwartet uns dann eine Überraschung, das Emblem über dem Eingang zum Pfarrhaus ist stark verwittert. Die Zahlen und Buchstaben sind vom Maler nur noch in vergoldeter Schrift aufgemalt, Buchstaben und Zahlen sind in erhabener Form nicht mehr feststellbar. Nach Rücksprache mit Malermeister Hechinger aus Friesenheim wird bestätigt, daß die Schriften bei der Restaurierung nur erahnt werden konnten, denn nur so ist es zu erklären, daß aus der richtigen Jahreszahl 1753 die falsche Jahreszahl 1667 wurde. Durch den Irrtum des Malers wurde das katholische Pfarramt einfach um nahezu 100 Jahre älter gemacht.

Anhand der richtigen Jahreszahl 1753 und der Buchstaben CA kann das Abtemblem dem Abt CA = Carolus Abbas, mit dem weltlichen Namen Karl Vogel (1753 bis 1786), zugeordnet werden. Abt Carolus führte, angepaßt an seinen Familiennamen, einen Vogel in seinem Wappen. Auf Grund seines Kirchenamtes wählte Abt Carolus Vogel den Pelikan als Wappentier. Der Vogel wird im Nest sitzend, seine Jungen mit dem eigenen Blut futternd, gezeigt. Mit seinem Wappen greift Abt Carolus auf die christliche Symbolik des Mittelalters zurück. Man nahm dort an, daß der Pelikan seine Jungen töte, nach drei Tagen aber mit dem eigenen Blut wieder zum Leben erwecke. Mit diesem, an den Opfertod Christi erinnernden Bilde, wurde der Pelikan Teil der christlichen Symbolik.

Der Bau des heutigen katholischen Pfarrhauses in Friesenheim ist baulich dem Kloster Schuttern zuzuordnen; es wurde während der Zeit der Gegenreformation als Pfarrhaus für den katholischen Geistlichen in Friesenheim erbaut. Warum mußte in Friesenheim ein neues Pfarrhaus gebaut werden? Während der Eroberungskriege des französischen Königs Ludwig XIV wurde im Jahre 1677 das Friesenheimer Pfarrhaus von den Franzosen in Schutt und Asche gelegt. Es dauerte also immerhin 76 Jahre, bis das zerstörte Gebäude wieder aufgebaut wurde und der Pfarrer in ein neues Pfarrhaus einziehen konnte.

Um verstehen zu können, warum die alte Friesenheimer Kirche heute protestantisch ist, das dazugehörige Pfarrhaus jedoch von der katholischen Gemeinde genutzt wird, müssen die Verhältnisse der Reformation, der Gegenreformation sowie das Simultaneum in Friesenheim näher betrachtet werden.

Die Kirche in Friesenheim war bis zum Jahre 1566 im alleinigen Besitz der Katholiken, danach, mit Einführung der Reformation, im alleinigen Besitz der Protestanten; ab 1629, unter dem Druck der Gegenreformation, wieder katholisch und erst seit 1772 wurde die Kirche von beiden Konfessionen simultan genutzt. Nach der Auflösung der Simultanverhältnisse im Jahre 1912 wurde die Kirche in Friesenheim evangelisch, das Pfarrhaus verblieb der katholischen Kirchengemeinde die sich ein neues Gotteshaus erbaute.

Nach diesen Schilderungen dürfte nunmehr klar sein, daß der heutige evangelische Pfarrer in Friesenheim keine Veranlassung hat, nach der Beendigung des Gottesdienstes über die Hintertür das katholische Pfarramt zu besuchen. Die Pforte in der Pfarrhausmauer hat seine Bedeutung verloren und erinnert nur noch an die ehemalige Nutzung der heutigen evangelischen Kirche durch die katholische Kirchengemeinde.


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Abtshof - Kloster-Kanzlei Schuttern


Schutttern ehemaliger Abtshof - Stattlicher Putzbau von 1788. Zweigeschossig mit Walmdach. Längsseite zur Straße mit sieben Achsen, die Schmalseite mit unregelmäßigen Fenstern. Hoher Kellersockel, darüber das Erdgeschoss mit zweiläufiger Freitreppe zur mittleren Haustüre führend. Unter der Kellertreppe Kellertor mit einfacher Türe, ebenso wie die Fenster in beiden Geschossen mit BandgewändenFährt man durch die Rheinebene auf das kleine Rieddorf Schuttern zu (ca 1.300 Einwohner), erwartet man nicht unbedingt Barocken Prunk. Infofern "überrascht" Schuttern mit einigen Eigenheiten. In der Hauptverkehrsstraße trifft man zum Beispiel auf ein stattliches Hochgebäude, welches nicht so richtig in die dörfliche Umgebung zu passen scheint.

In der historischen Ortsanalyse des Regierungspräsidiums Freiburg - Denkmalpflege wird dieses Bauwerk, wie folgt beschrieben:

Stattlicher Putzbau von 1788. Zweigeschossig mit Walmdach. Längsseite zur Straße mit sieben Achsen, die Schmalseite mit unregelmäßigen Fenstern. Hoher Kellersockel, darüber das Erdgeschoss mit zweiläufiger Freitreppe zur mittleren Haustüre führend. Unter der Kellertreppe Kellertor mit einfacher Türe, ebenso wie die Fenster in beiden Geschossen mit Bandgewänden.

An den Hauskanten Ecklisensen, zwischen den Geschossen jeweils verkröpftes Gesims. Das Traufgesims reich profiliert. Über der Haustüre das Klosterwappen: Schwein auf Fluss unter dem als Tor und Mauer dargestellten Kloster. Sandsteinplatte mit Festons des Ludwig XVI. verziert. Neben Wappen das Baudatum 1788.

Das Haus soll von 1808 bis 1810 Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbronn gehört haben.An der Erhaltung des Gebäudes besteht aus bau- und ortsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Dass hier vor Zeiten bereits "Größeres" geschehen sein muss, bleibt auch historisch weniger bewanderten Besuchern nicht verborgen. Die erhabene Treppe am Abtshof mit sandsteingefasstem Portal unter dem Abtswappen lässt die einstige Größe des Hauses erahnen. Im Wappenschuck zu lesen - 1788 - weist, wie zu vermuten ist, nicht das Jahr der ursprünglichen Erbauung aus, sondern die letzte Bauphase. Dies darf auch so verstanden werden, legt man die Informationen aus dem Altvater zugrunde:

Heute ist gewiß, daß der Glockenturm der Fulhabertorturm ist, daß aber der Ausdruck "bi den gloggen" oder "under den gloggen" auf die Gegend zwischen Zehntscheune und Roßstall hinweist. Dort hatte der Schmied Markolzheim seinen Arbeits- und Wohnplatz. Aber auch etliche andere Einwohner besaßen dort ihre "Häuser". Man geht nicht fehl, wenn man annimmt, daß die Glocken frei sichtbar dort aufgehängt waren, um Knechte und Mägde mit ihren unterschiedlichen Klängen zu den unterschiedlichen Arbeiten oder Ruhepausen zu rufen. Vom ehemaligen Torturm herab ertönte aber die Glocke als Signalglocke für alle Bürger der Stadt. Die Dienstherren am Platz "unter den Glocken" waren ohne Zweifel der Keller Symont (Sigmund) Fries und der Schaffner. Der letztere ist um 1356 nicht genannt. Erst später erfährt man vom Lawelin Scheffer, der beim Schutterner Abtshof wohnt. (Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 14. Jahrgang, Sonderbeilage, Donnerstag, 9. August 1956, Seite 5 - 6)

Marie Antoinette im Kloster Schuttern  arrowRight

Dass dieser herrschaftliche Bau - das "Abteibäude" dennoch nicht immer allen Ansprüchen genüge leisten konnte (ein weiterer Beleg für die Existenz bereits vor 1788), geht aus einer Information des Besuchs der späteren der späteren französischen Königen Marie Antoinette hervor:

Emil Baader: Weltgeschichte im Heimatgau - Marie Antoinettes Herberge im Kloster zu Schuttern (3. Jahrgang, Folge 50, 19. Dezember 1936)

Zwischen Offenburg und Lahr, inmitten der Rheinebene, liegt das Rieddorf Schuttern, dessen schöne Barockkirche, im Stil des Palais Rohan in Straßburg erbaut, an einstige Klosterherrlichkeit erinnert. Das Benediktinerkloster Schuttern, durch Kriege und Brände immer wieder zerstört, 1805 aufgehoben, war die älteste klösterliche Niederlassung in Baden. Abgesehen von der Klosterkirche, der Klostermühle und den Klostermauern ist von dem im Mittelalter hochberühmten Kloster so viel wie nichts mehr vorhanden. Vom großen Ansehen des Klosters kündet die Tatsache, daß Kaiser Heinrich II. auf der Fahrt von Basel nach Straßburg hier zu Gast war, daß Kaiser Maximilian das Kloster besuchte, daß der französische Dauphin 1744 längere Zeit hier weilte. Die interessanteste Episode in der bunt bewegten Geschichte dieses Klosters ist aber der Besuch, den die kaiserliche Prinzessin Marie Antoinette, damals Braut des französischen Thronfolgers, auf ihrer Fahrt von Wien nach Paris dem Kloster abstattete. Schuttern war die letzte Herberge der Prinzessin auf deutschem Boden. Der 20jählige Klosternovize Benedikt Seger berichtet in den Klosteranalen eingehend über den außerordentlichen Besuch.

Die Klosterschaffnei Schuttern und die Herren von Geroldseck arrowRight

In den ersten Tagen des Jahres 1770 meldete bereits ein kaiserlicher Kurier die Ankunft der Prinzessin. Große Vorbereitungen wurden sofort in Angriff genommen. Alle Gemächer des Klosters wurden prächtig ausstaffiert. Es wurde sogar an Sonn- und Festtagen gearbeitet. Dennoch fand man es am Tage vor der Ankunft (5. Mai 1770) für nötig, den Gästen die Zellen der Patres, Brüder und Novizen anzuweisen, weil für das zahlreiche Gefolge der Prinzessin sämtliche Gelasse des Abteigebäudes sich als unzulänglich erwiesen. Am Nachmittag des 5. Mai kamen drei Wagen mit Tafel- und Küchengerätschaften an, denen unmittelbar ein Wagen, mit den feinsten Weinen beladen, folgte. Diese Wagen zogen immer der Prinzessin voraus, nebst vier oder fünf Köchen, welche die Speisen bereiten mußten. Am 6. Mai, frühmorgens 5 Uhr, kamen 12 kaiserliche Nobelgardisten. Nun trafen auch viele Fremde ein. Darunter befand sich der ehrwürdige Abt Jakob Trautwein von Gengenbach sowie der Probst des Kollegialstiftes in Baden-Baden, der Bruder des Abtes von Schuttern. Die Zahl der Gäste war inzwischen immer größer geworden. Die Nobelgardisten titulierten den Abt von Schuttern bereits Exzellenz, welcher Titel ihm von Marie Antoinette und dem Fürsten Starhemberg im Auftrag des Kaisers erteilt wurde. Bei der Tafel saßen alle Patres und Novizen an ihren gewöhnlichen Plätzen, ihnen gegenüber aber saßen in langen Reihen die Gäste. Nach dem Mittagessen begab sich die ganze Klostergesellschaft ins Abteigebäude. Man erwartete Kopf an Kopf gedrängt die Ankunft der zukünftigen Königin von Frankreich. Der Abteihof füllte sich mit einer großen Menge von Fremden, welche sich dieses Schauspiel ansehen wollten. Ein Klosterbediensteter, den man abgeschickt hatte, das Herannahen der Prinzessin zu beobachten, sprengte daher und meldete die Ankunft. An der Pforte des Abteigebäudes stellten sich die Mönche nach dem Alter in zwei Reihen auf; an die Laienbrüder schlossen sich die Klosterbeamten an. Der Abt stieg die Treppe der Kanzlei herab, um die Prinzessin beim Aussteigen aus dem Wagen zu begrüßen.


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Rathaus Schuttern

Früher Wirsthaus in Schuttern danch Rathaus -Eingeschossiges Wohngebäude auf einem Kellersockel mit Krüppelwalmdach und Zwerchhaus über dem Eingang mit doppelläufiger Treppe. Der seit 1804 bekannte Gasthof wurde 1907 nach Plänen des Architekten Hermann Müller, Lahr, umgebaut. Von damals stammt auch der offene Dachreiter mit Glocke.Das Rieddorf Schuttern besitzt ein Rathaus, welches zu früheren Zeiten als Gasthaus erbaut wurde. Die Anlage vor dem Gebäude - einer kleiner Park mit Brunnen und Mahnmal gibt dem Rathaus für diesen kleinen Ort einen "schmucken Rahmen" und lädt zum Verweilen ein. In der Historichen Ortsanalyse des Regierungspräsidiums Freiburg wird die baulische Substanz, wie folgt beschrieben:

Eingeschossiges Wohngebäude auf einem Kellersockel mit Krüppelwalmdach und Zwerchhaus über dem Eingang mit doppelläufiger Treppe. Der seit 1804 bekannte Gasthof wurde 1907 nach Plänen des Architekten Hermann Müller, Lahr, umgebaut. Von damals stammt auch der offene Dachreiter mit Glocke.

Erhaltenswert ist der gestaltete Platz mit dem Gefallenendenkmal und dem Wegkreuz. Er bildet zusammen mit dem Rathaus einen Ortsmittelpunkt. Das Gefallenendenkmal auf umfriedetem Platz gegenüber dem Rathaus. Hier befindet sich seit 1807 auch ein Wegkreuz, gestiftet 1765.


An der Erhaltung des historischen Rathauses besteht aus ortsgeschichtlichen und bauhistorischen Gründen ein öffentliches Interesse.

(Regierungspräsidium Freiburg - Denkmalpflege)

Aus der Legende am Rathaus Schuttern:

Das Rathaus wurde im Jahre 1804 erbaut,
bereits vor der Auflösung des Klosters Schuttern.
Schon damals war absehbar, dass nach der Auflösung der
klösterlichen Verwaltung dringend eine eigene
Verwaltungsstruktur benötigt wird.
Zuerst war das Gebäude ein Stubengasthaus mit einer
Ratsstube. Später wurde es nur als Rathaus verwendet mit
einem Bürgersaal, einer Wache, einem Arrestraum und
einem Raum für die Feuerlöschgeräte...

Aus diesem seinerzeit vorausschauendem Ansatz, eine notwendige Verwaltungsstruktur nach Auflösung des Klosters Schutterns zu schaffen, wird deutlich, wie sehr die Klosterinstanzen bis zur Säkularisierung in das Ortsgeschehen wirkten. Nicht nur eine Befreiung aus den klösterlischen Pflichten stand bevor. Neu Aufgaben fielen der Ortsverwaltung zu, weshalb ein Rathaus einzurichten war. Wie drängend die Bildung dieser neuen Verwaltungstruktur war, kann der Tatsache entnommen werden, dass auch Klostereigentum in die Verwaltung überging und in die Versteigerung fielen:

Klosterbesitz in Schuttern 1821 öffentlich versteigert

(Der Altvater - Beilage der Lahrer Zeitung für Heimatkunde und Kulturgeschichte, 44. Jahrgang, Nummer 20, 4. Oktober 1986 - Schriftleitung: Emil Ell, Seite 80)

Schuttern, 13. Oktober. Aus dem ehemaligen Klosterbesitz in Schuttern werden am 29. Oktober versteigert:

1. Die sämtlichen vormaligen Schütterer Klostergebäude, welche in 16 schickliche Abteilungen eingeteilt werden.
2. Der dabei liegende, in 36 Bester Feld bestehende, vormalige Klostergarten, welcher ebenfalls in kleine Teile, jeder zu zwei Sester Feld, eingeteilt werden.
3. Die hinter dem Kloster über der Schutter liegende, 26 Tauen große, sogenannte Elzmatte, welche gehörig gewässert werden kann, und zu den besten Matten gehört.
4. Der nächst dabei liegende, fünf Tauen große sogenannte Baumgarten, welcher ebenfalls unter die besten Matten zu rechnen ist.
5. Die in dem Garten befindliche vormalige Gärtnerwohnung, nebst dazu gehörigem Gartenanteil.
6. Die in dem Klosterhof befindlichen, an der Schutter liegenden, Mühlgebäude mit zwei Mahlgängen und Hanfreiben versehen.

Die Versteigerung findet im Adlerwirtshaus statt und beginnt morgens um 8 Uhr. Wer die Güter in Augenschein zu nehmen gedenkt, melde sich bei Gärtner Alblinger in Schuttern. 



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s Gilge Hus


s' Gilgsche Huus in Friesene - Zwischen Kirche und Rathaus erhebt sich ein Gebäude seltenen Stils. Es ist das ehemals Gilgsche Anwesen, das wohl vor 25 Jahren den neuen Besitzernamen Kautz zugeschrieben bekam, im Volksmund jedoch immer noch FRIESENHEIM. Die Holzdielen knarren hier seit Jahrhunderten, dennoch lässt es sich im ehemaligen "s’Kautzens" gut leben. Markus Rauch hatte wohl den richtigen Riecher, als er 1999 das älteste Haus Friesenheims kaufte. Dessen Geschichte reicht wahrscheinlich bis in die Renaissance zurück. Heute ist es ein kuscheliges Familienheim, mit Nischen, Ecken und Dachschrägen. (aus Badische Zeitung Sa, 17. November 2018)

Hinter dem historischen Rathaus von Friesenheim (Nordseite) schmiegt sich geduckt und dennoch auf hohem Sockel das älteste Haus Friesenheims. Meisterhaftes Fachwerk und ein Krüppelwalmdach zieren das Haus. Die niederen Fenster auf der Traufseite erwecken den Eindruck, dass die ursprünglichen Bewohner hier wohl 'nicht die Größten' waren.

Der Altvater - Heimatblätter der Lahrer Zeitung, 16 [=17]. Jahrgang, 10. Folge, 23. Mai 1959, Seite 40

Wer auf der "beinahe schon historisch" gewordenen Brücke bei der Brauerei Neff rundum schaut, entdeckt vieles, was Friesenheim über Jahrhunderte hinweg das Gepräge gab. Da ist in nächster Nähe einmal der Stockbrunnen, der aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt. Dann erblickt der Beschauer den Turm der evangelischen Kirche, der als einziges Ueberbleibsel aus dem 30jährigen Krieg gelten darf. Kirchenschiff und Turmspitze wurden in späteren Jahren neu errichtet. Mitten in den doppelten Straßenzug der Hauptstraße hat man vor etwa zwei Jahrhunderten das Rathaus gestellt. Wer ahnte damals, welches Verkehrshindernis dieses Gebäude im 20. Jahrhundert bilden würde? Viele Fachwerkhäuser an den verschiedenen Straßen und Zinken künden von einer ausgeprägten Handwerkskunst, aber auch vom Holzreichtum der Gemeinde.
 
Zwischen Kirche und Rathaus erhebt sich ein Gebäude seltenen Stils. Es ist das ehemals Gilgsche Anwesen, das wohl vor 25 Jahren den neuen Besitzernamen Kautz zugeschrieben bekam, im Volksmund jedoch immer noch "'s Gilge Hus" genannt wird.

An einem Eckstein des Hauses läßt sich die Jahreszahl 1772 entziffern. Jeden Kenner vergangener Bauepochen dürfte diese Zahl stutzig machen. Weist doch der Fundamentaufbau um einige Jahrhunderte zurück, und man dürfte kaum fehl gehen, das Gebäude in jene Zeit des 15. Jahrhunderts einzustufen, als Kirche und Stockbrunnen gebaut wurden. Das über drei Meter hohe Fundament - manchmal wird auch "Sockel" gesagt ist - aus großen Bruchsandsteien gemauert. Die kleinen Kellerfenster wirken gleich Schießscharten. Durch die Bauart des Sockels bildet der Keller eine Kuriosität besonderer Art. Stützmauern und Bogengewölbe lassen dunkle Nischen erstehen, die Verstecken ähneln, zugleich aber eine Kühlanlage abgeben, in der die Frauen des Hauses ihre Küchenvorräte aufbewahren können.

Recht putzig hat man in einer späteren Zeit - hier dürfte die Jahreszahl 1772 zutreffen - das Wohngebäude auf den wuchtig-hohen Sockel gesetzt. Kleine, vielgeteilte Fenster und eine Laube an der Giebelseite lassen vermuten, daß der Erbauer das Schwarzwaldhaus als Vorbild nahm.

Natürlich steht das Gilgsche Haus unter Denkmalsschutz. Dieser Umstand waa [sic!] es in den letzten Monaten, der dieses älteste Friesenheimer Anwesen in den Vordergrund treten ließ. Wollte doch der Besitzer Kautz im Innern des Hauses weitere Wohnräume schaffen, so daß sich durch Fenstereinbau eine geringfügige Veränderung der Außenfassade ergab. Nach Verhandlungen des Architekten Rottler mit dem Freiburger Amt für Denkmalsschutz und nach verständnisvollem Entgegenkommen des Besitzers wurde ein Weg gefunden, ohne dem Stil des Hauses zu schaden.

Auch beim Anbringen des Außenputzes gab es eine Stockung, da eine vorgesetzte Baubehörde andere Vorschläge hatte. Diese Klippe konnte schließlich übersprungen und die Renovierung fertiggestellt werden. Nunmehr sind die Gerüste verschwunden. Aus dem Hell der Wände heben sich dunkel das Fachwerk und die Laube ab. Die wuchtigen Sandsteinquadern des Fundaments kontrastieren zum Oberbau im harmonischen Spiel der Farben.

Wenn vom Gilgschen Haus gesprochen wird, erinnert man sich gerne der Sagen und Mären, die seit Jahrhunderten um das Haus gesponnen wurden. So erzählt man, daß in die Fundamente Gold eingemauert sei, daß im Keller eine Trotte gestanden hätte, auf der im 30jährigen Krieg die Menschen gefoltert wurden, und daß ein Vorfahr der Hausbesitzer, nachdem die Einwohner bereits in die Wälder geflüchtet waren, sich vor den Kriegsgesellen in einem Schnitzgratten (großer Weidenkorb zum Aufbewahren der Dörrobstes) verkrochen hätte. Dieser wurde zwar in seinem Versteck gefunden, doch sei ihm kein Haar gekrümmt worden, da die von Regen durchnäßten Soldaten lediglich trockene Kleider suchten.

Noch vieles aus dem Reich der Fabel wäre über das Gilgsche Haus zu erzählen, doch da es nun in seinem neuen Gewand wieder recht schmuck dorfab, dorfauf schaut, sollen ihm diese Schauermärchen erspart bleiben.


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