Geschichte des Hauses und Landes Fürstenberg aus Urkunden und den besten Quellen II
von Dr. Ernst Münch Aachen - Leipzig 1830


Erstes Kapitel S. 1 ff.

Die Jugend und die ersten Kriegsttaten Graf Wilhelms von Fürstenberg. Verhältniß zu seinem Bruder Friedrich, als Mitregent der Fürstenberg’schen Landschaften.

Wilhelm von Fürstenberg, älterer Sohn des Grafen Wolfgang, welcher unter Marimilian I. eine so glänzende Rolle gespielt, und Bruder Friedrichs, welcher die besondere Gunst Karls V. besaß, wurde im Jahre 1492, am Tage nach der Erscheinung des Herrn, geboren und zu Haslach getauft und gefirmelt.(1)

Seine Jugend verstrich unter manchen seltsamen Abentheuern, welche die Sage unter dem Volke, wie unter seinen Waffenbrüdern eifriger, als die Geschichte, aufbewahrt hat; und bereits zeigte sich in dem Knaben, was dereinst von dem Manne erwartet werden durfte.(2)

Kaum 10 Jahre alt, wurde er nach Freiburg im Breisgau zu einem gewissen Priester Nikolaus, Magister der freien Künste, geschickt, welcher sofort über seine Studien, wie über sein sittliches Betragen genaue Aufsicht tragen sollte. Der Pfaffe, von mehr Gutmüthigkeit als Verstand, ließ sich den jungen Herrn äußerst angelegen seyn und unterwarf ihn der strengsten und unmittelbarsten Aufsicht; allein der feurige Geist in dem Jüngling Vertrug sich mit solcher Beschränkung seiner Freiheit nicht, und er wußte auf sehr humoristische Weise längere Zeit alle Anstrengungen seines Lehrers zu vereiteln, bis derselbe, zu Aufrechthaltung des kleinen Restes von Lehreransehen, genöthigt wurde, seiner sich gänzlich zu entschlagen und den Eltern ihn zurückzugeben.(3)

Wilhelm murde sofort zum Behufe seiner weitern Erziehung nach Burgund geschickt, wo er, sobald die Jahre nur zureichten, in Kriegsdienste trat, indem das Waffenhandwerk mehr, denn alles Übrige, ihm zusagte. Bald erwarb er sich durch ungewöhnliche Kühnheit, durch ein männliches Äußere bei geringen Jahren, und durch frühe Einsicht in alle Beziehungen des Kriegshandwerkes, großen Ruhm.

Damit verließ er den Saal. Die Rathsherren lachten seiner Einfalt und ließen für diesmal die Sache auf sich beruhen. Als jedoch Graf Wilhelm das Spiel von Neuem und zwar noch stärker und wilder trieb als zuvor, so sah sich der Magistrat veranlaßt, in Verbindung mit dem Rektorat der Hochschule, eine neue Untersuchung vorzunehmen.

Meister Nikolaus, abermals vorgeladen, wurde der Länge nach aller jener Dinge berichtet, welche den Gegenstand der Beschwerde des Tages bildeten. Man gab sich Mühe, ihn dahin zu vermögen, daß er doch nicht blindlings glauben, sondern mit eigenen Augen sich überzeugen möchte, ob der Graf denn auch wirklich in seinem Bette liege. Er verstand sich dazu, wiewohl mit Widerstreben. Als nun nach einigen Tagen Wilhelm vermeinte, alles sey wieder vergessen und beschwichtigt, schlich er zur Nachtzeit sich, wie gewöhnlich, aus dem Hause und zu seiner Gesellschaft. Diesmal aber kam der Pfaff zu seinem Verstande wieder, denn er ging wie sonst zu dem Bette des Grafen und riß, nachdem er die oben erwähnte Antwort auf seine gewöhnliche Frage erhalten, die Decke weg, besah den Jungen und überzeugte sich von dem Betrug. Der unglückliche Pylades wurde hart gezüchtigt, der junge Graf aber, als er von seinem nächtlichen Spaziergange in die Wohnung sich zurückschleichen wollte, von dem Tiefzürnenden gar nicht mehr eingelassen. - Also meldet mit gemüthlicher Laune die Zimmern’sche Chronik, welche der Schwank nicht wenig erfreut.

Denn obgleich kaum 14 Jahre alt, waren dennoch alle physischen und geistigen Fähigkeiten bereits in ihm wunderbar entwickelt, und sein Vater hatte die tröstliche Hoffnung, daß Wilhelm den alten Reichthum des Geschlechtes durch Heldensinn vermehren würde, während sein anderer Sohn, Friedrich, mehr zu ruhiger Verwaltung des ihm einst andvertrauten Landes und zu diplomatischer Wirksamkeit in Angelegenheiten von Kaiser und Reich - nach dem Beispiel vieler seiner Vordern - sich hinneigte. Wilhelm, durch seine Persönlichkeit vielen jungen Männern seiner Zeit überlegen, war in den Herzen der Frauen, wo er hinblickte, siegreich. Vor allen aber fesselte ihn die Gestalt der schönen Gräsin Bonna von Neufchatel und Blamont; er warb um sie und erhielt ihre Hand und mit derselben ein sehr beträchtliches Heirathsgut.(4) Kaiser Maximilian I. gab ihm die Erlaubniß, die Reichspfandschaft Ortenderg mit 24.000 rheinischen Gulden hiefür als Widerlage zu verschreiben.(5) (1506.)

Mehrere Jahre verlebte er mit dieser seiner Gemahlin zu Elincourt; als jedoch sehr frühe der Tod sie ihm entrissen, verließ er jene Gegenden, welche immerfort an den theuern Verlust ihn erinnerten, und er vertauschte seine Güter, meist um die Hälfte des Werths, an den reichen Wechsler Gabriel Salamanka(6) und zog nach Straßburg, wo er ein eigenes Haus in der sogenannten Judengasse besaß. Hier und in Ortenberg wohnte er abwechselnd und führte, seine Herrschaften in der Ortenau und im Kinzinger Thale von da aus verwaltend, "ein wunderbarlich seltsames Regiment".(7)

Im Jahre 1510 wurde der Graf zum Landvogt in der Ortenau ernannt, und erhielt, gemeinschaftlich mit seinem Bruder Friedrich, vom Kaiser die Bestätigung aller jener Rechte und Freiheiten, welche seine Vorfahren, zumal Graf Wolfgang sein Vater, vom Reiche genossen.

Darunter gehörte namentlich die Vergünstigung, weder selbst, noch durch das Organ seiner Diener, Amtsleute und Unterthanen, vor dem kaiserlichen Hofgericht zu Rottweil, oder irgend einem andern fremden Land- und westphälischen Gerichte auf geschehene Vorladungen erscheinen zu dürfen. Selbst Ächter und Aberächter sollten sie befugt seyn zu enthalten.(8) Es scheint, daß er gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich einige Zeit nachher in Spanien verweilt und Karl (V.) freundlich seiner sich angenommen habe.(9)

In Gesellschaft der Herren von Zimmern und anderer Verwandten des Hauses ist der Graf um diese Zeit oftmals bei fröhlichen, wie bei Trauerfesten mehrfach gesehen worden.

Auch die Mutter, Elsbeth, deren jovialer Geist auf ihn übergegangen zu seyn schien, während der denkendere Friedrich mehr nach des Vaters Ernst sich bildete, hat er Von Zeit zu Zeit besucht.(10)

Wilhelm widmete sich nunmehr um das Jahr 1512 dem Kriegsdienste des Kaisers, welcher schon früher ihn zum Rath und Hauptmann in der Ortenau bestellt hatte;(11) und erhielt noch in demselben Jahre den Befehl, mit 16 gerüsteten Pferden und einem Edeln sich zum Reichsheer zu stellen, um den Feldzug wider die Venetianer mitzumachen, welchen übermüthigen Republikanern Maximilian Untergang geschworen hatte. Es scheint, daß der Graf während desselben, wenn auch nicht eben glänzende Thaten vollführt, doch aber des Kaisers besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen und den Ruhm vielen persönlithen Muthes sich erworben habe.

Über sein ferneres Thun und Treiben vom Ende dieses Krieges bis 1514 fehlen beinahe alle Nachrichten. Es ist aber wahrscheinlich, daß sein Leben während dieser Zwischenzeit einen rein bürgerlichen Charakter trug; daß er bei süßem Liebesspiel(12) und im Umgange mit ritterlichen Freunden die träge Flucht der Stunden beflügelte. Blos eine kleine Fehde mit Michael Bozheim, entstanden aus unbekannter Veranlassung und ohne besonderes geschichtliches Interesse, beschäftigte ihn eine Weile auf ernstere Art. Ein Vergleich schlichtete endlich den Handel. Bis Austrag der Sache verpflichteten sich beide Theile, ferner wider einander nichts vorzunehmen.

Die Entscheidung selbst wurde zwei Bevollmächtigten des Kaisers, Christian Schenk von Limburg und Hans von Landau, Schatzmeister, übertragen.(13)

Der Graf, so leichtsinnig er bisweilen die Einkünfte der bereits besessenen Herrschaften veschleuderte, war gleichwohl wieder auf das Gesammtinteresse des Hauses und auf Erwerb neuer Besitzthümer sorglich bedacht. So brachte er das Dorf Unadingen, nebst Zehnten, Frohnen, Gefällen und Kirchensatz, von Barbara Von Almenshofen und deren drei Söhnen, Philipp, Oswald und Ludwig, käuflich an sich; ferner das Dorf Mauchen und das Schloß Grünburg, sammt dem dazu gehörigen Weiher; und zwar alles dies für die Summe von 3.572 Gulden.(14)

Solches geschah im Jahre 1513. In eben demselben ward ihm auf kaiserlichen Befehl die Raigerhut übertragen und zu Bestrafung der Frevler uneingeschränkte Vollmacht ertheilt.(15)

Wichtiger, als die oben erwähnte Fehde mit Bozheim, war die Irrung zwischen Graf Wilhelm und Jörg Staufer von Blassenstaufen, welche im Jahre 1514 sich entsponnen. Die schändliche Untreue eines Vasallen und Dieners, auf welchen Wilhelm das größte Vertrauen gesetzt, veranlaßte sie. Der Graf hatte Jörg Staufern, herzoglich würtemberg'schen Vogt in Kirchheim, auf dessen dringendes Ansuchen, in seine Dienste aufgenommen und zum Amtmann oder Schloßvogt der wichtigen Veste Wartenberg ernannt. Allein das gute Verhältniß währte nicht lange.

Der Staufer - wir wissen nicht aus welchem Grunde - vielleicht auf Antrieb Herzog Ulrichs, seines ehemaligen Herrn, der nach der Hohen-Krähen Gelüsten trug, lieferte, als der schwäbische Bund, von welchem Graf Wilhelm selbst ein Mitglied war, jenes berüchtigte Raubschloß belagerte,(16) ohne Wissen und Willen seines Herrn, alles Geschütz und Pulver, so auf dem Wartenberg gestanden, dem von Friedingen und den übrigen Belagerten geradezu in die Hände; ja, um das Maaß des Frevels zu füllen und, da er den Bruch mit dem Grafen für unvermeidlich sah, mit so reicher Beute als möglich, zu scheiden, plünderte er die ihm anvertraute Burg selber rein aus und flüchtete sich sofort. Diese That entflammte das Gemüth des Grafen eben so sehr zur Rache, als sie ihm persönlich großen Nachtheil drohete. Es betrachtete der schwäbische Bund eine Zeitlang das Geschehene als Wilhelms eigenes Werk, und Kaiser Max verwies ihm die Sache auf das Bitterste. Wenig fehlte es, und Fürstenberg wäre zu aller erlittenen Einbuße noch geächtet worden; endlich gelang es ihm, Kaiser, Stände und Bund von dem wahren Zusammenhang der Sache zu überzeugen. Er sann nun auf Züchtigung des Verräthers; aber derselbe rüstete sich zu Fuß und zu Roß eifrig zum Widerstande. Von beiden Seiten wurden kleine Sträuße bestanden und Gefangene eingebracht. Weiteres geschah jedoch nichts.

Endlich legte sich Herzog Ulrich von Würtemberg in die Sache und trachtete, durch Wilhelms Verwandten, den Grafen Christoph von Werdenberg, dieselbe zu mitteln. Lienhard von Reischach und Dieterich Späth wurden an denselben abgesendet. Sie ritten mit ihm nach Geisingen, um die nöthige Verhandlung über den Vergleich zu pflegen. Mittlerweile hatten die Fürstenberg’schen den Wartenberg wiederum besetzt und Verschiedene Anhänger Staufers gefänglich abgeführt.

Die Abgeordneten des Herzogs entwarfen eine Richtung und übersandten sie beiden Theilen. Jörg Staufer nahm sie an; des Grafen Meinung wurde erst abgewartet. Von beiden Seiten sollten die Gefangenen nach Sigmaringen abgeliefert und daselbst gegeneinander ausgewechselt werden.

Der Graf von Werdenberg hatte im Namen seines Schwagers diesen Artikel ohne Weigerung zugegeben; allein die Amtsleute des Letztern, in Folge erhaltener geheimer Befehle, weigerten sich, die auf dem Fürstenberg Verhafteten ihrerseits loszulassen. Darüber führte Christoph bittere Beschwerde, da seine Ehre mit in dem Spiel war, und bearbeitete demnach seinen hartnäckigen Sippen zu gütlichem Vergleich, welcher schon bei einer Zusammenkunft zu Müllheim, in Beiseyn der Edlen Wolf von Homburg und Jörg von Roggenbach, entworfen worden war.(17)

Ehe wir nunmehr zu den bedeutenden Lebensmomenten Grafen Wilhelms, zumal zu seinen Kriegsthaten in französischen und kaiserlichen Diensten, übergehen und zu dem, was er außer diesen beiden Verhältnissen im teutschen Reiche sonst wohl Denkwürdiges vollbracht, wird es nicht unzweckmäßig seyn, gleich hier im Zusammenhange eine Übersicht der häuslichen Verhältnisse und all dessen zu geben, was jener in Bezug auf die Herrschaftsrechte an den Fürstenberg’schen Besitzungen während seines Lebens unternommen und vollführt hat.

Seit dem Tode Wolfgangs, ihres Vaters, hatten beide Brüder die Landgrafschaft Baar gemeinschaftlich regiert. Die Herrschaften im Kinzingerthal waren ihrer Mutter, Elisabeth von Solms, für Lebensdauer als Witthum, übertragen. Nunmehr aber, am 10. Mai 1515, überließ Friedrich seinem Bruder alle ihnen Beiden gemeinschaftlich zugefallene Besitzungen.(18)

Es schien jedoch diese allzu starke Großmuth bald ihn gereut zu haben, denn schon nach 2 Jahren tritt er wiederum neben Wilhelm als Mitregent in Urkunden auf. Vielleicht sah er die Nothwendigkeit ein, bei dem Hange Wilhelms zu unsteter Lebensweise, wenigstens für einen Theil der alten Stammherrschaft nach Kräften Sorge zu tragen.

An U. L. F. Himmelfahrt erschienen beide Brüder vor dem Landgerichte zu Fürstenberg, welchem Alexander Rösch, Ritter Konrad von Schellenberg, Junker Jakob von Schaumburg, Georg von Roggenbach, Junker Georg Stähnlin von Stockburg, Hans von Brunickhofen, Friedrich Münch von Rosenberg und Kaspar Neesen von Neidingen beisaßen.

Vor diesen wurde ein neuer Vertrag geschlossen, laut welchem Graf Wilhelm seinem Bruder Friedrich die Regierung über das gesammte Erbland zurückgab und sich blos ein Einkommen von 3.000 Gulden rheinisch vorbehielt.(19)

Auch dieser Vergleich dauerte nicht über sieben Jahre. Schon vor unvordenklicher Zeit besaßen die Fürstenberger das im Amte Haslach gelegene Schloß Heidburg sammt dem gehörigen Maiergut und überließen solches 1351 pfandschaftlich, jedoch mit Vorbehalt der Wiederlösung um 350 Mark Silber, an Frau Elisabetha Sozin zu Freiburg. In der Folge kam das Schloß an die Tübinger, die Klingenberge und Falkensteiner. Fürstenberg sann schon 1368 auf Wege, dies Besitzthum wieder einzulösen, und führte auch am Pfandschilling bereits einen Theil. (125 Mark Silber.)

Man suchte später auch die weitern Rückstande einzulösen; allein die zwischen den Inhabern der Pfandschaft, sowohl hinsichtlich der Lösesumme, als der Gerichtsbarkeit und Jagd-Gerechtsame zu Heidburg, erwachsenen Irrungen erschwerten diesen Akt viele Jahre hindurch, bis endlich Graf Wilhelm ins Mittel trat und 1519, gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich, Schloß und Veste, nebst Zugehörden, von Sigmund von Falkenstein um 3.322 Gulden durch Kauf an sich brachte.(20)

Wir finden den Grafen zunächst nun bei dem feierlichen Einzuge Wilhelms von Honstein, Bischofs zu Straßburg, in diese Stadt, im Oktober 1507; die Hanau und die Bitsch wohnten gleichfalls bei.

Es trug Wilhelm die Wappen der Familie des Prälaten, zur Linken desselben, vor; neben ihm trug Graf Reinhard von Zweibrücken das Fähnlein der Landgrafschaft Unter-Elsaß.(21) Als das Jahr darauf der Abt Von Gengenbach, Philipp von Eselberg Schritte machte, um von Rom die Erlaubniß zu erwirken, daß das Kloster in ein weltliches Stiffverwandelt werden dürfe, schirmte Wilhelm als Kastvogt die alten Rechte desselben und nahm den neuernden Vorsteher gefangen.(22) Gemeinschaftlich mit Herzog Ulrich von Würtemberg, besuchte er 1510 den Reichstag zu Augsburg. Wer die Grafen Heinrich, Felix und Wolfgang zu Fürstenberg gewesen sind, welche Crusius dem Wormser Reichstage Vom Jahre 1521 beiwohnen läßt, ist schwer zu begreifen, da die zwei erstern dieses Namens gar nicht existirten und der dritte längst gestorben war.(23) Man ersieht also hieraus, wie wenig sich oft auf die Glaubwürdigkeit jenes zu verlassen sey.

Im Jahre 1520 belehnte der Graf Johann von Hornberg mit einem Lehen zu Schnelliugen.(24) Zwei Jahre später endigte der mit Friedrich geschlossene Erbvergleich. Wilhelm fand in den vorbehaltenen 3.000 fl. sein Auskommen nicht, daher eine neue Theilung, Dienstag nach St. Mathias 1522, vorgenommen werden mußte. In derselben erhielt er das Amt Neustadt und Neu-Fürstenberg nebst Zugehörde, sodann die Dörfer Kirchdorf, Thana, Wolterdingen, Beucken, Eschingen, Asen und Heidenhofen; überdies den Zoll zu Villingen, Emmingen und Sundhausen; den Hof Herzogenweiler, das Vieh auf dem Spitalhofe, viele Geld- und Fruchtgefälle und endlich eine gewisse Strecke Wildbannes.

Dagegen behielten beide Brüder sich gemeinschaftlich vor: a. die Klöster in der Grafschaft Fürstenberg; b. Stadt und Schloß Fürstenberg sammt dem Landgerichte und den Bergwerken, den Weiher bei Donaueschingen und die Reichspfandschaft Ortenau.

Doch ward auch hierüber die alleinige Regierung Wilhelmen, als dem ältern Bruder, überlassen.(25) Es ist diese spätere Theilung ganz besonders aus der Ursache merkwürdig, weil durch sie die zwischen Heinrich und Wolfgang im Jahre 1491 vorgenommene erneuert und das Familien-Fidei-Kommiß bestätigt worden.(26)

Übrigens hatte es auch bei dieser neuesten Theilung nicht für immer sein Verbleiben; vielmehr überließ Wilhelm an Friedrich, Mittwoch Vor Mariä Auffahrt 1525, alle die zuletzt ihm zugefallenen Herrschaften und behielt sich blos die Pfandschaft Ortenau vor.(27) Als Herr von Ponte-Boyle verpfändete er int Jahre 1539 an Hamaut de Braseby und Philibert Rhalinda jene Herrschaften mit den meisten Rechten und Gefällen auf die Dauer von 12 Jahren gegen eine Summe von 4.000 Sonnenkronen in Gold.

Einige Gerechtsame nur behielt er während dieser Zeit sich vor.(28) Ebenso fand die Verpfändung der Herrschaft Liel an die Stadt Basel im Jahre 1521 statt;(29) ferner der Tausch mehrerer Leibeigenen in Obereschach an andere des Herrn Wolfgang zu Maasmünster, Komthurs zu Villingen, (1524) durch Jost Münch Von Rosenberg, seinen Obervogt, in der Baar vorgenommen.(30)

Als im Jahre 1540 seine Mutter Elisabeth starb, fielen auch die Besitzungen im Kinzinger Thale den beiden Brüdern heim. Sie schlossen darüber einen Vergleich; Wilhelm empfieng die Herrschaft Hausen, die Stadt, mit allen Flecken, Thälern und Zubehörden, ebenso alles Silbergeschirr und allen Hausrath.(31)

Noch erwähnen wir der Belehnung der Jakob Stelze, Michael Schiner und Michael Weber zu Schwendi, mit dem Hof- und Fischwasser daselbst, vom Jahre 1541;(32) ebenso der des Peter Ehrmann zu Peyersbrunn mit den Harzwäldern von Rippoltsau;(33) ferner der für Graf Gangolf von Hohen-Geroldsegg, gemeinschaftlich mit Rudolf von Sulz an Markgraf Philipp zu Baden, für eine Schuld des Erstern, geleisteten Bürgschaft.(34) Sie setzte Wilhelmen in große Verlegenheit, da Gangolf mit Entrichtung seiner Verbindlichkeit über Gebühr zögerte und der Markgraf dringend nun die Bürgen und Selbstzahler dafür anging, trotz des Umstandes, daß die Grafen Wilhelm und Rudolf seine Ohme waren.(35)

Es wird hier wohl am geeignetsten Orte seyn, auch den Vertrag anzuziehen, welcher im Jahre 1540 zwischen Wilhelm von Fürstenberg und Ludwig Weltheim zu Balburg, durch die Bemühungen Bernhards von Eberstein, Kämmerers des Stiftes zu Straßburg, der Grafen Jakob zu Zweibrücken und Bitsch und der Herren Jakob Sturm, Hans Knoblaucher, Wolf von Jogenheim und Wolf Zorn, zu Blozheim geschlossen worden ist, nachdem wegen wechselseitig gegen einander vorgenommenen Pfändung heftige Irrungen Statt gefunden hatten.(36)

Endlich bemerken wir das Vermächtniß des Schenkenzells an Hans von Heideck, welches Friedrich von Fürstenberg jedoch in der Folge zu vollziehen sich weigerte.(37)

Wir haben diese Herrschafts- und Lehenverhältnisse, so wie die übrigen finanziellen Punkte aus verschiedenen Jahren der Regierung Wilhelms von Fürstenberg gleich zusammengestellt, theils um die Ubersicht davon zu erleichtern, theils um den Lauf der reingeschichtlichen Begebenheiten nicht durch Dinge von untergeordnetem statistischem Interesse zu unterbrechen, und wir wenden nunmehr unsere Aufmerksamkeit ungetheilt wieder unserm Helden zu, in seinem kriegerischen und politischen Leben und Treiben.

Siebentes Kapitel

Die Reformation im Kinzinger Thal und ihr Ausgang. — Wilhelms Theilnahme am Schmalkaldischen Bunde. - Große Gefahr des Hauses Fürstenberg wegen des Grafen Wilhelm - S. 112 ff.

Wilhelm hatte zwar, wie obbemerkt, gleich im Beginn der großen Religionswirren für die Sache der Reformation besondere Neigung gefaßt und seine Abneigung gegen Pabst und Priesterthum bei mehrern Anlässen kund gegeben; eben so waren seine Verbindungen mit Sturm und Hedion kein Geheimniß geblieben; doch scheint er der Glaubensumwälzung erst später freien Lauf in dem Gebiete seiner Herrschaft gelassen zu haben. Über die nähern Umstände fehlen uns die Nachrichten; doch wissen wir bestimmt, daß er im Jahre 1537 förmlich zur augsburgischen Konfession sich bekannt hat; erst mit dem Jahre 1541 zeigt sich urkundliche Spur.(38)

Das Kinzingerthal huldigte bereits völlig der lutherischen Lehre; doch fanden auch die damals von beiden Parteien gleich sehr gehaßten Wiedertäufer in einzelnen Gegenden großen Anhang. Als unter den Neugläubigen selbst über die Ausbildung des Lehrbegriffes und die Organisation der Kirche vielfache Mißverständnisse und Irrungen Statt fanden, versammelten sich die Pfarrer der gesammten Herrschaft zu einem Kapitel in Haslach.

Den Bedürfnissen, wie den Gebrechen aller einzelnen Kirchen, im Kinzinger Thale wie in der Ortenau, sollten sie nachspüren, - also hatte der Graf ihnen selbst befohlen. Unter die Maßregeln, welche hier für nöthig gehalten wurden, gehörten besonders nachstehende:

1. von Zeit zu Zeit solle eine Untersuchung sämmtlicher Kirchen durch Dr. Sturm, oder einen andern Bevollmächtigten des Grafen vorgenommen und die eingeschlichenen Unordnungen verangezeigt werden;(39)

2. den Entwurf einer christlichen Ordnung, von der Hand des Grafen selbst, hielt man für eben so nützlich, als nothwendig; die Versammlung erklärte sich jedoch zu Abfassung desselben unfähig;

3. mehrere Pfarrkirchen, welche ihrer Diener entblöst, und durch die das Volk trostlos und verwildert geworden, sollen zu Ehren gezogen und neuerdings mit Seelsorgern versehen werden;

4. viele Prädikanten leiden Mangel an persönlichem Unterhalt und Besoldung; dies ist gleich unwürdig, als ungerecht, wenn man von ihnen redliche und anständige Dienste fodert;

5. der Graf soll auf die abermalige Erscheinung der Wiedertäufer aufmerksam gemacht und zu Bekämpfung ihres Unwesens bestimmt werden;(40) da manche Kirchen der Prediger noch entbehren, so wird es dem Betruge leicht, Mißbrauch mit dem Sakramente und mit den über allerlei Punkte noch nicht hinlänglich aufgeklärten Unterthanen zu treiben; darum ist es

6. nothwendig, daß der Graf die Kirchengewalt übernehme und die Kirchenzucht handhabe. Dies ist um so nöthiger, als es selbst an Leuten nicht gefehlt hat, welche, von eigenthümlichem Frevel angetrieben, dessen Grund sie umsonst im heil. Evangelium gesucht, Ehebündnisse mit Personen allzu naher Verwandtschaft, oft wider den Willen der Eltern, eingegangen.

Um Gottes Zorn von dem Ganzen abzuwenden, möge der Graf dafür sorgen, daß die Unbußfertigen, Verstockten, Hinlässigen und Liederlichen zu den heil. Sakramenten nicht ohne vorhergegangene Ermahnung und Erfahrung zugelassen werden möchten. Der Fall, daß Leute dieses Schlages mit wahren Christgläubigen sich einschwärzten, ereigne sich nicht selten. Das Kapitel erklärte, daß es, nach dem Beispiel anderer christlicher Obrigkeiten, nichts Sehnlicheres, als Ordnung und Einhelligkeit im Kirchenhaushalt wünsche, zum Preis der Gottheit und zur Erhebung der Gläubigen. Doch thue die größte Beförderung Noth. Diese Beschlüsse und Vorschläge wurden Graf Wilhelm alsbald übersandt.(41)

Derselbe ließ sich's sehr angelegen seyn, sie ins Werk zu führen. Er veranstaltete Kirchenuntersuchungen, regelte die Besoldung der Pfarrer, Helfer und Schullehrer, welche aus besondern Gefällen bestritten wurden. Der Amtleute, Schultheißen und Räthe kräftige Mitwirkung beförderte seine Absicht. Die Reformation machte immer größere Fortschritte und Wilhelm unterließ nichts, ein Werk aufrecht zu halten, welches er recht eigentlich als das seine betrachtete.(42)

Sein System machte in ganz Schwaben großen Eindruck, brachte aber im Innern seiner Familie und der verwandten Häuser mannigfache Entzweiung hervor, wie wir gleich darauf hören werden.

Während dieser Zeit knüpfte er mit Fürsten, Rittern und Städten seiner Bekanntschaft, welche zum Schmalkaldischen Bunde gehörten, die alten Unterhandlungen wieder an, überzeugt, daß ein Feldherr, wie der Graf, ihnen nicht anders, als sehr erwünscht seyn werde.

Bei der Versammlung der Mitglieder derselben, welche im Jahre 1545 noch zu Frankfurt gehalten worden ist, erschien sein Abgeordneter mit besondern Vollmachten;(43) derselbe dankte zuerst, im Namen seines Herrn, für die Verwendng des Bundes bei dem Könige von Frankreich, zu Gunsten seiner Befreiung; darauf entwickelte er der Versammlung, daß Graf Wilhelm bereits vor etlichen Jahren den Unterthanen und Zugewandten des Herrn Evangelium öffentlich habe predigen, die Mißbräuche in der Kirche zu christlicher Besserung richten und, der augsburgischen Konfession gemäß, reformiren lassen. Derweil er dann mit Ihren Fürstlichen Gnaden und Freundschaften in der Religion aller Dinge einig, so wäre er mit sonderm Willen geneigt, dem christlichen Vereine und Bündniß derselben verwandt und zugethan zu seyn, damit die Ehre des Allmächtigen desto mehr gefördert und die Verkündung seines seligmachenden Wortes desto stattlicher gehandhabt und in seinen Herrschaften erhalten werde. Da er jedoch im verwichenen Jahre durch unvorhergesehenen Zufall in die Hände und Bande der Feinde kaiserlicher Majestät und des Reiches gekommen, und zum Behufe seiner Ledigung sich und seine Unterthanen an Geld gänzlich entblößen müssen, so könnten die Stände des Bundes leichtlich ermessen, daß weder er, noch seine Unterthanen, in gegenwärtigem Augenblick mit Geld besonders ersprießlich und hülfreich seyn könnten.

Damit jedoch die von der Verständnis nicht dächten, er wünsche den Ständen bloß beschwerlich und nicht auch dienstlich seyn, so erbietet er sich, auf den Fall, daß es - was der allmächtige Gott verhüten wolle - über den streitigen Religions-Angelegenheiten zu Fehden und Kriegshandlungen kommen sollte, oder auch sonst in allen Dingen, wo man seiner Mitwirkung gebrauchen könnte, mit ganzer Seele zu dienen, ja selbst in eigener Person an der Spitze seiner Unterthanen auszuziehen, und Leib und Leben an die Sache des Bundes zu setzen. Als Vergütung hiefür begehrt er blos, um seine Unterthanen nicht frisch wieder plagen zu müssen, die gewöhnliche Besoldung, trotz des Umstandes, daß die Stände selbst ihm früher eine noch größere Summe angeboten. Er verhofft, da er, ohne Ruhm zu melden, in Kriegshandlungen Reputation und Erfahrung sich erworben, der christlichen Verständniß mehr mit seinem Leib und Blut, denn mit seinem Gut nützlich zu werden, und bittet somit um förmliche Aufnahme in den Bund, für sich und seine Herrschaften, so wie eine bestimmte Anstellung als Feldobrister desselben.(44)

Wir finden nicht, in wiefern Wilhelms Anerbieten gewürdigt und in welche Verhältnisse derselbe mit dem Schmalkaldischen Bunde getreten ist. Nirgends erscheint er unter den Anführern der Protestanten in dem so unglücklichen, als schmachvollen Kampfe, welcher durch die Verschmähung des besonnenen Rathes Sebastian Schertlins eine so schlechte Wendung, allen Erwartungen entgegen, genommen hat.

Höchst wahrscheinlich traten die alten Irrungen mit dem Landgraf von Hessen, welche schon im April des Jahres 1539 auf der Versammlung zu Arnstadt die Unterhandlungen Wilhelms mit dem Bunde gestört, hindernd zwischen die gewünschte Annäherung, für die der Herzog Ulrich rastlos gearbeitet hatte. Diesmal war es vielleicht der Zwist mit dessen Sohne Christoph, der ebenfalls kein inniges Verhältniß zu Stande kommenließ, oder wenigstens so viel bewirkte, daß dem Grafen kein Befehlsstab ersten Rangs über die evangelischen Heerhaufen angeboten wurde. Schon in Italien kamen, aller Wahrscheinlichkeit nach, Prinz Christoph, damals mit seinem Vater entzweit, und Graf Wilhelm in allerlei unsanfte Berührungen mit einander, zumal da Letzterer, im Interesse seines Freundes, des Herzogs, den flüchtigen Sohn vielleicht hie und da an höhere Pflichten gemahnt haben mochte; später setzten sich auch in Frankreich und Teutschland die Verdrießlichkeiten fort. Jeder bezüchtigte den Andern, daß er ihm seine besten Leute verführe. Der Diener des Grafen mißbrauchte häufig den Namen des Prinzen, und gebehrdete sich als Geschäftsträger desselben. Hieraus entstanden mannigfache Mißverständnisse und Verlegenheiten. Christoph erhob bei dem Herzog von Lothringen bittere Klage über Wilhelms Benehmen; dessen Diener aber, über eine neuerliche Handlung vorgefordert, erklärte, der Prinz habe ihm mit dem Strange gedroht. Solches erregte den heftigsten Zorn des Grafen, so zwar, daß er Von Paris aus an Christoph schrieb: "Es würde am ehrlichsten seyn, wenn der Prinz an den Hof käme und den König um Erlaubniß zu einem Zweikampf bäte." Christoph antwortete stolz und höhnisch, erklärte aber, dem Wunsche des Grafen recht gern willfahren zu wollen. Der Zweikampf wurde durch die Bemühungen gemeinschaftlicher Freunde vereitelt; doch währete die Feindschaft fort, bis zum Tode Wilhelms.(45)

Die Ursache der Irrungen mit Philipp Von Hessen haben wir schon oben angeführt. Das alte Mißverständniß hatte noch im Jahr 1545 sich nicht gelöset, zu großem Leidwesen der einsichtsvollern Fürsten des Bundes, welche gern den Grafen als obersten Feldhauptmann ihrer Truppen gesehen hätten. Vermuthlich trat hier der Landgraf entgegen, und es wurde dafür Sebastian Schertlin gewählt. Wilhelm wußte des Kaisers Macht, wie die Kräfte des Bundes wohl zu würdigen, und, mit dem Geize einiger Fürsten vertraut, sagte er deßhalb den Schmalkaldischen bei einer Gelegenheit frei und offen: "Lieben Herren und Freunde: Ich laß mir Euere Kriegsrüstung und Anschläg’ wohl gefallen; aber Kaiser Karle, Euer (Wider) Parthei ist ein Kriegsfürst nit uf einen Sommer, sonder im Fall der Nott uf etliche Jar, mit dem Ihr zu schaffen werdet gewinnen!" - "Nicht mehr mochten sie damals," sagte die Zimmern’sche Chronik, "aus ihm bringen, als wollt er sagen: es ist Bubenwerk mit Euch; Ihr werdet keinen Stand thun, und letztlich mit Schaden und Schanden müssen abziehen."(46) ·

Es unterstützte also Wilhelm die Sache der Protestanten nur(47) von fern, oder in untergeordneten Verhältnissen, jedoch immerhin thätig genug, um des Kaisers Unwillen in hohem Grade zu erregen.(48)

Dieser Unwille verwandelte sich nach und nach in förmliche Ungnade, welche nicht nur Leid und Gut Graf Wilhelms, sondern selbst den schuldlosen Bruder Friedrich zu erfassen drohte. Warnungen von besorgten Freunden bereiteten auf ernste Dinge vor, und es galt somit, um jeden Preis das aufgeregte Gemüth des Kaisers zu versöhnen, welcher durch den glücklichen Ausgang des Schmalkaldischen Bundes ohnehin siegestrunkener, hochfahrender und strenger, als je, geworden war und keine Schranke, weder seiner Macht noch der Mäßigung, mehr kannte. Friedrich, mit den politischen Verhältnissen und des Kaisers Denkungsweise, so wie mit dem reizbaren Wesen seines Bruders genau bekannt, fürchtete alles und sendete daher den biedern Jost Münch an Wilhelm ab, um ihn zur Besonnsenheit und Vorsicht zu bestimmen. Derselbe vollzog auch seinen Auftrag auf das Genaueste, zeigte dem Grafen klar den Stand der Dinge, und fand ihn und seine Gesinnung des Namens und Stammes der Fürstenberger würdig. Wilhelm erklärte: wenn sein Bruder Friedrich, wie es ihn sein festes Vertrauen und der Inhalt des übermachten Briefes hoffen lasse, ihm getreu bleibe, so sollten sowohl er, als dessen Kinder deß genießen. Er ersuchte demnach jenen, sein Fürsprecher heim Kaiser werden zu wollen und die Ungnade von ihm zu wenden, auf daß er nebst Land und Leuten in Frieden gelassen werde.

Daß er den Kaiser während des Schmalkaldischen Feldzuges wohl sehr beleidigt, kann er nicht in Abrede stellen, doch war er bereits entschlossen, um sicheres Geleit zu werben und noch während des Krieges bei Sr. Majestät sich zu stellen; als eine Krankheit ihn überfiel und an seinem Vorhaben ihn hinderte. Der Graf berief sich auf seine frühern Dienste, auf seine Schicksale in Frankreich, auf den großen Schaden, welcher ihm hieraus erwachsen und auf keinerlei Weise vergütet worden sey. Zur Aussöhnung mit dem Kaiser erklärte er sich willig, nur wünschte er, daß sein Bruder sicheres Geleit ihm erwirke, um die erforderlichen Schritte ohne Gefahr thun zu können. Sogar seine Herrschaften und Schlösser war er bereit, Graf Friedrich abzutreten, unter der Bedingung, "daß bis zum allgemeinen Religionsfrieden, an welchem der Kaiser dermal arbeite, die Einwohner in Ausübung ihrer Religion nicht gestört würden; ferner daß er den Ertrag seiner Güter lebenslänglich fortbeziehe, und die Amtleute ihn, wie bisher, Ihro Gnaden nennen und regieren lassen wollten."

Jost Münch betrieb die Gewährung dieser Punkte eifrigst, besorgte die Angelegenheiten im Kinzinger Thale selbst und zeigte sich mit Rath und That für Aufrechthaltung der Ehre des Hauses Fürstenberg bemüht.(49)

Mittlerweile wurde die Vermittlung des Bischofs Erasmus, so wie der Gemeinde zu Straßburg nachgesucht, und beide zeigten sich willig zu dem kitzlichen Geschäfte. Der Amtmann zu Ortenberg war zwischen ihnen und den gräflichen Brüdern der Vertraute Unterhändler.(50)

Die Sache Verzog sich bis in den Sommer und täglich mehrte sich für Fürstenberg die Gefahr. Der Kaiser hatte über das wälsche Gesinde Wilhelms großes Mißtrauen geäußert; nicht weniger über das Schicksal der Ortenau, gegen welche man fortwährend eine französische Intrigue thätig glaubte. Einige unvorsichtige Reden des Grafen über den Kaiser und das Interim hatten dem Verdachte neue Nahrung gegeben. Friedrich klagte vertrautern Freunden bitterlich, wie sehr überall der Argwohn lauere, alles der Mißdeutung fähig und die Ungnade höhern Orts heut zu Tage so leicht sey. Dieser Umstand wehre ihm dermal alle Wege, so gern er auch das Beste in der Sache thun möchte. Ja er bangte sogar für das Schicksal des Hauses Fürstenberg. Sehr wichtig war ihm vor allem der Wiederbesitz des Lehenbriefes über das Kinzinger Thal. Er hatte ihn einst zu Worms seinem Bruder für einen gemeinschaftlichen Zweck anvertraut, und nun wußte er nicht mehr, ob Wilhelm, ob der Pfalzgraf, damals kaiserlicher Kommissair, ihn zuletzt behalten. In den gegenwärtigen Umständen hieng äußerst viel von dieser Urkunde ab. "Es hat" - schrieb er an Jost Münch - "Fürstenberg ein Bad übergethan; Gott wolle, daß es nicht für sich gehe, denn ich werde vielfältig gewarnt. Hiemit steht's im alten Recht."(51) Friedrich begnügte sich nicht damit, durch Sippen und Freunde seinen Bruder zur äußersten Vorsicht und schleunigen Unterwerfung unter die Gewalt der Umstände zu stimmen, sondern er beschwor ihn selbst hiezu in so freund-brüderlichen, als nachdrücklich-ernsten Schreiben.

Besonders handelte es sich um die Sicherheit von Ortenberg, für welche Wilhelm noch immer nicht hinreichende Bürgschaft geleistet hatte. Eines dieser Schreiben, durch Inhalt und Ton charakteristisch und anziehend, so wie zugleich treues Gemälde der Lage der Dinge in dieser Zeit und der Gesinnungen Friedrichs, in Hinsicht auf das allgemeine Familieninteresse von großer Wichtigkeit, lautete also:

"Wohlgeborner, freundlicher, lieber Bruder!

Euch seyen meine willigen Dienste zuvor! Auf die gestrige Werbung, so Jost Münch, laut meines gegebenen Unterrichts, von wegen Bewahrung des Hauses Ortenberg, an Euch gethan, hab' ich zur Wiederantwort von ihm verstanden, daß Ihr kaiserlicher Majestät Schreiben erwarten wollt. Nun hab' ich Euch aber hievor schon zu verstehen gegeben, was Gefahr und Verderben für Stamm und Namen Fürstenberg darauf steht, und daß sich aus beider Regenten(52) Schreiben keines andern zu versehen ist, denn daß sie ihre Befehle durchsetzen und länger nicht verziehen werden. Derohalben dringt mich hohe, unvermeidliche Nothdurft, entweder das Haus in Verwahrung zu nehmen, oder Eurer und Eurer Sache miteinander mich zu entschlagen, der k. k. Majestät solches anzuzeigen und für meine Person mich zu entschuldigen. Denn sollte der Kaiser in Erfahrung bringen, daß Ihr das Haus noch inne habt, so würden Rechtserbieten nichts erschießen, sondern jener würde geradezu Eure Verwirkung zur Hand nehmen, und nicht allein die Pfandschaft, sondern auch das Kinzinger Thal einziehen. Dazu würde mir auch der Handel selbst, nämlich daß ich die Sache bisher vertreten, und kaiserliche Majestät Auftrag anders nicht, als ich that, vollzogen habe, nicht allein die höchste Ungnade und den

Verlust von Land und Leuten zuziehen, sondern auch meiner Ehre den größten Nachtheil und meinem Leibe Gefahr bringen; Ihr selbst aber dürftet ebenfalls für Leib und Gut wenig zu befürchten haben. Um nun diesem und anderm vorzusehen, geht meine brüderliche Ermahnung und freundliche Bitte nochmals dahin, Ihr wollet zugeben, daß auch ich eine Besatzung in das Haus lege. Diese soll gemeinschaftlich uns verpflichtet seyn, und Euch selbst gegen jedes Leid schützen. Vertrauet mir und glaubt sicherlich, daß ich diese Sache nicht darum begehre, um Euch einen Heller oder Pfennig zu entziehen, sondern blos damit Gut, Stamm und Namen vertheidigt werden.

Ihr wißt, und es hat sich im Werke befunden, daß ich Euch nie etwas veruntreut; Ihr sollt auch ferner mich nie anders, denn als einen getreuen Bruder erfinden. Darum bitt ich Euch nochmals so zum Höchsten, ganz brüderlich und freundlich, dieweil Stamm und Name Fürstenberg in größerer Gefahr nun steht, als sie je bei Menschen Gedächtniß gestanden, Ihr wollet die Sache Euch zu Herzen führen, Eures und meines Geschlechts Schutz, Ehre Und Wohlfahrt bedenken, und dem an Euch deshalb gesandten Diener mit willfährig-brüderlicher Antwort begegnen. In diesem Falle bin ich, Leib, Gut und Blut für Euch hinzugeben, von Herzen begierig. Gedenkt auch bei Euch selbst, daß ich, so ein ungnädiges Schreiben vom Kaiser zukommen sollte, nicht mehr den Beistand leisten kann, wie jetzt, indem ich zu Bewahrung meiner Häuser und zu Vertheidigung Leibs und Guts mehr als genug für mich selbst zu schaffen haben würde."(53)

Zu diesen dringenden Vorstellungen hatten den Grafen besonders zwei Mandate des Kaisers bewogen, welche derselbe, bereits unterm 4. Julius dieses Jahres, theils an Friedrich selbst, theils an die Stände des Reiches, erlassen hatte.

Das Betragen Wilhelms, zumal seine Theilnahme an dem Schmalkaldischen Feldzug, wurde darin streng gerügt, und demselben förmlich mit der Reichsacht gedroht. Friedrich hatte den gemessensten Befehl, der Person seines Bruders sich zu versichern, und ohne besondere Erlaubniß des Kaisers ihn nicht aus seiner Aufsicht zu lassen.(54)

Daher kämpfte nun das Gefühl der Bruderliebe und der Freundschaft einen harten Kampf mit höherer Pflicht und dem Gesetze der Selbsterhaltung für sich und die Familie im Allgemeinen; daher auch der oben mitgetheilte Vorschlag wegen der Besatzung in Ortenberg, wodurch Friedrich Gehorsam gegen den Kaiser mit dem eigenen, Gefühle zu vereinigen suchte.

Die Angelegenheiten Wilhelms, ja der Gesammtfamilie, hatten sich noch verschlimmert durch die Hartnäckigkeit, womit Ersterer an den vorgenommenen Reformen im Kinzingerthal und Ortenau hing, und womit die protestantischen Prediger der Annahme des Interims sich weigerten. Graf Friedrich, welcher aus Überzeugung und Klugheit die Ansichten des Kaisers von der Unlauterkeit der Motive der Reformation völlig theilte, hatte die religiösen Neuerungen stets nur mit Unwillen betrachtet, aber über des Bruders Entschlüsse durchaus nichts vermocht. Als er jedoch, vermocht durch des Kaisers Drohungen und den Drang der Umstände, die Verwaltung der Herrschaften Wilhelms an sich gezogen, fanden die Prädikanten in Wilhelms Person nur noch einen schwachen Beschützer, in Friedrich aber einen mächtigen Gegner. Er beschloß, das Interim um jeden Preis durchzusetzen und die Neupriester nach und nach gänzlich zu verdrängen, sey es durch Überredung, oder Gewalt.

Die Städte des Kinzingerthales setzten zwar beharrlichen Widerstand entgegen, und erklärten, das Interim und die alten Zeremonien nur unter der Bedingung sich gefallen zu lassen, daß man die reine Lehre des Evangeliums ihnen nicht entziehe und den Genuß des Sakramentes unter beiderlei Gestalten forterlaube; auf solche Weise werde man, bis zu Eröffnung eines allgemeinen, freien und christlichen Konziliums, sich gedulden und tragen, was die römische kaiserliche Majestät aus friedliebendem Gemüth dem Reiche zur Beruhigung einstweilen geordnet habe. Allein sie fühlten wohl, daß man etwas Weiteres suche.

Herr Jost Münch, der Vielgetreue, war auch diesmal der erkorne Unterhändler. Er entledigte sich der Aufträge Friedrichs mit großer Geschicklichkeit, Besonnenheit und Mäßigung. Nur Graf Wilhelm ward durch ihn nicht wankend gemacht und er erschwerte ihm seine Sendung sehr. Mit großer Empfindlichkeit bemerkte der alte Krieger, welcher die Ohnmacht seiner dermaligen Lage allzu bitter im Innern fühlte: "Er sehe wohl, daß jedermann vom Glauben abfallen wolle." Die Briefe, welche Herr Münch von Zeit zu Zeit nach dem Heiligenberg gesendet, und in welchen er sowohl über den Gang der Unterhandlungen berichtete, als seine eigene Überzeugung in der Sache aussprach, enthalten viel Interessantes zur Charakteristik jener Zeit.

Die Meßartikel hatten stets den schwierigsten Punkt gebildet. Die Neupriester verhießen, als erstes Zugeständniß, wider das Interim nirgends zu predigen; aber die Messe könnten und wollten sie nicht lesen. Sie beriefen sich auf K. Majestät Verordnung und des Reiches Abschied, welche beide ihnen Anderes nicht auferlegten.

Friedrich entschloß sich nunmehr zu gewaltsamer Ausweisung der Prediger. Sie verwahrten sich zuerst gegen die harte Maßregel; sodann riefen sie des Grafen Mitleid und Wilhelms Verwendung an, und baten um Frist. In strenger Winterszeit, mit Frau und Kind, könnten sie unmöglich in das Elend wandern. Man dulde ja im Kinzingerthal die Juden, warum nicht auch sie?(55)

Graf Friedrich bestand auf unbedingter Annahme des Interims und wiederholte seine Drohungen. Münch übergab einem Ausschuß der Prediger diesen Bescheid. Nunmehr überreichten sie ihm eine lange Beschwerdeschrift mit vielen Beilagen; ihre Weigerung der Annahme des Interims in mehrern Punkten war ausführlich darin entwickelt. Allein der Abgeordnete erklärte, daß er seinem Herrn mit diesem Geschreibsel nicht beschwerlich fallen wolle und begehrte eine kurze Darstellung ihrer eigentlichen Beschwerden. Er übersandte sie an Friedrich und suchte inzwischen mehrere der Störrigsten einzeln zu bearbeiten. Allen Disputationen über die Sache selbst suchte er auszuweichen. Münch rieth gleichwohl dem Grafen, einige der Bedeutendern zu sich selbst einzuladen und wegen der Messe zu anderer Überzeugung persönlich zu bereden. Die Weigernden sollten sodann erst ausgewiesen werden. Doch hatte er Menschlichkeit genug, auch in diesem Falle für sie um Frist bis Anbruch des Frühjahrs zu erbitten.(56)

Der Vorschlag fand Beifall; inzwischen stellte der Graf den Priestern sämmtliche Verrichtungen ein, besetzte verschiedene Stellen mit Meßpriestern, oder auch wohl mit Mönchen, die aus den Klöstern der Nachbarschaft hererbeten wurden.(57) Der Schaffner zu Wolfach erhielt geschärften Auftrag zu genauer Wachsamkeit für Verhinderung des Einflusses der Prädikanten und zu eifrigen Bemühungen für die Rückbekehrung der verirrten Seelen im Kinzingerthal. Kindtaufen, Einsegnungen der Ehen und Versehung mit den Sterbesakramenten sollten durchaus nicht zugegeben werden, da das Interim nichts davon enthalte, und er, der Graf, sich nicht erlaube, dasselbe lange zu deuteln. Fern sey von ihm, - schrieb er Herrn Jost - sich in irgend etwas zu vertiefen; deshalb ziehe er die Anfrage an höherm Orte vor. Inzwischen sey es sein Wille, daß man im Kinzingerthal in die Sache sich schicke, damit kein Aufsehen geschehe, ihn keine Vorwürfe träfen und die über der Herrschaft schwebende Gefahr gehoben werde. Hinsichtlich der persönlichen Behandlung der Neupriester verwies er auf das Beispiel von Würtemberg, welches ebenfalls sich dem kaiserlichen Willen habe fügen müssen,(58) und auf des Kaisers ernsten Willen, die vorläufige Abstellung der Predigten der Neupriester in ganz Teutschland durchzusetzen.

All dies meldete Herr Jost, so schonend als immer nur möglich, dem Grafen Wilhelm. Man zog von Zeit zu Zeit den Dr. Ludwig Gremp zu Rathe, und wirkte auf zwei Prädikanten, welche bei Graf Friedrich sich gestellt, mit ziemlichem Erfolge ein; es scheint, daß sie selbst zum Meßlesen sich verstanden. Der eine von ihnen wurde nach Haslach geschickt und über dessen Wiedereinsetzung mit dem Bischof von Straßburg, in dessen Sprengel die Pfarrei lag, so wie mit Graf Wilhelm Abrede gepflogen.

Übrigens machte später Friedrich dem Schaffner Vorwürfe, daß er seine Vollmacht aus Mißverständniß überschritten habe, und die Neupriester in alle Verrichtungen, außer dem Predigen, wieder einzusetzen seyen.(59) Nichts desto weniger sah er sich bei der übergroßen Verachtung jener Leute gegen die Messe, und bei der standhaften Weigerung, mehrere der abgeschafften Zeremonien wieder einzuführen, in die Nothwendigkeit versetzt, sie dennoch ihrem Schicksal zu überlassen, aus Furcht vor dem ohnehin sehr erbitterten Kaiser. Sämmtliche Prädikanten wurden demnach hinter einander durch katholische Priester ersetzt, und ihre spätern Bemühungen bei der Herrschaft und ihren Gerichten um Wiedereinsetzung, waren nutzlos;(60) man suchte auch die letzten Spuren des Protestantismus in diesen Gegenden zu vernichten und neue Keime desselben zu verhindern.(61)

Friedrichs Besorgnisse über des Kaisers Gesinnung hinsichtlich der Mißgriffe seines Bruders waren nicht ohne Grund gewesen, und nicht umsonst hatte er alles aufgeboten, das Interim in dem Kinzingerthal und in der Ortenau durchzuführen, da die Zögerung bereits das vorhandene Mißvergnügen gesteigert hatte.(62)

Man hielt das Haus Fürstenberg vielseitig für verloren, wenn nicht thätige Freundeshülfe und Friedrichs besonnene Mäßigung es retten würden. Mehrere Haufen Kriegsvolk, in Diensten beider Grafen, zerstreuten sich alsbald, nachdem der Inhalt jener Mandate kund geworden. Doch zeigten sich in der politischen Weltlage selbst bald wiederum Trost und Auswege. Der Kaiser, obgleich vom Podagra sehr gepeinigt, ging mit einem neuen Feldzug wider die Türken schwanger. Dazu bedurfte er große Geldsummen, und man hielt demnach dafür, besagte Mandate seyen mehr als Schreckschüsse zu betrachten, damit eine Sühne in Geld erfolge, denn als ernstgemeinte Äußerungen rächerischen Fürstenzornes. Man wendete sich daher während des neuen Reichstages zu Augsburg an den Kaiser mit Zeichen reuigen Gehorsams, und Karl wies die Unterhandlungen nicht von sich.(63) Böcklin Von Böcklinsau hatte sie eröffnet. Noch wirksamer handelte Hans Christian Hofer, Geheimschreiber des Grafen Friedrich. Derselbe wurde an den Abt von Weingarten und Ochsenhausen gesendet, um die Verwendung desselben bei dem Bischof von Arras, Perenot Granvella, zu erwirken.

Die Macht der goldenen Schlüssel wohl erkennend, zog man auch zu schnellerer Erledigung der Sache den kaiserlichen Geheimschreiber Paul Pfinzing, durch eine kleine Verehrung, in’s Interesse. Granvella, den Fürstenbergern jederzeit sehr gewogen, erfüllte alle Wünsche Friedrichs und des Vermittlers von Weingarten, welcher in Wahrheit sein Bestes hiezu gethan hat. Die kaiserliche Ungnade wurde zurück genommen und auch sonst das Wohl der Familie dadurch gewahrt, daß alle willkührliche Verschenkungen und Verpfändungen von einzelnen Herrschaften, welche Wilhelm, als das älteste Glied, "in seiner Kleinmüthigkeit" sich erlaubt haben mochte, für nichtig und null erklärt wurden.(64) Der Graf Wilhelm hatte jedoch diesen Ausgang der Dinge nicht mehr erlebt. So viele Leiden des Körpers und der Seele zugleich hatten auch eine Natur, wie die seinige, endlich überwältigt, und er war noch im Jahre 1549, Mittwoch vor St. Bartholomä, zu Ortenberg gestorben. Die Leiche wurde zu Haslach beigesetzt.(65)

Sein Leben selbst schildert am getreuesten seinen Charakter. Offen, stolz und großmüthig, sparsam und freigebig, wie die Verhältnisse es mit sich brachten; wild im Kampfe, liebenswürdig im Umgang;(66) witzig und geistreich, ohne Anflug von Gelehrsamkeit, tollkühn und gefahrliebend, herausfordernd und sarkastisch ohne Rückhalt, Charaktern gegenüber, die ihm nicht zusagten, gewann und verlor er abwechselnd die Herzen der Menschen.

An große Verhältnisse mit Fürsten und Feldherren, Staatsmännern und Gelehrten ersten Ranges gewöhnt, konnte er sich in’s Kleinliche und Gewöhnliche des gesellschaftlichen Lebens nicht finden, und wurde nicht selten darüber mißkannt. An der Diplomatik im eigentlichen Sinne trug er nicht das mindeste Behagen, wiewohl er ihre Sprache gut handhabte, und ihre Manieren, selbst bis zur Verschmitztheit, wenn es seyn mußte, nachzuahmen verstand. Die vielfachen Veränderungen seiner Lebenslage und der Wechsel der Herren, welchen er diente, hat den Vorwurf der Unbeständigkeit auf ihn gebracht, und etwas zweideutig erscheint uns sein Charakter allerdings in den französischen Verhältnissen und in jenen mit Hessen, Würtemberg und dem Schmalkaldischen Bunde. Übrigens zeigte sich seine politische Moral nicht schlimmer, als die des Churfürsten Moritz, Philipps von Hessen und mancher andern Feldherrn jener Zeit, welche die Periode des Übergangs von der alten teutschen zur modernen Art, und somit vielfach unlauter, war.

Er war Kriegsmann im vollen Sinne des Wortes, mit allen Tugenden und Gebrechen dieses Standes.(67) Die Schranzen verspottete er gern und unerbittlich; daher vieler Mächtigen unversöhnlicher Haß gegen ihn.

Mehr befaßte er sich mit gelehrten Männern, welche als Geschichtsschreiber und Redner, als Politiker und Theologen seine Kriegskenntniß bereicherten, seinen natürlich guten Vortrag bilden halfen, seine Neugierde befriedigten und seine religiösen Zweifel leiteten. Denn, obgleich geschworner Feind der Priester nach gewöhnlichem Schnitte, trug er dennoch an Untersuchungen, die die höchsten Wahrheiten des Lebens betrafen, großen Gefallen, und selbst im Gewühl des Kampfes vergaß er die frommen Männer Sturm, Hedio und Andere ihres Gleichen nicht.

Wenn auch ohne eigentliche gelehrte Bildung, hatte er doch, durch den Umgang mit geistreichen oder gründlichen Gelehrten, sich eine allgemeine Kenntniß des Wissenswürdigsten eigen gemacht, und in neuern Sprachen brachte er es weiter, als die meisten damaligen Ritter. Nicht nur schrieb er das Französische sehr gewandt, sondern er drückte sich darin, wenn er es sprach, selbst am Pariser Hofe und in vornehmen Zirkeln, so zierlich aus, daß der König und seine Großen geschworen hätten, er sey ein geborner Franzose.(68)

Die Gefühle des Herzens übten über ihn eine große Gewalt. Die allgemeine Sitte der Zeit, vom Pabste bis zum Bettelmönch, und vom Kaiser bis zum geringsten Bürger, mag auch ihn entschuldigen, da, wo zu ängstliche Splitterrichterei Anstoß nehmen möchte.

Seine männliche Schöne machte ihn zum Sieger allenthalben, wo er auftrat.(69) Die Lust, der er - wie selbst der fromme und gelehrte Erasmus von sich gezeugt hat - diente, ohne ihr Sklave zu seyn, entnervte ihn keineswegs für die strengen Geschäfte des Krieges, noch für die Pflichten als Regent seiner Herrschaften.(70) Man rühmte seine Treue als Freund, und die Stärke seines Gefühls für die, welche seinem Herzen nahe waren.

Unter diesen nennen wir die Grafen Christoph Froben von Zimmern und Bernhard von Eberstein oben an. Er vermittelte gern ihre und ihrer Sippen Zwiste mit andern Edlen, wie dies besonders einst zwischen den Zimmern und Landenbergern der Fall war.(71) Übrigens hinderte ihn dies alles nicht, auch die besten Freunde oft aus schelmische Weise zu necken, ohne daß das gute Verhältniß dadurch gebrochen wurde.(72)

Viel gab ihnen der Versuch Wilhelms, die Landwirthschaft zu treiben, Stoff zum Lachen, und er wurde dadurch für seinen Muthwill gegen sie wiederum bezahlt. Als in Straßburg und in der Umgegend eine große Viehseuche herrschte, und allgemeiner Mangel an Fleisch einriß, gedachte der Graf, dem Übelstande abzuhelfen. Er beschloß, sich selbst Vieh auf seinen schönen Höfen bei Straßburg und Ortenberg zu halten, und nach seiner Nothdurft Kälber zu ziehen. Deshalb ließ er durch seine Meyer ungefähr ein Dutzend Kühe kaufen, und war nun der süßen Hoffnung, in kurzer Frist an die hundert Kälber zu erhalten, indem er bis dahin der festen Meinung gewesen war, daß das gleiche Verhältniß, wie bei den Tauben, Statt finde, und jede Kuh monatlich einige Junge werfe. Als er jedoch von dem Unhaltbaren seines Planes näher unterrichtet worden, gab er die Landwirthschaft ohne Säumen wieder auf und lachte herzlich mit über den komischen Irrthum.

So geringsügig und unbedeutend diese Züge auch erscheinen mögen, so werfen sie doch auf die Einfachheit des Charakters, die noch bei den Edlen jener Zeit oft sich zeigte, einiges Licht, und verdienen als Beiträge zur Geschichte ihres Privatlebens hier eine Stelle.(73) Der Kontrast zwischen dem gewaltigen Treiben eines in Feldschlachten und an Höfen der Großen berühmt gewordenen Mannes und der Kindlichkeit des Gemüths, welche sich bei oberzählten Schwänken und bei dem letztberührten launigen Vorgang wiederspiegelt, ist gewiß nicht ganz ohne Interesse. Viele Gefahren hatte Wilhelm von Fürstenberg durch seines Lebens wechselreichen Gang seinem Hause gebracht; manche Handlungen können auch von warmen Verehrern nicht ganz entschuldigt werden; aber er war es dennoch wiederum, der den alten Ruhm der Fürstenberger in weiten Landen strahlend gemacht und auf jeden Fall ein großes Andenken hinterlassen hat. Unter den Heldenrittern seiner Nation und den bewährtesten Feldherren jener Zeit, unter den Frundsbergen, Sickingen, Schertlin, Truchses und Nassau nimmt er eine der ersten Stellen ein.

Noch in späten Jahren waren Panzer und Helm, die er getragen, Gegenstände der Verehrung, und Kaiser Ferdinand I. selbst bemühte sich, in deren Besitz zu kommen,(74) um sie seiner Sammlung von Reliquien berühmter Helden einzuverleiben.

Anmerkungen:

1.) Kinzingerthal-Lagerbuch, Nro. 280.  
2.) Die Zimmern’iche Chronik sagt von ihn in dieser Beziehung: "wie man gemeinlichen spricht, was zu einer Neßlen werden (soll) das prinnt flux: solche geschwinde und ebentheurige Art hat in diesem jungen Grauen sich zeitlichen erzeigt."  
3.) Der Graf mußte, damit keiner seiner Schritte unbewacht bliebe, in Nikolaus eigener Kammer schlafen. Er fand aber Mittel, zu entkommen. Sobald die Nacht anbrach, stellte er sich schlaftrunken und ging zu Bette. Hier wechselte schnell mit ihm ein Junge aus der Stadt, welchen er eigens als Gesellschafter unterhielt. So oft nun der Priester in das Schlafgemach trat und den Pflegegefohlenen mit der gewohnten Frage anrief: Guilielme, dormis? gab der Stellvertreter, nach Verabredung, zur Antwort: Ita, Domine! Während demnach Meister Nikolaus der tröstlichen Meinung war, der Graf liege im tiefsten Schlummer, erging sich derselbe mit einem Schwarm junger Edler und lustiger Gesellen in den Straßen der Musenstadt. Mancherlei Muthwille wurde da verübt und mancher ehrbare Bürger durch das lustige Volk dermaßen geneckt, daß der Rath von Freiburg selbst sich in die Sache legte und den alten Lehrer aus die Gefahren aufmerksam machte, welche ihm durch das unruhige Wesen des jungen Grafen persönlich droheten. Meister Nikolaus nahm diese Warnung mit einiger Empfindlichteit auf, weil überzeugt von der völligen Unschuld seines Schützlings, und sprach zu dem Rathe, welcher ihn vorgefordert : "Beim heiligen Gott, Ihr Herren, Ihr thut da meinem jungen Herrn unrecht. Jede Nacht liegt er in meiner Kammer; und weil ich dies ganz gewiß weiß, so kann ich dasjenige nicht glauben, was man ihm nachredet."  
4.) Nach einer Urkunde, die im Staatsarchive zu Freiburg im Uechtl. verwahrt wird und in welcher Graf Felix von Wardenberg-Heiligenberg und Graf Wilhelm von Fürstenberg den Schultheiß, und Rath zu Freiburg um ihren Schutz angehen, erscheinen diese beiden Herren als Gemahle der Töchter Grado's von Neuenburg in Burgund, Gutta und Elisabeth. Eine dieser beiden muß daher als identisch mit Gräfin Bonna betrachtet werden. - Hdschtl. Mitthl. des Grafen v. Mülinen.  
5.) Urkund d. d. Linz, den 16. Januar 1506. (Nro. 281 im fürstlichen Hauptarchiv zu Donaueschingen.)  
6.) Nachmals zum Grafen von Ortenberg erhoben; der finanzielle Nothhelfer jener Zeit für viele größere und kleinere Fürsten, Ritter und Städte.  
7.) Zimmern’sche Chronik.  
8.) Urkunde d. d. Augsburg, 3. Mai. F. F. H. A. Nro. 280.  
9.) Sandoval Vida de Carlos V. I.  
10.) Zimmern’sches Msept. Rubr. G. Wolfgang.  
11.) Dekret d. d. Insbruck, 18. Juni 1511.  
12.) Davon die Zimmern’sche Chronik allerlei, freilich nicht ohne Übertreibung, zu melden weiß.  
13.) Urkunde d. d. 10. Dezember 1512 F. F. H. A. Nro. 284.  
14.) Urkunde d. d. Donnerstags vor St. Thomas 1513. F. F. H. A. Nro. 285a.  
15.) Dekret d. d. 26. Januar. F. H. A. Nro. 285b.  
16.) S. darüber K. Walchners Geschichte ber Stadt Ratolphzell, III. Bd. 3. Kap.  
17.) Über diesen Handel zeugen nachstehende Aktenstücke: Kompromiß des Grafen zu Fürstenberg und des Herrn von Staufen an H. Ulrich von Würtbg. zur Entscheidung ihres Streites, d. d. Freitag nach Jubilate 1514. Jörgs von Staufen Brief an H. Ulrich von Würtemberg. Klagpunkte Grafen Wilhelms wider Jörg von Staufen. Schreiben Grafen Christophs von Werdenberg an Grafen Wilhelm von Fürstenberg, d. d. Freitag nach Auffahrt 1514. Schreiben Jörg Staufers an H. Ulrich von W., d. d. Dienstag nach Exaudi 1514. F. H. A. Nro. 286. Handlung in Irrungen und Spennen entzwischen Herrn Grafen Wilhelm zu Fürstenberg und Jerg Stoferen von bloßen Stoffen ec. d. d. Stuttgardt, 29. September 1514. F. H. A.  
18.) Urkunde d. d. 10. Mai. F. F. H. A. Nro. 288.  
19.) Urkunde Nro. 289. F. F. H. A.  
20.) Urkunde Nro. 290. F. H. A. Hist. N. Sylv. III. p. 405. Ebenso Merk, genealogische Beschreibung (Hdlschft.). Später (1541) wurde diese Besitztum an Jost. Münch pfandschaftlich überlassen.  
21.) Guillimann Commentar. de Episcop. Argent. p. 437.  
22.) Brusch. Mscpt. (Crus.) III. 9. 16.  
23.) Crusius. P. III. C. 10. C. 10.  
24.) Urkunde F. H. A. 291.  
25.) Urkunde im F. F. H. A. Nro. 292.  
26.) Merk, Genealogische Beschreibung, Mscpt.  
27.) Urkunde F. H. A. Nro. 293.  
28.) Französische Urkunde, d. d. strasbourg, 28. juillet 1539. Im F. H. A. (Auf Pergament) höchst interessantes Aktenstück.  
29.) Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel. Bd. V S. 362. Der Rath sandte einen Vogt dahin und war noch 1524 im Besitz der Herrschaft.  
30.) Vill. Joh. Arch. Urkunde. Von Baumgärtner mitgetheilt.  
31.) Urkunde F. H. A. Nro. 295.  
32.) Urkunde F. H. A. 296a.  
33.) Urkunde F. H. A. 296b.  
34.) Urkunde, d. d. a. 1511.  
35.) Schreiben Mkgf. Philipps, d. d. Freitag nach Judic. 1523. (F. H. A.)  
36.) Urkunde d. d. 6. Oktober 1540 F. H. A.  
37.) Zimmern’sche Chronik.  
38.) Mosheim, Geschichte der Kirchenverbesserung. Leipz. 1773. S. 169. N. p.  
39.) Es ist davon die Rede: "wie gar unzüchtig es hie und da zugehe und den Kirchen Schimpf, Spott und Ungehorsam zugefügt werde."  
40.) So unduldsam benahmen sich Leute, die für ihr eigenes Daseyn noch immer zu kämpfen hatten.  
41.) Aktenstück des Don. Haupt-Archivs.  
42.) Bevelch-Zettel d. d. St. Joh. Bapt. 1542, und Mandat. visitat. eccles. Vall. Kinzing. d. a. 1546 (O. H. A.)  
43.) Instruktion Wilhelms, Grafen zu Fürstenberg, für seinen Gesandten bei der Versammlung der protestantischen Stände zu Frankfurt, d. a. 1545.  
44.) Instruktion d. d. Haslach, 22. Dezember 1545. (F. H. A.)  
45.) Sattler. III. 126.  
46.) Zimmern’sches Msk.  
47.) Der Catal. Exercituum Caroli V. v. Nicol. Mameranus, den wir erst bei der Korrektur dieses Bogens zur Hand bekamen, sagt ausdrücklich: Graf Wilhelm von Fürstenberg sey drei Tage lang im Lager der Schmalkalder gewesen, mehr als Zuschauer, denn als Kämpfer.  
48.) Sattler (III.) schlägt mit Recht den Verlust eines so berühmten Kriegers für den Bund sehr hoch an und theilt die Ansicht, welche schon Herzog Ulrich in Betreff dieser Sache gehegt. Eine so trotzige Seele, wie Wilhelm, an der Spitze jener kriegerischen Anstrengungen wider den Kaiser, hätte vielleicht dem Ganzen eine andere Wendung gegeben.  
49.) Schrb. Jost Münch's an G. Fried. von Fürstenberg d. d. Haslach, 25. Febr. 1547 (48).  
50.) Konzept von zwei Briefen : 1. des Bischofs an Graf Friedrich, d. d. 23. Januar 1548; 2. ebendesselben an die 13 geheimen Räthe der Stadt Straßburg. Von demselben Datum.  
51.) Schrb. Fried. v. Fürstenberg an Jost Münch, d. d. 15. Fbr. 1548. (F. H. A.)  
52.) Karls und Ferdinands!  
53.) Schrb. Fried. von Fürstenberg an seinen Bruder, Graf Wilhelm d. d. Offenb. Mont. nach quasi modo geniti 1549.  
54.) Beide sind in Original zu Donaueschingen vorhanden.  
55.) Schrb. Fried. von Fürstenberg an J. Münch, vom 11.·Juli 1548; J. Münch's an Fried. von Fürstenberg, vom 27. desselb. M.; Schreiben an G. Wilhelm, vom August 1548.  
56.) Schreiben J. Münch’s.  
57.) Schrb. an F. von Fürstenberg, d. d. Mont. n. St. Luc. 1548.  
58.) Schrb. Fr. von Fürstenberg an den Schaffner zu Wolfach, 7. Januar 1549.  
59.) Schrb. Jost Münch’s an Graf Wilhelm vom 15. Juni 1549. und Fried. von Fürstenberg an J. Münch, 26. Juni 1549.  
60.) Schrb. Fried. von Fürstenberg an Jost Münch vom 15. März 1549. - Beschwerden der Kinzing Thal-Priesterschaft an das Fürstenberg’sche Hofgericht, vom 15. Mai. Andreas Kügelers untertn. Suppl. an die Fürstenberger Vormundschaft ec. ec. vom Jahre 1575.  
61.) Schrb. Joachims an Graf Heinrich.  
62.) Über die Nöthen wegen Ortenberg, der neapolitanischen Garde des Interims und wegen anderer Dinge giebt nachstehendes Schreiben Friedrichs an Jost Münch klaren Aufschluß:

"Friedrich Graue zu Fürstennberg Heiligenberg vnnd Werdennberg, Landgraff jn Bare ec."

"Vnnsern gunstig gruoß zuvor lieber getreuwer. Dein schreiben des daten denn ersten July, habenn wir alles Innhaltz verstanden, vnnd erstlichs das du habest zu Wolffach noch etlich Rechnung vnd Brieff gefunden, die du achtest der sachenn zu guetem dienen werden, habenn wir gerrn gehoert. Dieweil nun sich dise Hanndlung, Auch wie der zubegegnen, vber lanndt zeschreibenn vnd zehandlen ein vergebne arbeit ist, sonder psonnlich beratschlägdt werden mueß, Derhalbenn wir jn willens fürderlich ein tag fürzenemen, wie du auß hiebeiliegennden Zedel vernemen wurdest, Wir hetten auch dhein zwivell, wenn es gegen vnsers glichen were, wir wolten was erhalten, Derohalbenn von nötten, das alle ding ordennllich zesamen gesuecht, wenn wir zesamen komenn, das sollichs beihanden seig, khann man desto statlich davon reden.

"Es ist auch vnnser Rhat vnd guetbedunnkenn, sobald als die hanndlung beihannden, ein oder zwen gelertenn Doctor die sachenn gründlich zuerlernen vnnd einen Rhatschlag zemachen, damit man bescheidenlich vnnd gründtlich zehandle wisse, Vnnd daneben nichts destowenig sich mit der Reytung zethon gefast mach, damit nicht verabsaumpt, Denn wir jn vorhabens ein Bottschafft zu der keng. Mt. gen Wien zeschickenn vnnd allen menschlichen vnd miglich vleiß fürwennden ob die vnerhörte ablosung gemiltert werdenn möcht, Wie du dann nach Lanngß, so wir zesamen komen, vernemen würdest, vnnd sich vber lanndt nit schreibenn last.

"Es wer auch großtlich vonn nöten, Das man bey der Statt Straßburg ansuechte vnnd bäte jm Faal das Gott glukh geb, vnd die kenig. Mt. die Losung fallen welt lassen, vnnd den pfandschilling zusteigern bewilgen wollen. Ob sye Zehen thauset gulden, ein zu biß man solchs vffpringen möcht, daher lihen wölten, Dann es gar khurz zugen wurd, Darumb dann vnnser brueder vnnd wir sye gnugsamlich versehen wölten.

"Dann so die losung beschä, das onzwivell gemelter Statt Straßburg, Auch vnnserm tochtermann Graff Philipsen vonn Hanauw, Offennburg, Gengenbach, vnd Zell jm Harmerspach vnnd andern In der nachparschafft nit wenig beschwerlich sein wurde, Derohalben zubedenncken, wie man dieselbenn vmb Hilff vnnd Rhat Ansprechen möchte, denn vns’s erachtens, sye vns Fürstennberg Dein die kenig. Mt. zu nachpurn habenn vnndt leiden möchte.

"Sovil die Neapolitanischen Reiter jn der gmeinschafft Ortnauw der Armen Lanndschafft zu großenn nachtheill daligen, Derohalbenn bey der keng. Mt. anzehaltenn, das sye sich mit den Armen leuten gepürlich hielten. Alsbald wir erfarenn das sye dahin gewölt, haben wir nit vnnderlassen, sonder vffs vlissigist, nit allein das sey sich nachpürlich hielten, sond sye gar hinweg zepringen ernstlich angehalten, was vnns derohalbenn für antwurt werdenn, ist leuchtlich zu·gedenncken, Dann dieweil den Französch gesindt vorhannden, ist noch ergersts zubesorgen, welches wir hievor vnnsern prued gnugsamlich verwarnet, vnnd weg zethonn vermant, aber nye nichs mögen erhaltenn, Dieweil nun vnser brueder Im selbs nit helffen will, wie möchten dann wir helffen, Tragen fürsorg, wo nit anders gehanndelt, Das die letzt Irrung beßer werd, dann die erst, wollet aber nochmals durch ander mittl ernstlich anhalten. Als wir vnnsern abscheid von key. Mt. unserm allergst Herrn genomen, haben Ir key. Mt. vnns bevolhen, die so sich Inn die Neuwe Confession begeben, zuermanen, widerumb Inhalt vnd vermög des Reychs abschids, das Interim anzenemen, Ernstlich aufferlegdt, vnnd Ir key. Mt. fürderlichen, wie sich dieselbenn haltenn wollen, vnnd was gehandelt würdt Ir key. Mt. nach lengs Bericht thonn.

"Daruff schickenn wir hiemit drey gedruckhte Intrime, eins euch Ampleuten beyhannden zubehalten, das ander in das kintzgenthal, vnd das Dritt jn die Landvogte Ortnauw sollch zuuerkunden unzerichten vnd jn das werckh ze fueren, Vnnd sich glichfermig der gehorsamen Stenden vnnd vnnderthonen des Reychs zumachen, wie dann vns nit zwivelt sich die als gehorsam zehaltenn vnd zethon woll wissen, Daruff vuns beger Du vnd die Andere Ampleut wollen sollchs ernstlich versehen, vnd volstrecken, vnd vnns fürderlichen, was gehanndelt, vnd wie sich die all erzeigen, gründlich zuschreiben Damit wir der Rö. key. Mt. vnnserm aufferlegdtem Beuelch nach, bericht thon mögen vnnd vns derhalben khein vnfleiss zugemessen werd, Das alles habenn wir Dir unserm brued anzezeigen vnd helffenn zuvolstrecken, nit bergen wellen, Dann Dir gne willen zuerzeigen seind wir wolgeneigdt Daten Heylgenberg den 11. July Anno 1548.

F. G. z. Fürstenberg

(aus dem F. H. A.)  
63.) Schrb. Böcklins von Böcklinsau an Fr. von Fürstenberg, d. d. 18. Januar. 155#.  
64.) Schrb. H. Chr. Hofers an Paul Pfinzing, d. d. 23. Januar 1551; Schrb. des Abtes zu Weingarten an G. Fried. zu Fürstenberg, d. d. 26. Januar e. a. (F. H. A.)  
65.) Merk, Geneal. Beschrbg.  
66.) " Ce comte, qui passait pour un des hommes aussi bien faits et aussi hardis qu’il y en eût en Allemagne. Nov. XVII. de Marguerite de Navarre."   
67.) Alle Zeugnisse stimmen in einem nicht gewöhnlichen Lobe hier überein. Auch die Zimmern’sche Chronik, welche von seinen Trefflichkeiten und Schwächen ein getreuen Verzeichnis liefert, sagt von dem "wunderbarlichen und verrümpten Grafen": "Er hat einen wunderbarlichen Sinn zu Kriegshandlungen gehabt, und ein sonders Ufmerken zu allem, so zu dem Krieg dienstlich seyn möcht." Und an einem andern Orte: "Wir haben in viel Jahren in deutscher Nation keinen martialischern Menschen, und der alle Eigenschaften eines Kriegsmanns an ihme gehabt, die zu loben seyn, gleichwie er; gleichwohl er auch seine Mängel darneben, wie dann bei den Militärischen gebräuchlich."
"Vigoureux et disposé" nennt ihn die XVII. Novelle; "Estimé, bon et vaillant oapitaine" der Hr. v. Brantôme. Auch möge Hircaus Äußerung: "Quand le comte Guillaume vint en France, j'aurais en plus de peur de son épéc que de celle des plus braves Italiens qui étaient à la cour" auch hier noch einmal, als am qeeignetsten Orte, stehen.  
68.) Zimmern'sche Chronik.  
69.) Zimmern'sche Chronik.  
70.) Nach Paul Jovius und Brantôme (II. S. 3 - 4) hätte er einen Sohn, vermuthlich außerhalb der Ehe, erhalten. "Paul Jove" - also plaudert der Pasquillant aller Frauen und der Verläumder vieler Männer - "parle d’un certain Vulcan, fils du comte du Furstemberg, qui fut tu é à la bataille de Cerizoles. Je ne scay s’il estoit fils de ce comte Guillaume, dont nous parlons: mais il avoit pris ou son parain pour luy, an nom estrange, Vulcan. Plusieurs Italiens et aucuns Allemans se plaisent aussi à prendre des noms antiques, de ces braves Romains, dont j’en nommerois une infinité; mais ils n’en prennent nullement de Saturne, Jupiter, Bachus, Mars, Pluton, Radamante et d’autres dieus controuvez. Cettu y-cy pourtant se nomma Vulcan, comme du nom de Mercure, il en est veu en France; mais c’estoit un nom de place et seigneurie, mais non pas un nom de Baptisme. Je croy que ce nom de Vulcan et le surnom de Furstemberg n’eussent gueres servy, ny l’un ny l’autre à le sauver, s’il fust tombé vif entre les mains de Francois. Pour le Vulcan, c’estoit pour faire peur aux petits enfans et pour celuy de Furstemberg, il estoit trop bay et en horreur aux Francois; se souvenans des maux que ce nom avoit apporté en France; et qu’eux mesmes peut-estre en avoient souffert. S’ils le prirent en vie ou s’ils le depescherent aussi-tost: ou bien s’il demeura mort au combat, cela est incertain; mais ils eurent de la joye de le voir estendu par terre. Ainsi se font les vengeances." Ja wohl, Herr von Brantôme!  
71.) Zimmern’sches Mscpt.  
72.) Die Chronik erzählt einen drolligen Vorfall mit Graf Bernhard von Eberstein. Diesem ließ er eines Tages, als er auf seine Einladung zum Mahl nicht erschien, durch zwei Diener die Schienbeine recht tüchtig zerreiben. Dennoch kamen sie bald darauf wieder in dem Pfarrhof zu Ottersweier zusammen, in der Absicht, sich zu versöhnen. Da sie Nachts in eine Kammer gelegt wurden, so sann Wilhelm auf einen neuen Schwank. Er fand neben seinem Bette zwei Körbe voll Eier. Aus dem einen versah er sich reichlich und zerwarf Bernhard von Eberstein so lange damit, bis derselbe, zur Nothwehr gezwungen, mit dem andern Korbe sich bewaffnete und volle Rache nahm. Der Pfarrer wehklagte anfänglich, wurde aber für seinen Verlust entschädigt. Doch hatten die beiden Herren sich selbst das meiste Leid zugefügt, denn ihre Kleider trugen also sehr die Farbe der nächtlichen Waffen, daß sie den Ritt nach Straßburg aufgeben und nach Hause kehren mußten, um gänzlich sich umzukleiden.  
73.) Wenigstens ebenso gut, als viele Verrichtungen und Lebensmomente des Junker Hans von Schweinichen.  
74.) Mehrere Originalschreiben im Fürstenberger Haupt-Archive zu D. zeugen hiefür.  

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