Die Kapelle "Maria Schnee" in Steinach i. K. von Bernd Obert in die Ortenau 1992, S. 532 ff.


Auswirkungen modernen Kirchenraubes

Die Schneekapelle in ihrem schlichten, würdevollen Stil fügt sich harmonisch in das heimatliche Landschaftsbild ein. Das Kirchlein "Maria Schnee", der Mutter Gottes geweiht, hat ihr Vorbild in der Kirche Mariae ad Nives in Rom. Die erste Kapelle - eine kleine Feldkapelle - vermutlich in der spätgotischen Bauperiode in der zweiten Hälfte des 15. Jh. errichtet, wird im "Waydbriff" 1522 erstmals erwähnt: "1588 uff den Aggeren bim Käpelin, 1632 Einbethagger am Käpeli". 1699 wird das Käppele, bedingt durch Kriege und Hochwasser, als "boufelig" beschrieben. Der am Barockstil orientierte neuere Teil oder das Langhaus wurde 1715 - 16 durch Pfarrer Martin Walz unter Mithilfe vieler Wohltäter erbaut. Die alte Kapelle - jetziger Chor - wurde umfassend renoviert und aufeinander abgestimmt. Der sichtbarste Unterschied liegt in den Fenstergewändungen. Aus jener Zeit heißt es in einer Notiz: "Es pilgerte viel Volk zur kleinen Marienwallfahrtsstätte".

Kapelle Maria-Schnee, Steinach
Kapelle Maria-Schnee, Steinach

Wir wollen von jenem Volk berichten, das auch kam, aber nicht pilgerte. Von ihm wurde 1965 das über fünf Meter hohe Eichenkreuz mit Korpus, Lanze, Essigschwamm, Leiter und Figuren beraubt. Die ca. 40 cm hohe Holzstatue der "hl. Magdalena unter dem Kreuz" wurde ein Opfer der Antiquitätenjäger. Leider entdeckte man diesen Verlust erst nach einiger Zeit, so daß man keine polizeilichen Ermittlungen mehr anstellen konnte.

Der Innenraum, mit dem aus dem frühen 18. Jh. stammenden Barockaltar und der Pietà als Altarbild, wird durch sechs Bleiglasfenster erhellt. Das im Block eingelassene hl. Grab, welches 1778 angefertigt wurde, war bis 1889 in der Pfarrkirche.

Die ursprünglich im Altaroberteil stehende Barockstatue der Gottesmutter mit Kind wurde schon vor mehreren Jahren in Sicherheit gebracht. Das rustikale Gestühl gehörte früher zum Mobiliar der Dorfkirche.

Bald hundert Jahre alt wäre die 1974 zerstörte Lourdes Madonna, die von einem in Lyon (Frankreich) beschäftigten Steinacher gestiftet wurde. Deren Sockelinschrift lautet: N. D. de Lourdes (Notre Dame de Lourdes). 

Innenansicht vor der Zerstörung 1974, am rechten Bildrand die Lourdes-Madonna
Innenansicht vor der Zerstörung 1974, am rechten Bildrand die Lourdes-Madonna


Votivtafel, gestiftet von Johannes Ketterer
Votivtafel, gestiftet von Johannes Ketterer

Die Zerstörung der gesamten Inneneinrichtung wurde am 28.11.1974 durch zwei Jugendliche verübt. Auf Grund einer Anzeige und der darauf folgenden polizeilichen Ermittlungen wurden die 17- und 18-jährigen Täter vier Tage später gefaßt und nach Schuldanerkenntnis wegen Sachbeschädigung verurteilt.

Unersetzlich sind die 1968 gestohlenen Votivbilder, zwei im unkomplizierten Bauern- oder Votivstil auf Leinwand gemalten Gelübdebilder mit Geschehnistext. Sie zeigen, wie der Bauer "Johannes Ketterer von Steinach anno 1720 vun sainem Ross gefallen und ein guettes Stuckh geschleufth worden ist und wunderbarlich erhalten worden dise Daffel zue ehr un glory gottes und Maria alhero in dise Capellen" und wie der Bauer Benedikt Gross vom Runzengraben "1723 dise Daffel alhero verehrt un machen lassen, weilen mir ein Stückh Vieh über andren vun einer Sucht ongegriffe welche nit zue erkenne gewest, so hab mein Hoffnung un Vertraue zue Gott un sainer werthesten Musetter Maria, main Vieh wider gesundt worden Gott sey lob und danckh". Gleich nach Feststellung dieses Verlustes wurde Anzeige erstattet. Die polizeilichen Ermittlungen blieben jedoch leider erfolglos. Besonders wertvoll ist eine über 500 Jahre alte Pietä, die aber schon 1938 aus Sicherheitsgründen entfernt und durch ein neues Andachtsbild ersetzt wurde, welches 1974 starke Beschädigungen bei der schon oben erwähnten Verwüstungsaktion erlitt. Auf Grund dieser negativen Erfahrungen wurde der Beschluß gefaßt, eine Gipskopie der Pietä - das Original ist an einem sicheren Ort aufbewahrt -, anfertigen zu lassen und am ursprünglichen Platz aufzustellen.

Votivtafel, gestiftet von Benedikt Gross
Votivtafel, gestiftet von Benedikt Gross


Die über 500 Jahre alte Pietà
Die über 500 Jahre alte Pietà

Was an Bildern, Tafeln und Figuren in der Schneekapelle den gewissenlosen Diebstählen und der sinnlosen Zerstörungswut entging, blieb, wie seit Generationen, Gegenstand tiefster Verehrung vieler Steinacher Gläubiger, die an ihrem "Käppili" hängen. Große Renovationen der Jahre 1868, 1889, 1911 und 1938 beweisen dies auch. Die letzte Restauration der Kapelle, die Eigentum der politischen Gemeinde ist, wurde 1976 / 77 mit finanzieller Unterstützung des Erzbischöflichen Ordinariats, des Landesdenkmalamtes, des Ortenaukreises, der Dr.-Hermann-und-Ellen-Klapproth-Stiftung und der Spenden zahlreicher Bürger unserer Gemeinde durchgeführt.

Fotos: Werner Kinnast

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