Der Stein zu Ortenberg - das Bamberger Fürstenlehen und die Entstehung der Reichslandvogtei Ortenau


von Karlleopold Hitzfeld - Die Ortenau 1969, S. 9 ff.

Der unvergessene W. Knausenberger hat schmerzlich die Lücke empfunden, die uns über die Entwicklung der territorialen Verhältnisse der Ortenau im frühen Mittelalter weitgehend im Dunkeln tappen läßt. Er versuchte erstmalig auf Grund der bekannten Quellen eine Karte der Herrschaftsgebiete in der südlichen Ortenau um 1035 zusammenzustellen. Aus ihr geht hervor, daß dieses Land vor 1007 Reichsbesitz war. Ähnliches galt auch für die weiter nördlich liegenden Teile der Ortenau. Dieses Land war Königs- oder Reichsland. Noch im frühen Mittelalter war dieser Landstrich wenig bewohnt gewesen und erst langsam durch die Klöster und die Bistumsherrschaft besiedelt worden. Diese erhielten hier Grundherrschaften mit der Auflage, diesen Bereich in der damals üblichen Form zu besiedeln und religiös zu betreuen, von den Neusiedlern Abgaben zu erheben und davon dem König bei den vorgeschriebenen Gelegenheiten den Lehenszins zu zahlen, denn die obere Landeshoheit war beim König, der über das Land nach Belieben verfügen konnte.

Schloss Ortenberg Luftaufnahme genehmigt SH 3768
Schloß Ortenberg Luftaufnahme genehmigt - SH 3768

Es war ganz natürlich, daß das Bistum Straßburg vom König, der ja Mitglied des Domkapitels war, zuerst solche Grundherrschaften erhielt: am Rhein entlang im Straßburger Vorfeld, im mittleren Schutter- und Unditztal(1). Von Straßburg wurden die Geroldsecker als Lehensleute ins obere Schuttertal gesetzt, die dort einen Anreicherungspunkt für ihre spätere Territorialherrschaft gewannen. Sehr früh erhieleen die Thiersberger(2) das Diersburger Tal und seine Nachbarschaft. Die Klöster Gengenbach und Schuttern erhielten zahlreiche Grundherrschaftsbezirke.

Das meiste Land von der Unditz im Süden bis über die Acher im Norden war bis ums Jahr 1000 durch die Landesherrschaft immer noch fest in der Hand des Königs. Im Jahre 1007 bestimmte nun Kaiser Heinrich II. dieses Land zur Dotation seines neugegründeten Bistums Bamberg (3), nur die Schirmvogtei hat er dem Reich vorbehalten. Von da an war der König nicht mehr unmittelbarer Herr über dieses bisherige Reichsland, sondern der Herr über das neue Reichsbistum Bamberg. Verfügungsberechtigt über diese Ortenau-Gebiete war von da an der Bischof von Bamberg.

Die südliche Ortenau erscheint von da an aufgeteilt in straßburgische und in bambergische Gebiete. Aber schon hatten einige kleinere Bezirke eine selbständige Entwicklung begonnen: das Geroldsecker Land um die obere Schutter und das Thiersberger Land, ferner straßburgische Gebiete entlang dem Rhein. Uns soll hier nur die weitere Entwicklung der bambergischen Ortenau-Lande beschäftigen, und zwar:

a) Die anfängliche Entwicklung des bambergischen Gesamtbereichs

Der Mangel an Quellen für dieses Gebiet in seiner Frühzeit ist schmerzlich zu beklagen. Indessen hilft uns hier das vergleichsweise reichliche Quellenmaterial über die sich weit in die Rheinebene erstreckende Grundherrschaft der Reichsabtei Gengenbach etwas weiter, So manches führt uns sogar in die Zeit vor 1007 zurück und kann überhaupt nur aus ganz bestimmten früheren Herrschaftsverhältnissen begriffen werden.


mortenau um 1000
Das Bamberger Fürstenlehen machte einen großen Teil der Ortenau aus. Über den alemannisch-fränkischen Grenzverlauf im Norden der Mortenau siehe den Aufsatz Baur "Hie Frankenland - hie Alemannenland".

In einmaliger Sperrlage, die geradezu zu einer Befestigungsanlage reizte, und schön in der Mitte des Bamberger Landes lag der zentrale Regierungsort für die gesamte so weiträumige Herrschaft. Dieser Verwaltungsmittelpunkt war das Schloß Ortenberg, damals bekannt und allgemein so genannt unter dem altdeutschen Namen "Stein zu Ortenberg"(4), in den lateinisch geschriebenen erzählenden und urkundlichen Quellen gewöhnlich "Castrum Ortenberg" oder schlichtweg "Ortenberg" genannt. Mit ihm müssen wir uns etwas genauer beschäftigen.

Diese Ortenburg, wie sie zuweilen auch bezeichnet wurde, war von 1007 an der Hauptverwaltungssitz des Gesamtlandes. Von hier wurde z.B. auch der Vogt des Südteils nach Mahlberg angewiesen(5).

Indessen brauchte der deutsche König, dem das ganze Gebiet ja zu Eigentum gehörte, natürlich schon vor 1007 eine Macht- und Verwaltungszentrale. Dies war naturgemäß ebenfalls der Stein zu Ortenberg gewesen.

Wir kommen dadurch in die Verwaltungsorganisation des Reichsbesitzes der Ortenau in der Ottonenzeit und noch früher. Im Stein zu Ortenberg haben wir ohne Frage die alte königliche Grafenburg der Ortenau zu erblicken. Wann die erste Burg errichtet und zum Grafensitz bestimmt wurde, können wir aus Mangel an Quellen über jene geschichtliche Frühzeit der mittleren Ortenau nicht genauer präzisieren. Ausnahmsweise dürfen wir hier ruhig ins 10. Jahrhundert, also in die Karolingerzeit, zurückgehen, während man sonst mit dem Rückdatieren nicht vorsichtig genug sein kann. Der Stein zu Ortenberg war ganz sicher auch zuvor schon die zentrale Gaugerichtsstätte. Dies bedeutet, daß die zeitlich festliegenden sogenannten ungebotenen Gerichtstermine, zu denen also nicht gesondert geladen wurde und alle Verpflichteten erscheinen mußten, dort abzuhalten waren, aber auch schwere Zivil- und Strafgerichtsfälle mit besonderer Vorladung.

Zu Unrecht hat man bisher Kinzigdorf, 926 zum erstenmal erwähnt, dafür gehalten, auch mal Ottenheim und Kinzigdorf(6). Wohl waren in diesen beiden Plätzen Gerichtsstätten, aber sie hatten nur lokale Bedeutung.

Nun bringt die Urkunde von 926 in diesen einfachen Grundriß eine Schwierigkeit hinein. Sie behauptet, daß in Kinzigdorf ein Gaugericht gehalten wurde. Zwar ist diese Urkunde nicht ganz unbestritten, aber auch wenn tatsächlich in Kinzigdorf das dort erzählte Gericht stattegfunden hat, war es nur ein einmaliges Gericht, ein sog. gebotenes Gericht. Ein solches konnte nach Erfordernis auch außerhalb der Gaugerichtsstätte abgehalten werden, aber nur für notarielle, bürgerliche Rechtsfälle von öffentlicher Wichtigkeit. Diese Rechtsgewohnheit können wir aus der gengenbachischen Frühgeschichte belegen. 1137 wurde dem Kloster Gengenbach die freiadelige Grundherrschaft Eschach (Kreis Villingen) geschenkt. Ein solches Freigut understand einem besonders fürsorglichen Recht. Daher mußte die Schenkung vor den höchsten politischen Autoritäten dreimal feierlich verkündet und protokolliert werden. Die erste Ausrufung der Schenkung fand im Dinghof zu Aasen state (die dortige Gaudingstätte), die zweite im geschenkten Dinghof in (Nieder-)Eschach selbst, und die dritte ebenso öffentliche, freie, offenkundige und unwidersprochene in Schwenningen, also zweimal außerhalb der Gaudingstätte.

Daher waren die Termine in Kinzigdorf und Ottenheim solche rein bürgerlich rechtliche Verkündungstagfahrten im gebotenen Thing, wozu die Parteien besonders vorgeladen wurden(7).

Zumal über Kinzigdorf wissen wir doch immerhin genügend, um ihm unwiderleglich den Rang einer Gau- oder sonstigen höheren Gerichtsstätte völlig abzusprechen.

Kinzigdorf war nämlich ein gengenbachischer Curien-, Herren- oder Dinghofbezirk. Es befand sich dort das übliche Dinghofgericht, und dieses gehörte zur Immunität (= Gerichts- und Abgabenfreiheit) der Abtei Gengenbach. Die wirtschaftliche Ausstattung dieses Klosters stammt aus dem 8. und 9. Jahrhundert, also aus der Karolingerzeit. Damals wurde die gengenbachische Grundherrschaft durch Verleihung der Immunität von der Zuständigkeit des Grafen und den zugehörigen Abgaben befreit. Die gesamte abteiliche Grundherrschaft war damit aus jedem öffentlichen Gerichtsbezirk herausgenommen(8). Ein solcher dem königlichen Grafen, d.h. der öffentlichen Gewalt gar nicht unterstehender Ort war auch unser Kinzigdorf. Es ist ein unvorstellbarer Gedanke, daß man damals das oberste Gaugericht oder sonstige Provinzialgerichte im feststehenden, ungebotenen Termin in eine vom Grafen unabhängige Dingstätte, die überdies noch mit dem Recht der gerichtlichen Freistätte begabt war, verlegt haben könnte(9).

Die älteste Fernstraße, auf der die Männer zum Gerichtsort kommen mußten, schlich am Rande der Vorhügelzone entlang, am Fuße des Steins von Ortenberg vorbei, um anschließend die Kinzig zu überqueren. An dieser muß man den Gerichtsort suchen.

Einen Hinweis gibt auch der Name "Ortenberg". "Ort" bedeutet das zu äußerst gelegene Stück des Berges. Dann ist also "Ortenberg" der vorderste Berg, der etwas in den Talraum vorspringt(10). Neben dieser hat "Ort" noch eine zweite Hauptbedeutung: der angewiesene Gerichtsplatz bei einer solchen Bergnase(11). Ebenso ist das so seltsame Wort "Stein" hier als Opfer- und Gerichtsstein aufzufassen. Daher steckt schon im Namen "Stein zu Ortenberg" die Andeutung einer alten Thingstätte mit der hohen Strafgerichtsbarkeit, wo man auch hinreichend für die notwendige Sicherheit sorgen konnte. Dies alles trifft nur hier zu. Wir können also nur dem Stein zu Ortenberg den Rang einer überörtlichen Gerichtsstätte zuerkennen.

Nichts kann den Vorrang dieser Gerichtsstätte besser verdeutlichen, als die Tatsache, daß alle Menschen von Zunsweier bis an die Acher schon lange vor dem elften Jahrhundert diesem Stein dienen mußten. Diese allgemeine Wichtigkeit des Platzes für das gesamte Königsland vor 1007 hat so tiefe Spuren hinterlassen, daß sie den Menschen und den schriftlichen Quellen noch nach Jahrhunderten bewußt und geläufig war.

die ins Tal vortretende Lage von Schloss Ortenberg
Das Bild zeigt die ins Tal vortretende Lage von Schloß Ortenberg: Links am Fuße des Burgberges, wo die ersten Häuser des Dorfes zu sehen sind, begann früher das Dorf Dattenweiler.

Gerade hier helfen uns die Gengenbacher Quellen weiter. Die Zusammenstellung dessen, was alles zur anfänglichen Leibherrschaft der Abtei Gengenbach seit ihrer Gründung im 8. Jahrhundert gehörte, ergibt fast unwahrscheinlich klingende Aufschlüsse über die Zusammenhänge.

Dazu gehörten nämlich

1. alle Leute, die in der klösterlichen Grundherrschaft wohnten;

2. darüber hinaus ebenso ausnahmslos alle Menschen, die von den alten Zeiten her zum Stein von Ortenberg dienten. Dies waren die Bereiche der späteren Landgerichte Achern-Ottersweier, Ortenberg, Griesheim-Zunsweier und Appenweier, ferner die spätere bischöflich straßburgische Herrschaft Oberkirch von Renchen bis an den Kniebis und im Norden bis Sasbach und endlich die künftige Herrschaft Staufenberg(12).

Die meisten dieser Gebiete waren auch gengenbachische Zehntbezirke. Alle die genannten Leute unterstanden für die Leibfälle und die Zehnten der alten gengenbachischen Gerichtsherrschaft(13).

Das ist erstaunlich. Diese weit über die gengenbachische Grundherrschaft hinausreichenden Rechte können nicht aus der Zeit des Bamberger Fürstenlehens nach 1007 stammen, denn sie können ausschließlich von einem deutschen König an die Abtei verliehen worden sein. Wiederum weist dies in die Zeit, da der deutsche König noch der direkte Herr dieses gesamten Gebietes und zugleich der Eigenklosterherr von Gengenbach war, mithin in die Zeit vor 1007. Alle die genannten gengenbachischen Rechte lagen eindeutig innerhalb des ehemaligen Reichsgutes, das dann 1007 bambergisch wurde.

Die gengenbachischen Rechte reichen bis ins 8. Jahrhundert zurück. Aber schon vorher gehörten die genannten Bereiche zum Stein von Ortenberg. Damals war also die Ortenburg, der Stein zu Ortenberg, die königliche Grafenburg zum mindesten der mittleren Ortenau ohne die inzwischen ausgeschiedenen Immunitätsbezirke.

Für die Abgliederung des danebenliegenden Immunitätsgebietes der Abtei Gengenbach wurde ihr eine aufschlußreiche Last "von alters her" aufgebürdet: Sie hatte nämlich für das Schloß Ortenberg vier Esel zu stellen und zu unterhalten, die das Wasser auf die Burg schaffen mußten, ferner jährlich Rebstecken, Brennholz und Hühner zu liefern(14). Diese Lasten stammten begreiflicherweise ebenfalls aus der Zeit vor 1007.

Alle Leute, die in den Zeiten vor 1007 dem Stein zu Ortenberg oder, wie man zuweilen später sagte, zur Pflege Ortenberg dienten, waren seit 1007 der Bereich des Bamberger Landes. Es ist mehr als man geneigt ist zu erwarten. Das Bamberger Land reichte also von Mahlberg im Süden bis über die Acher im Norden.

Zählen wir mal die darunter begriffenen Siedlungen auf:

I.

a) Burg Ortenberg
Zunsweier,
einschl. dem Halb-
teil des späteren
Berghaupten(15a)
Elgersweier
Schutterwald (15a)
Höfen bei Schutterwald (15a)
Langhurst (15a)
Müllen (15a)
Kittersburg (15)
Goldscheuer (15)
Marlen (15)

b) Offenburg
Käfersberg
Fessenbach
Zell
Weierbach
Riedle
Hasengrund
Albersbach
Rieß
Rammersweier
Bohlsbach
Bühl bei Offenburg
Griesheim
Weier
Waltersweier
Windschläg
Ebersweier

c) Durbach
Schloß Staufenberg
Hohenberg

d) Appenweier
Nesselried
Zimmern
Urloffen
Nußbach
Zusenhofen
Müllen bei Oberkirch
Herztal
Maisenbühl
Kernenhof
Bottenau
Rohrbach
Rohrberg Froschhof
Bächlehof

e) Wagshurst
Renchen
Mösbach
Ulm
Erlach
Stadelhofen
Haslach
Tiergarten
Ringelbach
Ullenburg
Spring
Wolfhag
Rothof
Gaisbach
Schauenburg
Oberkirch
Oberdorf
Winterbach
Fürsteneck
Butschbach
Diebersbach
Schlatten
Lautenbach
Sendelbach
Ödsbach
Hesselbach
Dörfle Burg Neuenstein
Bärenburg
Ramsbach
Steinenbach
Oppenau
Maisach
Ibach
Langenbach
Rinkhalde
Wahlholz
Rohrenbach
Bägoldsbach
Breitenberg
Bästenbach
Döttelbach
Griesbach
Peterstal
Freyersberg
Löcherberg

f) Achern
Oberachern
Fernach
Fautenbach
Gamshurst
Önsbach
Litzloch
Michelbuch
Illenbach

g) Sasbach
Sasbachried
Malsgrund
Obersasbach
Murberg
Sasbachwalden
Sandweg
Bischenberg
Burg Hohenrod (Brigittenschloß)
Brandmatt
Breitenbrunn
Schönbuch

h)Kappelrodeck
Waldulm
Burg Rodeck
Furschenbach
Ottenhöfen
Seebach
Burg Bosenstein
Blaubronn
Kloster Allerheiligen
Lautenbach

i) Ottersweier
Maria Linden
Haft
Walzfeld
Lauf
Hatzenweier
Hub
Niederhofen
Weierhof
Aspich
Wendelbach Aubach
Hornenberg
Breiteneck
Grimmis
Lochhof
Rieberhof
Krafteneck
Kammerhof
Schloß Neuwindeck
Glashütte


II.

k) Der Südbezirk
Schloß Mahlberg
Stadt und Dorf
Mahlberg
Kippenheim
Kippenheimweiler
Wittenweier
Allmannsweier
Höfen bei
Allmannsweier
Nonnen weier(15)
Ottenheim(15)
Kürzel
Valtolzweier
Ottenweier
Schutterzell
Ichenheim
Dundenheim
Altenheim
Schuttern
Friesenheim(15)
Ruogerswiler(15)
Heiligenzell(15)
Oberweier(15)
Oberschopfheim(15)


Darunter ist das beste landwirtschaftliche Gelände in der Vorbergzone entlang der sogenannten Bergstraße (Fernlandstraße), das infolgedessen allmählich verhältnismäßig gut bevölkert worden ist. Wo viel Menschen sind, da gibt es auch Einnahmen für die Grundherrschaft und die Landesherrschaft.

Wie dieses gewaltige Gebiet verwaltet wurde, müssen wir nun zu erkennen versuchen. Bamberg sollte durch diese Landzuweisung mit einem einigermaßen überschaubaren Einnahmensoll für seinen Landeshaushalt rechnen können. Nach den vorhandenen Spuren hat Bamberg diesen Raum in eigene Verwaltung und teilweise auch eigene Bewirtschaftung genommen und zwar sowohl einzelne Grundherrschaftsbezirke als auch die obere Verwaltung des gesamten Landes.

Vom selbstbewirtschafteren Grundbesitz können wir mit Namen nachweisen das sogenannte Alte Gut bei Gengenbach, auch Gaishaut genannt, und den Bezirk

Die suedliche Haelfte des Bamberger Fuerstenlehens
Die südliche Hälfte des Bamberger Fürstenlehens (seit 1007). Vielleicht war Meißenheim schon vor 1007 ausgegliedert worden. Marlen, Goldscheuer, Kittersburg, Müllen, Langhurst, Schutterwald, Höfen und Teil-Zunsweier teil zunsweier gehörten ursprünglich auch zu diesem Südteil, kamen aber auf teilweise ungeklärte Weise später zum Bamberger Nordteil. Daran schloß sich das Offenburger Lehen offenburger lehen


Heimburg im Durbachertal(16). Die Bauern des Gaishautbereichs waren zur Ziegenhaltung verpflichtet und mußten die Gaisenhäute abliefern. Diese wurden als Schreibstoff für die Bücher und Urkunden von dem jungen Bistum gebraucht. Das Durbacher bambergische Gut war ein Rebgut und mußte den Kirchenwein für Bamberg erzeugen, wo es damals keine Reben gab.

Über diese von Bamberg selbst bewirtschafteten Güter wissen wir aus einer Notiz in den Monumenta Germaniae Historica Scriptores XII, 908: "Der heilige Bischof Otto von Bamberg (1103 - 1139) übergab der Abtei Gengenbach Heimburg und Oberdorf mit anderen Gätern und sicherte sie ihr durch bischöfliches Privilegium."(17) Diese anderen Güter kennen wir als ehemals bambergische Salgüter im einzelnen nicht. Der bambergische Bischof Otto gab also mehrere bisher selbstbewirtschaftere Güter der bambergischen Abtei Gengenbach zur Eigennutzung.

Ein anderer Hinweis besagt, daß im Jahr 1108 Nußbach in der Ortenau ein Bamberger Lehen der Schauenburger war(18). Was ist mit dem Begriff Nußbach hier gemeint? Ohne Frage der alte Königshof mit seiner weitreichenden Grundherrschaft, die sich südlich der Rench bis gegen Oppenau erstreckte. Aus der schlichten Notiz geht leider nicht hervor, ob noch mehr damit verbunden war. Immerhin dürfen wir sagen, daß Bamberg auch den niederen Landschaftsadel mit größeren oder gehäuften Grundherrschaftsbezirken belehnte. Nußbach war ein einträglicher Besitz, den Bamberg zuvor auch selbst genutzt hatte.

Hier wäre noch darauf hinzuweisen, daß von den beiden in der Ortenau liegenden Königshöfen nur der Nußbacher, aber erst 1024, vom Kaiser zum BFL geschlagen wurde. Der Burgheimer Königshof scheint schon weit früher ausgeliehen worden zu sein.

Da später keine bambergischen Salgüter mehr nachweisbar sind, müssen wir folgern, daß Bischof Otto den Eigenbau in der Ortenau wegen Unrentabilität entschlossen aufgegeben hat. Wir können das gut verstehen, denn die Naturalienabgaben mußten auf dem 400 km weiten Weg nach Bamberg zahllose Zollstellen mit Abgabenzwang passieren. Dies zusammen mit den Fahrtkosten mag zuweilen zu einem Verlustgeschäft geführt haben.

In dem bambergischen Großgebiet der Ortenau war in der Zwischenzeit eine kleine, aber wichtige Veränderung vor sich gegangen. Immer wieder gab es personelle Verbindungen zwischen den Bistümern Straßburg und Bamberg durch Mitglieder der Domkapitel(19). Daher mag es für den Straßburger Bischof nicht schwer gewesen sein zu erreichen, daß der Bereich der vier straßburgischen Kurien vor der Ortenburg beim Eintritt der Kinzig in die Rheinebene mit ergänzender Abrundung als Kleinlehen mit hohen und niederen Herrschaftsrechten abgesondert und an das Bistum Straßburg verlehnt wurde.

Dieser Vorgang muß im 11. Jahrhundert stattgefunden haben, und zwar noch in der Zeit, in der das bambergische Großlehen unter der direkten Verwaltung von Bamberg stand, die nach Belieben abgliedern konnte. Über den bezahlten Gegenwert wissen wir nichts.

Dieses Kleinlehen, auf dessen Boden dann später die Stadt Offenburg gegründet wurde, wollen wir das Offenburger Lehen nennen(20). Es war die erste Ausgliederung aus dem Mittelteil des Bamberger Großlehens. Doch war es der entscheidend wichtige zentrale Bezirk dieses Großgutes gewesen, das durch diese Lostrennung in seinem Wert wesentlich verloren hat und später wegen des Lagewertes immer wieder den Kampf um das Offenburger Lehen auslöste.

Seit 1007 lagerte auf dem Bamberger Lehen eine eigenartige Schicht von Abhängigkeit, die Kaiser Heinrich II. dem Reich zurückbehalten hatte: die Schirmvogtei(21). Diese ruhte als Reichslehen auch über dem Offenburger Lehen für alle Zeiten. Diese Schirmvogtei wurde allmählich fast zum bloßen Geldlehen, denn jeder Bürger und Bauer mußte einen kleinen Betrag, hier 4 Pfennige im Jahre, als sogenanntes Vogtgeld bezahlen.

Die höhere bambergische Landesverwaltung selbst wurde von der Ortenburg aus geleitet. Wahrscheinlich seit den Zeiten des genannten Bischofs Otto († 1139) oder nicht lange danach wurde sie auf eine andere Grundlage gestellt. Es war die Zeit der Staufenkaiser. Um einen höheren Ertrag herauszuwirtschaften, gab Bamberg im Laufe des 12. Jahrhunderts sein Ortenauer Land als geschlossenes Großlehen aus. Wir wollen es deshalb als Bamberger Fürstenlehen (BFL) bezeichnen. Allerdings wissen wir nicht sicher, ob Kaiser Konrad III. der erste Lehensträger wurde. Hier durfte vor allem die hohe Gerichtsbarkeit damals nur durch den aus dem freien Stande hervorgegangenen Adel ausgeübt werden.

Nun haben Kaiser Friedrich Barbarossa (1152 - 1190) und sein Sohn Kaiser Heinrich VI. (1190 - 1197) seit etwa 1162 das Offenburger Lehen vom Bistum Straßburg innegehabt. Bei dem inneren Zusammenhang der beiden Lehen lag es als selbstverständlich nahe, daß die Staufer nicht nur das kleine, abgegliederte ehemalige Herzstück des Bamberger Fürstenlehens besessen hatten, sondern auch das restliche BFL selbst, dieses vermutlich noch vor dem Offenburger Erwerb als Lehen von Bamberg, was wir gerne dem Kaiser Konrad III. zuschreiben möchten. Die Staufer mit ihrem großen elsässischen Besitz haben natürlich bald gemerkt, daß ihr neuer Ortenauer Besitz durch das Fehlen des Offenburger Lehens im Kinzigtäler Kernraum eine fundamentale Schwäche aufweist. Kaiser Barbarossa ruhte daher nicht und half mit der ganzen Wucht seiner Autorität nach, bis ihm von Straßburg auch das Offenburger Lehen anvertraut wurde. Die ursprüngliche, natürliche Zusammengehörigkeitr wirkte stets bei dem Streben der Bewerber nach den beiden Lehen fast zwangsläufig mit.

Es muß ferner unterstellt werden, daß die Staufer auch die Reichsschirmvogtei über das BFL nicht in fremden Händen gelassen haben. Nach dem unvorhergesehen frühen Tode des Kaisers Heinrich VI. im Jahr 1197 hat Herzog Philipp, der neue Anwärter auf das deutsche Königtum, im Jahre 1199 auf das BFL, das straßburgische Offenburger Lehen sowie die Vogteilehen durch Vertrag verzichtet(22).

Der Straßburger Bischof gab darnach sein freigewordenes Offenburger Lehen seinem Helfer, dem Herzog Berthold V. von Zähringen, der vom Bischof von Bamberg gleichzeitig auch das BFL bekam. Wiederum wirkte sich also hier die frühere Zusammengehörigkeit der beiden Teile politisch und verwaltungsrechtlich aus.

Gerade im mittleren Teil des BFL lagen umfangreiche gengenbachische Grundherrschaften und eine noch weiter reichende Leib-, Zehnt- und Gerichtsherrschaft der Abtei. Die Schirmvogtei darüber hat das Reich, die Hochgerichtsvogtei der Abt von Anfang an als Sonderlehen ausgegeben, wozu nur ein freier Richter genommen werden durfte.

Dabei war es kaum zu umgehen, daß auch diese Vogteien den Staufern übertragen wurden, so daß die Personalunion schon seit der Mitte des 12. Jahrhunderts bestand(23). Mit diesem gehäuften Lehensbesitz war seit jener Zeit die Stauferfamilie das vorherrschende Geschlecht in der Ortenau und hat vermutlich dort auch die wenigen noch freien Grafenrechte wahrgenommen. Zu Unrecht hat man den Zähringern hier eine überragende Rolle zugeschrieben. Vielmehr war die Ortenau die natürliche Macht- und Einflußzone der Staufer von Ihrem unterelsässischen Machtbereich aus. Dies wurde immer stärker offenbar, seitdem die Staufer mit Konrad III. 1138 (regierte bis 1152} deutsche Könige geworden waren.

Der politische und wirtschaftliche Wert des BFLs mit dem Regierungsmittelpunkt Schloß Ortenberg war allmählich ordentlich gewachsen. Die Lehen waren damals wohl vererbbar. Allein der Staufenherzog Philipp hat 1199 durch einen Vertrag auf die Kirchenlehen verzichtet. Danach wurden sie unwidersprochen als erledigte Lehen neu vergeben: das BFL und das Offenburger Lehen an Herzog Berthold V. von Zähringen. Durch dessen Tod wurden sie 1218 wiederum frei. Sein Tod ohne Söhne warf schwierige Erbfragen auf. Der nächste Erbberechtigte, Graf Egeno V. von Urach, stieß auf die Forderungen zweier zähringischer Seitenlinien, nämlich der Herzöge von Teck und der Markgrafen von Baden-Baden.

Der Umfang der zähringischen Eigengüter In der Ortenau (im Renchtal) war nicht groß. Herrschaftspolitisch ungewöhnlich bedeutend waren hingegen die ortenauischen Kirchenlehen: das Offenburger Lehen, das BFL sowie die oft genannten Vogteilehen, deren Besitz dem Inhaber zur Vorherrschaft in der Ortenau verhelfen konnte. Von allen Seiten drängten damals die Bewerber nach der Ortenau.

Allein die Staufer waren wachsam und für diesen Fall vorbereiter. Das BFL war ja bis 1199 schon in staufischem Besitz gewesen. Das war in diesem Fall zwar keine Rechtsposition, welche die Übertragung zwangsläufig zur Folge hätte

Die noerdliche Haelfte des Bamberger Fuerstenlehens samt dem Offenburger Lehen
Die nördliche Hälfte des Bamberger Fürstenlehens samt dem Offenburger Lehen offenburger lehen und der später umgegliederten Zone teil zunsweier. Man beachte die Randlage der Zentrale (Schloß Ortenberg) nach der Abgliederung des Südteiles.

Deshalb erklärte er, daß die Lehen "von seinen Vorfahren her ihm zukommen". Sciner Diplomatie gelang zu Ulm schon im September 1218 ein Übereinkommen mit dem zähringischen Haupterben in den rechtsrheinischen Landen, dem Grafen Egeno V. von Urach. Wenn wir auch den genauen Text nicht mehr besitzen, so ist der wesentliche Vertragsinhalt aus den unmittelbaren Folgen zu entnehmen. Kaiser Friedrich II. besetzte nämlich alsbald die bambergischen Ortenaulehen. Schon im September 1218 hielt er sich auf dem bambergischen Schloß Mahlberg auf und übte von dort Regierungsbefugnisse aus(24). Daß es dem Kaiser hauptsächlich auf die ortenauischen Schlüssellechen ankam, beweist der Vertrag von Hagenau im September 1219, Darin verzichtete der Kaiser auf die zuvor den Herzogen von Teck abgekauften zähringischen Erbrechte und Eigengüter zugunsten des Urachers Egeno V. Die vom Kaiser besetzten bambergischen Lehen dagegen wurden ihm uneingeschränkt und endgültig zugestanden.

Nun suchte der Kaiser sich und seinem Hause den Besitz dieser Lehen vertragsrechtlich zu sichern, indem er vom bambergischen Bischof Ekbert 1225 dessen Lehen in der Ortenau für 4.000 Mark Silber Lehenstaxe käuflich an sich brachte. Er kaufte sie für den staufischen Hausbesitz. Anders läßt sich die Transaktion mit dem letzten Staufer Konradin im südlichen Teil des Lehens gar nicht auslegen, wovon noch zu sprechen sein wird.

Indessen öffnet sich hier eine eigentümliche Schwierigkeit, die durch die damals üblichen, allzuknappen, stichwortartigen Angaben bei den schriftlichen Aufzeichnungen verursacht wurde, In das Reichssteuerverzeichnis von 1241 ist nämlich sowohl Mahlberg als auch Ortenberg folgendermaßen aufgenommen:

"42. Item von Mahlberg 10 Mark (Silber); 43. Item von Ortenberg 20 Mark."(25)

Diese sehr niedrigen Steuersätze fallen geradezu auf gegenüber dem unbedeutenden Haslach mit 40 Mark, Offenburg mir 60 Mark und später die Stadt Gengenbach gar mit 80 Mark. Schon der kleinere Südteil des BFL mit Schloß Mahlberg war jedoch um ein Mehrfaches größer und volkreicher als etwa das Offenburger Lehen. Diese Überlegung muß uns stutzig machen und uns nahelegen, daß mit jenen Stichworten Mahlberg und Ortenberg nicht das BFL, sondern die Reichs-Schirmvogteilehen gemeint sind, die Kaiser Heinrich II. von Anfang an dem Reiche vorbehalten hatte. Das Schirmvogteigeld hatte jeder Bauer und jeder Bürger zu bezahlen. Auf diese Weise erklären sich zwanglos die auffallend niedrigen Steuersätze von 1241.

Die Verwaltung dieses rückerworbenen staufischen Besitzes war einfach genug. Auf Schloß Ortenberg saß der Vogt Reinbold, der als Oberbeamter den mittleren und nördlichen Teil des BFL verwaltete(26). Auf Schloß Mahlberg harte der Oberbeamte über den Südteil seinen Sirz: Walther, wohl der Bruder des genannten Reinbold, mit dem Titel (Vogt und) Schultheiß(27).

Dieser letztere Titel gibt an, daß er auch Schultheiß der Stadt Mahlberg war. Beide waren zugleich die Vögte der vom Reich zu Lehen gehenden Schirmvogtei über die bambergischen Gebiete. Dagegen wurde die Hochgerichts- und Schirmvogtei (oft auch Kastenvogtei genannt) über die Grundherrschaften der Reichsabteien Gengenbach und Schuttern um 1233 vom Offenburger Schultheiß Conradus(28) unter der Bezeichnung Gengenbacher Kastvogt ausgeübt, ein Hinweis, daß der Offenburger königliche Schultheiß noch andere Aufgaben zu erfüllen hatte. Aus der gleichen Zeit kennen wir als klösterlich gengenbachischen Richter, der auf Bitten des Abtes vom König geschickt wurde, einen Herrn von Bodeme, der also zunächst nur Richter in den abteilichen Gerichten gewesen ist. Das in den Acta Gengenbacensia genannte Provinzgericht betreute also den gengenbachischen Gerichtsbezirk(29). Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, daß er zugleich auch im Bezirk Ortenberg des BFL irgendwie als Richter tätig war. Allein Einzelheiten darüber sind uns unbekannt.

Die Absetzung des Kaisers Friedrich II. brachte 1247 auch kriegerische Unternehmen gegen die Staufer auf der rechten Rheinseite, die sich auf das in staufischer Hand befindliche BFL und das Offenburger Lehen sowie auf die Reichsschirmvogteien bezogen. Der Straßburger Chronist Ellenhard berichtet darüber:

Die Anhänger des Bischofs (Heinrich III. von Stahleck, 1244 - 1260) eroberten auf der anderen (= rechten) Seite des Rheins die Adelsburg Mahlberg und die Burg Husen(30) und viele Städte. Danach eroberte der gleiche Bischof die Burg Ortenberg und unterwarf sich die Stadt Offenburg, das Kinzigtal und Gengenbach(31). Mit diesen Bezeichnungen sind das BFL, das Offenburger Lehen und die Vogteilehen gemeint(32).

Diese Lehen sollte der Bischof so lange besetzt halten, bis er für seine Aufwendungen und die seiner Helfer entschädigt ist(33). Dafür erhielt er unter dem 3. Juni 1248 von Papst Innozenz IV. ein Schreiben mit der Genehmigung, "die von seinen Anhängern unter großen Kosten eroberten Plätze, nämlich die Stadt Gengenbach, die Schlösser Mahlberg und Ortenberg mit ihren Zugehörden, welche der frühere Kaiser Friedrich von der Bamberger Kirche zu Lehen getragen hatte, so lange zu behalten und weder dem Bischof von Bamberg noch einem anderen auszuliefern, bis er für seine Aufwendungen voll entschädigt sei"(34). Es handelt sich also unmißverständlich um die bambergischen Lehen.

schloss mahlberg
Stich aus dem Buch: Schloß Mahlberg und seine Geschichte von Hans Hermann von Böh † 1948. Er hat das Schild "Maulburg" für falsch gehalten und dem Bild die Unterschrift gegeben: Das märkgräfliche Schloß Mahlberg in den Händen der Franzosen, wird durch die Kaiserlichen unter General Gilles de Hasi beschossen und am 17. April 1641 eingenommen. Danach wäre es das älteste Bild der Feste Mahlberg.

Ähnliches besagt auch die Verzichturkunde des Grafen Heinrich von Fürstenberg gegenüber dem Straßburger Bischof: "Wenn ich irgendwelche Rechte habe oder zu haben glaube in Offenburg, Ortenberg, Gengenbach und deren Zugehörden, trete ich sie der Straßburger Kirche ab mit Ausnahme von Steinach, Haslach und Biberach, die ich besetzt habe."(35) Damit ist die erste Abgliederung aus den Vogteilehen angedeutet.

Nach dem Tode des Kaisers Friedrich II. und seines Sohnes Konrad IV. († 1254) hat der Bamberger Bischof, der ein Anhänger der Staufer war, als Oberlehensherr das BFL für erledigt angesehen. Danach faßte Straßburg den Erwerb des BFL ernstlich ins Auge, denn in der Zeit der Besetzung hatte es die gute Ertragslage des schönen Landes zur Genüge kennengelernt.

Nachdem etliche Jahre später der sogenannte Waltherische Krieg gegen die Stadt Straßburg vom Bischof verloren worden war(36), wurde er durch Friedensverträge abgeschlossen. Das noch immer besetzte Gebier des BFL wurde durch diese Verträge nicht berührt. Es blieb bei der bisherigen Rechtslage und Verwaltung.

Der neue, seit 1263 amtierende Bischof Heinrich IV. (von Groß-Geroldseck am Wasichen, 1263 - 1273) hat die Verhandlungen, die Bischof Walther wohl schon lange begonnen hatte, über den lehensmäßigen Erwerb des BFL noch im Jahre 1263 zu Ende geführt, ohne daß wir das genaue Datum des Abschlusses feststellen könnten. Wir kennen nur eine Vorurkunde und eine Urkunde mit den Ausführungsbestimmungen über die Abwicklung der Zahlungen, die beide nur das Jahr 1263 ohne genauen Tag enthalten(37). Also muß die Haupturkunde ebenfalls 1263 ausgestellt worden sein. Durch diesen Vertrag ist das gesamte BFL nunmehr vertragsmäßig in Straßburger Besitz übergegangen.

b) Der südliche Teil des BFL

Gehen wir hier zunächst zur Darlegung der verblüffenden Weiterentwicklung im Südteil dieses Großlehens. Es war der Verwaltungsbereich, der zur Burg Mahlberg gehörte. Sie war der Träger der zugehörigen Hoheitsrechte. Mit dem Besitz dieser Burg waren alle Herrschaftsrechte über das zugehörige Land verbunden(38). Es heißt gewöhnlich nur: "die Burg Mahlberg und deren Zugehörungen Mahlberg und Kippenheim mit dem Riedgang", oder vor allem in den erzählenden Quellen einfach nur "Mahlberg", wozu trotzdem jedesmal das gesamte abhängige Land mitzudenken ist. Dadurch bekommen die in den Quellen angeführten Verhältnisse gleich ein anschaulicheres Gesicht.

Eine wichtige Einschränkung erfuhren die Gesamtrechte über diesen weiten Bereich durch die Abtrennung der Immunitätsbezirke der Reichsabteien Schuttern und Gengenbach in Kippenheim, Allmannsweier mit dem dortigen Höfen, Kürzell mit Valtolzweiler, Ottenweiler, Schutterzell, Ichenheim, Dundenheim, Altenheim, Ruogerswiler, Friesenheim, Schuttern, Heiligenzell, Oberweier und Oberschopfheim(39), Über diese Immunitätsbezirke gab man die Hochgerichts- und Schirmvogtei über die Grundherrschaftsbezirke der Abteien Gengenbach und Schuttern gerne als Ergänzung und Anhängsel an das landesherrliche BFL(40) aus. Der Inhalt dieser Lehen war verschiedenartig. Durch die spätere Aussonderung einzelner Curienbezirke wurden die Vogteilehen weiter eingeschränkt.

In der Zeit vor 1007 war die Burg Mahlberg der Sitz des königlichen Oberbeamten für den Südbezirk, wo ein Obergericht gehalten wurde. Der Herr der Burg übte die Gerichtsrechte aus und verwaltete die obere Landesherrlichkeit mit Gebot und Verbot, Geleit, Zoll und dem Besteuerungsrecht über den abhängigen, oben im einzelnen benannten Bezirk mit vielen neueren Ausbausiedlungen durch die Kolonisierungstätigkeit der genannten zwei Klöster.

Das bis dahin noch immer geschlossene BFL stellte nicht nur einen sehr umfangreichen, sondern auch äußerst begehrenswerten Landbesitz dar. Ein "Lehenskäufer", wie man gewöhnlich sagte, mußte für dieses Gesamtlehen auch eine gewaltige Taxe bezahlen. Im 13. Jahrhundert ist sie mit 4.000 Mark Silber festzustellen(41). Die Zahlungsbedingungen, die uns über den Kauf von 1263 bekannt sind, waren nicht leicht einzuhalten, denn die Summe war in vier jährlichen Raten von je 1.000 Mark zu begleichen und durch harte, zeitübliche Strafbestimmungen gesichert. Bamberg mußte sich schon gut vorsehen. Eine solche Summe konnte nur ein größerer Landbesitzer aufbringen.

Allein die Kriegsfolgekosten des Waltherischen Krieges belasteten das Bistum Straßburg ungewöhnlich stark. In diesem Zusammenhang kam es zu einer uns

schloss mahlberg 17 JH
Das sogenannte neue Schloß Mahlberg, aus dem 17. Jahrhundert.

Kaum zwei Jahre nach dem urkundlichen Erwerb durch das Bistum Straßburg, also noch nicht vollständig bezahlt, erscheint plötzlich der letzte Hohenstaufe Konradin 1265 als Besitzer dieses südlichen Lehensteiles und verkaufte ihn an Walther I. von Hohengeroldseck (1200 - 1277) mit Genehmigung sowohl des Bamberger als auch des Straßburger Bischofs. "Ich Walther, der Herr von Geroldseck, tue allen kund, daß ich von meinem Herrn, dem Herzog von Schwaben, König Konrads Sohn, gekauft habe das Haus (= die Burg) zu Mahlberg und alles, was dazu gehört, und Zell im Kinzigtal (= Schenkenzeil) um 1.000 Mark Silber, daß er es mir leihe zu rechten Lehen, und habe geschworen, dasselbe Silber ihm oder seinem Boten zu geben zwei Wochen, nachdem mir Mahlberg und Zell gefertigt werden mit seiner, seines Oheims (des Bischofs von Straßburg) sowie des Bischofs und des Kapitels von Bamberg Urkunden."(42)

Daran ist für uns auffallend, daß so rasch nach dem Straßburger Erwerb von 1263 dieses Südstück des BFL sich als abgegliederter, selbständiger Teil zu Eigentum in der Hand des letzten Staufers befand. Wie und wann es dazu kam, ist völlig rätselhaft. Es bleibt nur die eine Möglichkeit, daß der Straßburger Bischof eine Jahresrate von 1.000 Mark nicht aufbringen konnte. Bamberg seinerseits mag diesen Betrag nachgelassen haben gegen die Überlassung des Mahlbergbezirks an Konradin.

Wie dieser dann Bamberg befriedigt hat, wissen wir nicht. Aber offenbar war Bischof Heinrich IV. von Straßburg mit dem ganzen Handel einverstanden, denn er hat ausdrücklich zugestimmt. Dies läßt sich eben nur so erklären, daß ihm ein Teil der vereinbarten Lehenstaxe, mit dem er im Rückstand war, dafür erlassen wurde. Zu all dem wurde auch ausdrücklich die Zustimmung des bambergischen Domkapitels vermerkt.

Walther I., der "Lehenskäufer", war durch seine Silberbergwerke wohlhabend geworden(43). Zu seinen Zeiten erlangten die Hohengeroldsecker ihre größte Gebietsausdehnung. Nach seinen Tode begannen jedoch die unseligen Teilungen, welche die wirtschaftlichen Grundlagen der Teilherrschaften so verkleinerten, daß beim Einsetzen der spätmittelalterlichen Wirtschaftskrise(44) der Niedergang nicht aufzuhalten war.

Die Söhne Walthers I. entschlossen sich 1277, die bisherige schöne Herrschaft in zwei voneinander unabhängige Geroldsecker Linien aufzuteilen. Die eigentlichen Hohengeroldsecker blieben auf der alten Stammburg sitzen. Sie verwalteten die sogenannte obere oder hintere Herrschaft mit Seelbach als Hauptort. Die jüngeren Brüder übernahmen Mahlberg und Lahr mit dem dazugehörigen Land. Dies wurde die untere oder vordere Herrschaft. Sie erwies sich im Laufe der Zeit als die entwicklungsfähigere. In ihr steckten vom ehemaligen Mahlbergbezirk des BFL die Burg Mahlberg mit den abhängigen Orten: Mahlberg, Kippenheim, Kippenheimweiler, Allmannsweiler (mit Höfen), Kürzell, Valtolzweiler, Ottenweier, Schutterzell, Ichenheim, Dundenheim, Altenheim, Müllen, die Hälfte von Friesenheim. Sie machten von da an alle Schicksale dieser Herrschaft mit und kamen 1629 endgültig zur Markgrafschaft Baden-Baden, deren Oberverwaltungssitz wie früher auf der Burg Mahlberg blieb. Nur ein Teil des chemaligen BFL war bei Hohengeroldseck geblieben, z.B. halb Zunsweier, Schutterwald, die andere Hälfte von Friesenheim und Ottenheim(45), dazu die Kastenvogtei über Schuttern. Von diesen erwarb die Markgrafschaft Baden-Baden die genannten Halbdörfer 1481 durch Kauf, so daß sie seit 1629 mir beiden Hälften zur Markgrafschaft gehörten.

Die Hochgerichts- und die Schirmyogteilehen über die abteilich gengenbachischen und schutterischen Grundherrschaften wurden bei diesen Vorgängen den Teilherrschaften übertragen. Auf diese Weise war der einst so bedeutende bambergische Mahlbergbezirk in die Auflösung hineingeraten und hat keine größere Bedeutung mehr erlangt.

c) Der nördliche Teil des BFL

Wie im Süden so wurden auch an den Nordteil des BFL die klösterlich gengenbachische Hochgerichts- und Schirmvogtei als Lehen angehängt, daher zuweilen die Nennung von Gengenbach.

schloss mahlberg 18 JH
Schloß Mahlberg 1850, rechts davon die Stadt, links das Dorf. Stahlstich von Umbach nach der Zeichnung von Höfle.

Bischof Heinrich III. unterwarf sich 1247, wie es bei Ellenhard (siehe weiter oben) heißt, auch Offenburg. Wie unter den Stichworten Mahlberg und Ortenberg die beiden Verwaltungsburgen des BFL mit ihrem ganzen Bereich zu begreifen sind, so meint die Nennung von Offenburg das ganze Offenburger Lehen. Dieses war seit 1236 in der Hand des Kaisers Friedrich II. gewesen. Er hatte es klar für das Reich gekauft, denn dieses Lehen wurde schon 1241 in das Reichssteuerverzeichnis eingetragen(46). Das Offenburger Lehen war ein oberherrlich-straßburgisches Lehen gewesen, darum ist in der Innocenzurkunde von 1248 davon nicht die Rede. Straßburg mußte in eigener Zuständigkeit darüber entscheiden.

Soweit kann historisch und rechtlich noch eine nahezu eindeutige Klärung erreicht werden. Wie sich jedoch seit 1273 die Verhältnisse hier weiterentwickelten, erheischt eine besonders vorsichtige Darlegung.

Zwei voneinander abgesetzte Lehen sind jetzt auseinanderzuhalten:

1. das Offenburger Lehen,

2. das BFL.

1. Das Offenburger Lehen war seit 1248 vom Bistum gleichzeitig mit dem BFL wieder in die eigene Verwaltung zurückgenommen worden im Besatzungsrecht. In Offenburg befand sich ja noch immer die straßburgische Hauptkurie als Verwaltungszentrum des Domkapitels.

An diesem Verhältnis hat sich bis zur Wahl Rudolfs von Habsburg zum Deutschen König nichts geändert. Bischof Konrad III. (1273 - 1299) stand (anders als seine Vorgänger) zu Rudolf von Habsburg in freundschaftlichster Verbindung. Schon bald nach der Königskrönung kam es am 23. Februar 1274 zu einer Vereinbarung zwischen den beiden(47). Darin ist jedoch Offenburg nicht erwähnt. M. Krebs hat sicher recht, wenn er glaubt, daß der Vertrag von 1274 nur die Punkte aufzählt, an denen gegenüber den Abmachungen von 1236 eine Veränderung eingetreten ist, die andern jedoch nicht. Da also Offenburg nicht genannt ist, galten die Verhältnisse seit 1236 für Offenburg weiter, d.h. das Offenburger Lehen blieb auch künftig Reichsgut und wurde jetzt wieder in die Verwaltung des Königs zurückgegeben. Unter König Rudolf war Offenburg auch tatsächlich unbestritten Reichsstadt, welche Reichssteuer bezahlte(48) und der Fürsorge des königlichen Vogts Hartmann von Baldek unterstand(49). Auch König Adolf erscheint als ungestörter Herr von Offenburg(50).

Wenn M. Krebs aber weiter meint, "ein gleiches wird man wohl unbedenklich für die Nachbarorte annehmen dürfen", wie schon O. Redlich glaubte(51), so gilt dies nur mit der Einschränkung auf den an sich kleinen Umfang des Offenburger Lehens (Elgersweier, Ortenberg-Dorf, Käfersberg, Fessenbach, Zell, Weierbach, Rammersweier, Bohlsbach, Bühl bei Offenburg, Waltersweier und wohl auch Weier und Griesheim(52), nicht dagegen von der Burg Ortenberg und dem an deren Fuß gelegenen Dorf Dattenweiler, die zum BFL zählten.

Indessen war das Offenburger Lehen zweiteilig:

1. die Reichsstadt für sich,
2. das zugehörige ländliche Lehen drum herum.

Beide hatten eine verschiedene Verfassung und bildeten deshalb zwei getrennte Reichs-Verwaltungsbezirke. Beide hatten auch verschiedene politische Schicksale. Die Reichsstadt war gemäß ihren Stadtrechten eigenständig und selbständig. Von der Reichsgewalt war sie nur insoweit abhängig, als sie ihre Reichssteuer an den König zu leisten hatte, ferner durch die noch aus alten Zeiten stehen gebliebene Schirmherrschaft des Königs bzw. seines Landvogts, und außerdem wurde der Schultheiß vom Reich ernannt(53). Aus der Zeit Rudolfs von Habsburg kennen wir den schon genannten Hartmann von Baldeck als den Schirmvogt.

Anders stand es mit seinem ländlichen Bereich. Dieser bildete einen für sich bestehenden Verwaltungs- und Gerichtsbezirk, eine vollgültige Herrschaft des Reichslandvogts samt allen Herrschaftsrechten mit Gebot, Verbot, Geleit, Zoll, Besteuerung usw. Der Landvogt war zugleich der Schirmvogt über die gengenbachische Grundherrschaft sowie über das Offenburger Lehen.

Durch diese Amtshäufung konnte ein hinreichendes Einkommen für ihn gesichert werden. Er war aber zugleich noch der Landvogt über die habsburgischen Güter im Elsaß.

2. Grundsätzlich anders entwickelten sich die Verhältnisse beim BFL mit der Burg Ortenberg. Bei diesem war seit 1263 durch Vertrag eine neue Rechtslage entstanden, die von König Rudolf respektiert worden ist, andernfalls hätte gerade dieses große Lehen in die Vereinbarung von 1274 aufgenommen werden müssen.

Augenscheinlich hat sich auch König Adolf anfangs dieser Auffassung angeschlossen, denn am 19. Februar 1293 hat er die Urkunde Rudolfs von 1274, die nur für dessen Lebenszeit gelten sollte, unverändert wiederholt, auch diesmal nur für seine Lebenszeit(54). Deswegen hat sich Bischof Konrad trotz seiner bekannten habsburgischen Gesinnung zu einer Haltung des nachgiebigen Einlenkens entschlossen und ist eine Zeitlang in der Umgebung Adolfs nachzuweisen.

Wann und aus welchem Grund er seine Haltung gegen König Adolf änderte, soll jetzt untersucht werden. Der Straßburger Chronist Ellenhard erzählt, daß Bischof Konrad III. und andere Große sich beim Erzbischof Gerhard von Mainz über die Urteilslosigkeit des Königs und die unverschämte Anmaßung seiner Ratgeber(55) beschwert haben. Allein unter diesen allgemeinen Ausdrücken kann man sich nichts Eindeutiges vorstellen.

Aus dem später deutlicher gewordenen Stand der Dinge erkennen wir, daß der König sich um diese Zeit der für ihn vorteilhafteren Meinung anschloß, das BFL sei als Reichslehen anzusehen als Ausfluß der an seinem Hof vertretenen Anschauung: "Die staufischen Kirchenlehen seien Reichsgut."(55) Zu welchem Zeitpunkt er diese Meinung mit allen Konsequenzen offen bekannt werden ließ und sie in seiner Regierungstätigkeit durchführte, ist nicht auf den Tag genau zu bestimmen.

Andeutungen zu dieser Entwicklung gewinnen wir auch hierbei aus den Quellen zur Geschichte der Abtei Gengenbach. Deren Äbte Berthold II. (1276 - 1297) und Gottfried V. (regierte nur 1297) haben sich an König Adolf angeschlossen und ihm Zuzug geleistet. Nach dem Hinweis in einer Schwarzacher Urkunde war der König im August 1297 in Gengenbach. Er stellte den genannten Äbten zwei wichtige Urkunden aus. Am 8. Dezember 1293 bestätigte er auf Schloß Ortenberg den Mönchen das Privileg des Königs Heinrich (VII.) über den Mooswald(57) und am 3. September 1297 in Offenburg auf Bitten des Abtes Gottfried die Urkunde über die Befreiung einiger der wichtigsten Kloster-Kurien von Steuern, Schatzung und allen sonstigen Abgaben und Diensten(58). Es waren folgende 15: Reichenbach im Kinzigtal, Einote (= Abtsberg), Beyern, Dandersbach, Fußbach, Biberach, Bruch, Zell a. H., (Unter-)Entersbach, Stöcken, Zunsweier, Weierbach, Bohlsbach, Kinzigdorf und was von der Kurie Offenburg außerhalb der Stadtmauern lag.

Von diesen lagen Bohlsbach, Offenburg, Kinzigdorf und Weierbach im ländlichen Teil des Offenburger Lehens, das wieder als Reichslehen in Geltung war. Darüber konnte er also ohne Bedenken verfügen.

Die Kurie Zunsweier lag aber eindeutig im BFL. Die übrigen Kurien gehörten in den Bereich der abteilichen Grafschaft Gengenbach. Die Hochgerichts- und Schirmvogtei darüber war als Nebenlehen in Personalunion mit dem BFL ausgelichen, und zwar seit 1263 an das Bistum Straßburg. Dieses wäre zu Verfügungen darüber zuständig gewesen, ebenso über das bambergische Zunsweier.

Hier verfügte also Adolf kaltblütig über ein fremdes Recht durch eine mit dem Majestätssiegel gesicherte Urkunde. Er konnte sich dies nur erlauben, wenn er sich zu dieser Zeit als rechtmäßigen Herrn des BFL betrachtete. Mit diesem Rechtsgeschäft griff er also in die Rechtshoheit des Straßburger Bischofs ein. Wir gehen daher kaum fehl, wenn wir die oben genannte Beschwerde an den Erzbischof von Mainz mit diesem rechtswidrigen Vorgang in Zusammenhang bringen. Der König gab dadurch unmißverständlich zu erkennen, daß das BFL und die Schirmvogtei-Lehen unwiderruflich als dem Reich übertragene Kirchenlehen zu gelten hätten.

Da er 1293 noch in gutem Einvernehmen mit dem Bischof war, konnte er damals noch unbedenklich vom Bischof in dessen Burg Ortenberg eingelassen werden. Das ist also noch kein Merkmal für die Änderung seiner Stellungnahme. Dagegen beurkundete der König seine genannte wichtige Regierungsverfügung 1297 in seiner Stadt Offenburg. Als Ort der Ausstellung müssen wir an die gengenbachische Kurie denken.

Es wird nicht die einzige diplomatische Geste des Königs gegen den Bischof gewesen sein. Das Jahr 1297 mag daher das Jahr seines Meinungswechsels gewesen sein. Ist es bei solcher Lage und solchem unfreundlichem Widerspiel zu verwundern, wenn der Bischof durch diese geradezu feindseligen Akte zu äußersten Konsequenzen gedrängt wurde? Die offenkundige Mißachtung der urkundlich verbrieften Rechte des Bistums hat Konrad III. zu seinem entschlossenen Gegner gemacht und seinen Untergang beschleunigt.

Der offene Übertritt zur habsburgischen Partei konnte indessen nach dem unvorhergesehen raschen Tode des Königs Adolf die nachteiligen Folgen der Maßnahmen Adolfs für das Bistum nicht ausgleichen. Der König hatte das BFL zu Handen genommen, wie man damals zu sagen pflegte, und urkundliche Bestimmungen darüber erlassen. Das war nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Auch die nachfolgenden Könige sahen sich einer neuen, schwer zu bewältigenden, ja, nicht mehr änderbaren Rechtslage gegenüber. Wie Adolfs Nachfolger, der Habsburger Albrecht I., mit dem der Bischof schon seit langem befreundet war, seinen Kampfgefährten schadlos zu halten gedachte, ist nirgends zu erkennen, und zudem starb er ebenfalls unversehens nach kaum zehn Regierungsjahren. Bischof Konrad III. blieb trotzdem ebenso sein im Bischofsamt nachfolgender Bruder Friedrich I. (1299 - 1305) und dessen Nachfolger Johann I. von Dirbheim (1306 - 1328) unentwegter Anhänger und Verfechter der habsburgischen Sache.

wappen landvogtei
Das zweiteilige Wappen der Landvogtei Ortenau seit erwa 1300. Die eine Hälfte zeigt das Schloß Ortenberg. Man ist versucht, unten in der Mitte das herausgemeißelte türmchenartige Stück für den "Stein von Ortenberg" zu halten. Diese Hälfte war das frühere Wappen des Bamberger Fürstenlehens.

Erst bei diesem letzterem können wir ein Entgegenkommen in unserer Frage erkennen. Am 2. Dezember 1316 sowie am 13. März 1321 stellte Friedrich III., zubenannt der Schöne, der Gegenkönig Ludwigs des Bayern, Urkunden aus, durch die ein Teil des BFL aus der Landvogtei ausgegliedert und dem Straßburger Bistum unterstellt wurde(59). Davon wurde das Rench-, Sasbach- und Achertal betroffen, in dem Straßburg schon bisher eine ausreichende Besitzbasis durch die Grundherrschaft über die wichtigsten Teile dieser drei Täler besaß. Dadurch kam räumlich gesehen etwa die Hälfte des bisherigen Nordstücks des BFL's wiederum und jetzt endgültig unter die Landesherrschaft des Hochstifts, aus dem sich bis 1358(60) das volle Territorium Renchen-Oberkirch gestaltete, das bis 1803 eine selbständige Herrschaft blieb. Dadurch, daß das BFL von König Adolf ans Reich genommen wurde, wiewohl mit strittiger Rechtslage, ist aus dem einstigen Lehensbesitz ein Reichsbesitz geworden. Da aber das Reich nicht stirbt, ist er auch dem oberlehensherrlichen Bistum Bamberg völlig und für immer aus der Hand geglitten. Ähnlich war es schon etwas früher dem Bistum Straßburg mir dem Offenburger Lehen ergangen. Nach dem Ausscheiden des Rench-, Sasbach- und Achertalbezirks aus dem BFL kam es 1366 noch zur Abgliederung des Durbachtals an die Markgrafen von Baden-Baden.

Seit König Adolf wurde anstelle des Namens Landvogtei Ortenberg die Bezeichnung Reichslandvogtei Ortenau amtlich und heimisch. Der Name Bamberger Lehen verschwand.

Regierungssitz und Residenz des Reichslandvogts blieb die Burg Ortenberg, die wir 1302 zum erstenmal als solche aufweisen können, bis ins 17. Jahrhundert (1678)(61), Seit damals war das Wappen der Landvogtei zweiteilig, links der alte Stein zu Ortenberg (wohl das ehemalige Wappen des BFL's), rechts der einköpfige Reichsadler.

Die Verwaltungsorganisation, d.h. in diesem Fall der Sitz der Landgerichte, die schon altes Recht gewesen waren, hat sich nur geringfügig geändert. Das ehemalige ländliche Offenburger Lehen kam jetzt ganz vom Stadtlehen Offenburg ab; dessen Reichsschultheiß hatte dort von nun an keine Aufgaben mehr.

Das Ortenberger Landgericht, das auch künftig nicht auf Schloß Ortenberg, sondern wie zuvor in einem Haus an der Fernlandstraße am Fuße des Burgberges abgehalten wurde, hatte seine Kanzlei in einem Amtsgebäude, heute "Zum Engel und Post"(62). Zu seinem bisherigen Verwaltungsbezirk kamen um 1300 neu dazu der Schloßbezirk Ortenberg mit dem zugehörigen Ort Dattenweiler(63), ferner die Orte Marlen, Goldscheuer und Kittersburg. Von früher her waren dabei: Ortenberg-Dorf, Käfersberg, Fessenbach, Zell, Weierbach, Riedle, Hasengrund, Albersbach, Rieß und die Hälfte von Rammersweier. Zum Nebengericht Zunsweier zählten dieses Gerichtsdorf selbst, Elgersweier, Schutterwald mit Höfen und Langhurst sowie Müllen.

Durch das Gericht Griesheim wurden verwaltet wie zuvor: Griesheim-Dorf, Bohlsbach, Bühl bei Offenburg, Weier, Waltersweier und die andere Hälfte von Rammersweier. Dazu wurden damals noch hinzugeschlagen: Windschläg (bis zur Abgliederung 1656) und Ebersweier. Nördlich daran schloß sich das Landgericht Appenweier mit den schon immer bambergischen Orten Appenweier-Dorf, Nesselried, Zimmern, Urloffen, Nußbach, Zusenhofen, Müllen bei Oberkirch, Herztal, Maisenbühl, Kernenhof, Bottenau, Rohrbach, Rohrberg, Froschhof und Bächlehof.

Im Norden von diesem Hauptteil der Landvogtei lag, getrennt durch das straßburgische Renchtral, das Landgericht Achern mit Ober- und Unterachern, Fernach, Fautenbach, Gamshurst, Önsbach, Litzloch, Michelbuch und Illenbach.

Noch weiter nördlich, aber wiederum durch fremdes Territorium geschieden, lag das zugehörige Nebengericht Ottersweier mit Ottersweier-Dorf samt Maria Linden, Haft, Walzfeld, Lauf, Hatzenweier, Hub, Niederhofen, Weierhof, Aspich, Wendelbach, Aubach, Hornenberg, Breiteneck (heute zu Baiersbronn), Grimmis, Lochhof, Rieberhof, Krafteneck, Kammerhof, Schloß Neuwindeck.

Diese Landgerichte zusammen bildeten das endgültige Gebiet der Landvogtei, das jetzt allerdings kein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet mehr war. Wegen seiner Kreuzlage vor dem Kinzigtaleingang blieb deren politische Wichtigkeit bestehen, die nur durch den verkleinerten Umfang gemindert wurde. Der Anreiz für die großen Dynasten zum Erwerb blieb darum auch weiterhin erhalten.

Die deutschen Könige waren die Herren dieser Reichslandvogtei. Aber nachdem König Ludwig der Bayer mit der Verpfändung dieser ziemlich ertragreichen Herrschaft begonnen hatte, konnte das Bistum Straßburg durch Bischof Berthold von Bucheck (1328 - 1353) im Jahre 1351 aus den Händen der geldbedürftigen Söhne des Markgrafen Rudolf von Baden-Baden die Pfandschaft erwerben, so daß von da an das ehemals straßburgische Offenburger Lehen und das einstige BFL wenigstens mit seinem nördlichen Teil wieder fast vollständig in der Verwaltung des Straßburger Bistums waren, freilich mit wiederholten Erwerbszahlungen.

Nur bis 1405 blieb diese Pfandherrschaft ungestört straßburgisch. In jenem Jahre vermochte König Rupprecht von der Pfalz eine unabgeteilte Hälfte der Pfandschaft für 23.000 rheinische Gulden von Straßburg abzulösen und für das Haus Wittelsbach-Rheinpfalz zu gewinnen. Bis zu einer solch schwindelnden Höhe war die halbe Pfandsumme für den an sich kleinen Besitz gestiegen(64).

1557 hat dann das habsburgische Haus Österreich auch die andere Hälfte der Pfandschaft von Straßburg losgelöst. Damit hat die straßburgische Herrschaft in der Reichslandvogtei Ortenau ihr Ende gefunden. Straßburgisch blieb nur die bischöfliche Herrschaft Oberkirch bis 1803.

1.) Siehe J. Fritz, Die Territorien des Bistums Straßburg um die Mitte des 14. Jahrhunderts und seine Geschichte. G. Wunder, Das Straßburger Landgebiet S. 76 ff. und 127 ff. H. - M. Pillin, Die rechtsrheinischen Herrschafsgebiete des Hochstifts Straßburg im Spätmittelalter, Freiburger phil. Dissertation 1966. Gedruckt teilweise in diesem Band.  
2.) Ph. Ruppert, Geschichte der Geroldsecker; Kähni, Zur Gesch. Diersburgs, Die Ortenau 1959, 61 ff.  
3.) Darüber am ausführlichsten: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg Nr. 59 und 191 zum 1. Nov. 1007, MGDD der deutschen Könige und Kaiser, Bd. III, Nr. 167 ff.  
4.) Über den Namen siehe Die Ortenau 1954, 102.  
5.) Z. B. Walther von Mahlberg.  
6.) Siehe Die Ortenau 1941, 6; 1955, 82 f.; 1961, 132 f.  
7.) Siehe Die Ortenau 1962, 109 ff.  
8.) Die Ortenau 1962, 144 ff.  
9.) Die Ortenau 1961, 135.  
10.) Die Ortenau 1954, 102.  
11.) Lexer, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch beim Wort Ort und Stein.  
12.) Die Ortenau 1962, 135 ff.  
13.) Die Ortenau 1962, 130 ff. und 144 ff.  
14.) Diese Verpflichtung ging nach der Einrichtung der Reichsstadt Gengenbach mit seinem Gebiet, zu dem Ohlsbach gehörte, 1366 auf diese über. Siehe Ortenauisches Stockurbar von 1727, GK, fol. 59 ff.; Kuner, Die Verwaltung der Reichsstadt Gengenbach, in: Die Ortenau 1939, 136.  
15.) Zugehörigkeit zum BFL ungeklärt.  
15a.) Ursprüngliche Zugehörigkeit zu Ortenberg oder Mahlberg ungeklärt.  
16.) Siehe Die Ortenau 1959, 203 ff. (Das alte Gut), 1961, 136 f. (Durbach).  
17.) Die Ortenau 1958, 54.  
18.) G. Wunder, Das Straßburger Landgebiet, 77. Die Schauenburger haben dort heute noch 9 ha Grundbesitz. Die Stadt- und Landgemeinden des Kreises Offenburg, 73.  
19.) Z. B. RegBiStr. II, Nr. 1720 Vg 24; 1725. Im Jahr 1263 wurde der Bamberger Domprobst Heinrich (v. Großgeroldsek am Wasichen) zum Straßburger Bischof gewählt.  
20.) Siehe Die Ortenau 1968, Das Rätsel um die Anfänge der Stadt Offenburg. S. 119 ff. In der Karte ist es besonders eingezeichnet.  
21.) Heyek, Geschichte der Herzöge von Zähringen, 499.  
22.) Siche J. Fritz, Das Territorium des Bistums Straßburg, 58 ff.; Urk. vom 25.8.1221, RegBiStr. II, Nr. 868.  
23.) Die Andeutungen Mones in seiner Quellensammlung zur bad. Gesch. III, 58 über klösterlich gengenbachische und schutterische Schirmvögte unter bambergischer Herrschaft wären noch dahin zu klären, welches die eigentlichen Vögte und welches Untervögte waren.  
24.) Krebs, in: Die Ortenau 1960, 146.  
25.) Monumenta Germaniae Historica, Constitutiones III, 3.  
26.) Die Ortenau 1960, 147.  
27.) Ebenda 147; Rieder, Die Stadt Mahlberg im Wandel der Zeiten 37; RegBiStr, II, 1737.  
28.) Dazu und zum Folgenden siehe Die Ortenau 1955, 115 bis 117.  
29.) Acta Gengenbacensia, ZGO NF IV, S. 95 ff.  
30.) J. Fritz, Territorium, macht S. 146 mit Recht darauf aufmerksam, daß Oberhausen bei Herbolzheim gemeint ist, aber nicht Hausach im Kinzigtal, das ja einem treuen und hilfreichen Lehensmann des Straßburger Bischofs gehörte.  
31.) MGSS XVII, 121; RegBiStr. II, Nr. 1174.  
32.) Helfer des Bischofs im Süden war vor allem Walther v. Geroldsckk, der 1265 den Südteil des BFL erworben hat.  
33.) RegBiStr. II, Nr. 1270.  
34.) MG Epistolae saec. XIII, Bd. 2, Nr. 572; RegBiStr. II, Nr. 1277.  
35.) RegBiStr. II, Nr. 1333 und 1338; Fürstenbergisches Urk.Buch I Nr. 427; ZGORh 21, 1868.  
36.) RegBiStr, II, Nrn. 1669, 1672, 1680, 1681, 1692, 1693, 1696, 1719d, 1724, 1815. Wiegand, Bellum Waltherianum.  
37.) RegBiStr. II, Nrn. 1740 und 1741. Dazu und zu allem Folgenden finden sich weitere Einzelheiten in Hans-Martin Pillin, Die rechtsrheinischen Herrschaftsgebiete des Hochstifts Straßburg im Spätmittelalter. Freiburger ungedr. philos. Dissertation 1966. Neubearbeitere Auszüge daraus veröffentlichen wir in der vorliegenden "Ortenau" und später.  
38.) Die Ortenau 1964, 79 ff.  
39.) Siehe Die Ortenau 1962, 144 ff.: 1965, 134 und 151 f.  
40.) Siehe weiter oben. Die Ortenau 1961, 93 f.  
41.) RegBiStr. II, Nr. 1741.  
42.) Urk. vom 28.9.1265, GK, Abt. 27, Convol, 70 = Kopie vom 30.11.1777; gedruckt in Die Ortenau 1965, 96 ff.  
43.) K. List, Die Tiefburg Lahr, in: Nachrichtenbläatt der Denkmalpflege in Baden- Württernbers 1966, Heft 3 / 4, 90.  
44.) Siehe H. - P. Sattler, Die Ritterschäft der Ortenau in der spätmittelalterlichen Wirtschaftskrise, in: Die Ortenau 1962, 220 ff., 1964, 22 ff., 1965, 32 ff.  
45.) GK Kop 705, Lahr-Mahlberg; Ludwig Heizmann, Der Amtsbezirk Lahr in Vergangenheit und Gegenwart, S. 13 u. a.  
46.) Monumenta Germaniae Historica, Constitutiones III, S. 3; Die Ortenau 1968, 141.  
47.) M. Krebs, Ein unbekannter Vertrag Rudolfs von Habsburg mit dem Straßburger Bischof Konrad III. vom Jahr 1274, Neues Archiv 46, 1926, 515 ff.  
48.) Böhmer-Redlich 2251.  
49.) Böhmer-Redlich 2516.  
50.) Siehe die in Offenburg ausgestellten Urkunden Adolfs vom 6.8.1297 und 3.9.1297; Böhmer Reg.Nrn. 167, 168, 361, 367.  
51.) Neues Archiv 46, 1926, 525.  
52.) Siehe Die Ortenau 1968, S. 127, 134.  
53.) Die Ortenau 1960, 151.  
54.) RegBiStr. II, 2335: Neues Archiv 46, 1926, 525. Fritz, Territorium, 87 f. Die dritte Bestätigung als Dauerregelung geschah 1309 durch König Heinrich VII.; siehe Fritz, Territorium, 87.  
55.) Über die Fatuitas regis und die insolentia suorum advocatorum, etwa 1297 / 98. RegBistr. II 2938.  
56.) Fritz, Territorium, 87 f.  
57.) GK, Selekt der Kaiser- und Königsurkunden Nr. 115 b; Die Ortenau 1961, 111 - 118.  
58.) GK, Kaiserselekt Nr. 122, gedruckt ZGORh NF 49, 1936, 190; GK Handschr. Gengenbach 228 fol. 6b; Die Ortenau 1959, 195.  
59.) Ausführlich darüber siehe H.- M. Pillin, Die rechtsrheinischen Herrschaftsgebiete des Hochstifts Straßburg im Spätmittelalter, in dieser Ortenau.  
60.) Siehe die Urk. vom 4. Januar 1348 und 3. März 1358, Pillin, a. a. O., 78 f.  
61.) Neues Achiv 46, 1926, 525; A. Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg I, 164, Nr. 64.  
62.) Die Seadt- und Landgemeinden des Kreises Offenburg, 92.  
63.) Über ihn siehe Die Ortenau 1961, 124 f. Durch eine Hochwasserkatastrophe nach 1472 ist dieser Ort untergegangen.  
64.) Weitere Einzelheiten darüber siehe Pillin, a. a. O., in dieser Ortenau.  

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